Nicht mehr tun, was andere wollen
der, dass Freedman und Faser ein wenig diskrete Vorarbeit geleistet hatten. Zwei Wochen zuvor war nämlich eine andere Person von Tür zu Tür geschickt worden, die die Bewohner gebeten hatte, ein kleines Schild ins Fenster zu stellen oder am Briefkasten zu befestigen. Das Schild war sieben mal sieben Zentimeter groß und trug die Aufschrift: » Seien Sie ein vorsichtiger Autofahrer!« Das war eine so kleine Bitte, dass fast alle darauf eingingen. Doch der Effekt war umso größer. Indem sie sich bereiterklärten, dieses kleine Schild aufzustellen, teilten diese Leute ihrer Umgebung– und sich selbst– mit, dass sie zu den Menschen gehörten, die Sicherheit im Straßenverkehr für wichtig hielten. Diese triviale Handlung reichte, um sie wenige Wochen später dazu zu bringen, einer neuen Anfrage nachzugeben, obwohl diese– im Hinblick auf die gigantischen Ausmaße des Schildes– völlig irrwitzig war.
Freedman und Fraser wiederholten ihr Experiment, allerdings mit einem wichtigen Unterschied. Diesmal bestand die Vorarbeit darin, dass sie die Einwohner der Stadt baten, sich auf einer Unterschriftenliste einzutragen. Thema: » Sorgt dafür, dass Kalifornien schön bleibt!« Natürlich unterschrieben alle. Nur wenige Menschen sind prinzipiell gegen Schönheit. Zwei Wochen später bekamen dieselben Leute die Anfrage, das riesengroße Schild aufzustellen. Im Gegensatz zum ersten Experiment gab es in diesem Fall zwischen der Vorarbeit und dem Schild überhaupt keine thematische Verbindung. Es ging um zwei völlig verschiedene Dinge. Die Menschen hatten sich nicht einer bestimmten Meinung zur Verkehrssicherheit angeschlossen, sie hatten sich nur für einen schönen Staat ausgesprochen. Trotzdem ließ sich immer noch die Hälfte darauf ein, das Schild in ihrem Garten aufzustellen! Dasselbe Schild, von dem normalerweise kein Mensch etwas wissen will. Die einzige Erklärung, die Freedman und Fraser einfiel, war die, dass bereits die Unterschriftensammlung das Selbstbild dieser Leute irgendwie verändert hatte. Sie sahen sich plötzlich als Bewohner, die sich für die Gemeinschaft engagieren und nach ihren Überzeugungen handeln. Sonst hätten sie ja nicht mit unterschrieben. Als man sie zwei Wochen später bat, ob sie sich noch einmal an einer gemeinnützigen Aktion beteiligen würden, indem sie das » Fahren Sie vorsichtig!«-Schild aufstellten, ließen sie sich darauf ein, weil es ihrem neuen Selbstbild als engagiertem Mitbürger entsprach.
Wenn ich Sie also dazu bringen will, sich mit etwas zu verbinden, damit ich das später ausnutzen kann, muss ich eigentlich gar nicht besonders zielgerichtet vorgehen. Ich muss nicht darauf abheben, dass Sie das Gefühl bekommen, Verkehrssicherheit sei besonders wichtig. Es reicht, wenn Sie sich der Ansicht anschließen, dass Sie eine Person sind, die tut, worum andere Leute sie bitten, oder dass Sie eine Person sind, die tut, woran sie glaubt, oder irgendetwas anderes Generelles. Indem ich Sie dazu bringe, sich auf etwas ganz Triviales einzulassen, kann ich Sie später überzeugen, nicht nur dieselbe Sache in Groß mitzumachen (wie ein großes Schild nach einem kleinen ), sondern auch noch jede Menge anderer Sachen, die kaum mit dem ersten, kleineren Gefallen zu tun haben– es muss sich nur mit Ihrem neuen Selbstbild decken. Wenn Sie sich bei einer Unterschriftensammlung zur Abgasreduzierung in der Innenstadt beteiligt haben, werden Sie wesentlich eher geneigt sein, auch Amnesty International etwas in die Sammelbüchse zu werfen.
Und Sie machen die ganze Arbeit selbst. Wenn ich, wie Freedman und Fraser, Sie dazu gebracht habe, sich einzureden, dass Sie ein Mitbürger mit Gemeinsinn sind, werden Sie sich auf alles Mögliche einlassen, worum ich Sie bitte, solange Sie glauben, dass das auch etwas ist, was Mitbürger mit Gemeinsinn eben tun. Da Sie unter dem inneren Druck stehen, konsequent handeln zu müssen, werden Sie auch anfangen, die Dinge ganz anders zu betrachten. Sie werden empfänglicher für gesellschaftliche Argumente. Sie werden alles tun, um sich zu überzeugen, dass Ihre neue Ansicht die richtige ist. Ich muss mich überhaupt nicht damit abmühen, Ihr neues Selbstbild weiter zu befeuern, nachdem ich es Ihnen verpasst habe. Nachdem Sie sich selbst damit verbunden haben, werden Sie es auch selbst stärken, denn sonst würde eine Dissonanz entstehen.
Auch wenn der ursprüngliche Auslöser für dieses neue Selbstbild wegfällt– wenn Sie z. B. hinterher erfahren würden,
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