Nicht gekauft hat er schon
meisten tun würden: Sich freuen, dass die Frau glücklich ist, und bezahlen.
Im Sommer sind Meike und Herbert in der Türkei. Im Clubhotel Aldiana gibt es eine Schmuckboutique. Der Laden ist immer voll mit Urlaubern. Die drei jungen Türken, die ihn betreiben, sind freundlich, charmant und zuvorkommend. Und noch viel wichtiger – sie sind gute Verkäufer. Jedem wird selbstverständlich sofort Tee angeboten und den Kindern Limo und Cola. Die drei Jungs spielen sich die Bälle gegenseitig perfekt zu. Und wenn die Kundin die Auswahl getroffen zu haben scheint, kommt der Spruch, der den Elfmeter verwandelt: »Schöne Frau, wissen Sie, bei Schmuck gibt es nur drei Fragen: Erstens – gefällt er mir? Zweitens – will ich ihn haben? Und drittens – will ich ihn mir leisten?«
Glauben Sie mir: Jede Touristin in diesem Hotel kauft irgendwann irgendetwas in diesem Laden. Jede. Es ist nie eine Preisfrage.
Also: Was lehrt uns Herbert? – Die Situation bestimmt den Preis!
Und das gilt – auch wenn wir es oft durch unseren Tunnelblick betrachtet nicht glauben wollen – auch für alle Investitionsgüter, Anlagen oder Dienstleistungen. Denn ein guter Verkäufer wusste schon immer, dass etwas Teures und Wertvolles leichter zu verkaufen ist als etwas Billiges!
Es muss frisch gebrühter Espresso her, nicht die Plörre aus dem Pumpspender.
Wenn also die Situation den Preis bestimmt, was ist dann der nächste, der zwingende Denkschritt für den Verkäufer? – Ich drehe nicht am Preis, ich drehe an der Situation!
Das bedeutet, dass ich für den Kunden eine möglichst angenehme, unbeschwerte, freundliche Situation herstellen muss. Da muss frisch gemachter Espresso her und nicht die lauwarme Plörre aus dem Elf-Liter-Pumpspender. Es muss frisch gepresster Orangensaft sein und nicht der gummibärchenfarbene Nektar aus dem Tetrapack. Die Kekse kommen vom Konditor und nicht aus der Discounterpackung. Und auch die frischen Blumen auf dem Verhandlungstisch sind ihre dreißig Euro wert. Erst recht, wenn der Kunde kauft.
Die Situation bestimmt den Preis.
Der Preis und die Leistung müssen für den Kunden durch die Situation spürbar sein. Ersichtlich sein. Schmeckbar sein. Ein Verkäufer, der einem Kunden eine Baufinanzierung über 200.000 Euro verkaufen will, darf nicht mit dreckigen Schuhen am Verhandlungstisch sitzen und dem Kunden einen billigen Plastikkugelschreiber zur Unterschrift in die Hand geben. Auch nicht, wenn der Kugelschreiber das Firmenlogo trägt. Sie wollen doch auch nicht, dass bei Ihrer Blinddarmoperation der Chirurg die Playmobil-Schere mitbringt!
Dass das äußere Erscheinungsbild des Verkäufers tipptopp sein muss, ist selbstredend. Ein Anzug muss nicht nur getragen, sondern – viel wichtiger – er muss auch ausgefüllt werden. Lassen Sie auffälligen oder protzigen Schmuck zuhause. Männer nehmen Ohrringe und Piercings heraus, weil sich kein Kunde von einem Steifftier beraten lassen will. Es sei denn, Ihr Kunde hat ein Tattoo-Studio oder einen Schmuckladen.
Das Hühnerbein sagt: Ich hab’s nicht gekonnt.
Besonders die Details stimmen. Tragen Sie zum Anzug IMMER kniehohe Strümpfe. Warum? Ganz einfach: Wenn Sie sitzen oder die Beine übereinanderschlagen, dann rutschen zwangsläufig die Hosenbeine hoch. Und was sehen Sie da, wenn einer kurze Socken trägt? Einen tadellos blankgeputzten dunklen Lederhalbschuh. Darüber ein Stück schwarze Socke. Dann ein Stück bleichweißes stachelhaariges tiefkühlhühnchengleiches Männerbein. Dann wieder das dunkle Hosenbein Ihres Anzuges.
Der Anzug und die Schuhe sagen dem Betrachter: Ich hab’s gewollt. Und das Hühnerbein sagt dem Betrachter: Ich hab’s aber nicht gekonnt.
Also: Anzüge tragen, heißt Kniestrümpfe tragen. Du bist Profi-Verkäufer, kein Konfirmand. Und Sie haben die Situation bis ins Detail auf hohem Niveau im Griff – denn dann führen Sie ganz andere Gespräche als Preisgespräche!
Vollgas im Hirn
»Das ist zu teuer!«
Okay, jetzt ist es soweit. Trotz Selbstachtung und der richtigen Einstellung zu Produkt, Unternehmen, Preis und Ihnen selbst, trotz Sorgfalt im Detail und Kontrolle über die Situation, der Kunde legt einfach die Axt an den Preis. Zu teuer! Können wir über den Preis reden? Geht das auch billiger? – Was jetzt?
Bis heute wird in vielen Seminaren immer noch gepredigt, was der Verkäufer daraufhin einwenden soll, nämlich: »Zu teuer? Im Verhältnis wozu?« – Daraufhin sagt der Kunde: »Im Vergleich zu den anderen
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