Nicht mehr tun, was andere wollen
sympathisieren, wenn auch nicht mehr so stark.
Sobald das Ganze erst mal in Gang gesetzt ist (nach drei bis vier Behauptungen ), fahre ich mit der Behauptung fort, dass ich eine Meinung überhaupt nicht teile– doch diesmal ist es eine, der Sie sich nur wenig bis eigentlich gar nicht anschließen mögen. Da Sie jedoch mich und sich selbst (mit etwas Hilfe von meiner Seite) mehrfach überzeugt haben, warum ich falsch liege, mache ich weiter mit Behauptungen, die Sie eigentlich in immer stärkerem Maße ablehnen. Bis wir irgendwann zu des Pudels Kern vorstoßen.
Ich äußere mich negativ zu einer Meinung, gegen die Sie sich zuvor massiv ausgesprochen hätten. Doch die Struktur des Widerspruchs bewirkt nun, dass Sie diese Ansicht stattdessen unterstützen, einfach um mir weiterhin zu widersprechen und sich zu beweisen, dass Sie immer noch volle Entscheidungsfreiheit haben.
Wie lang es dauert, kommt darauf an, wie stark die Meinungen sind, die ich bei Ihnen verändern will. Trivialere Dinge, z. B. die Entscheidung, welchen Film wir im Kino ansehen wollen ( The Fountain ), können schon nach wenigen Minuten entschieden sein, während ernstere Fragen, z. B. was Sie mit Ihrem Geld anfangen sollen, wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen können (ich schlage vor, Sie überweisen es auf mein Konto ).
Nun mach schön, was der Onkel dir sagt!
Autorität. Und basta.
»Miiiiiiicheeeel!«
Der Vater von Michel von Lönneberga
Ein echter Klassiker der Beeinflussung ist der Verweis auf eine angebliche Autorität. Jemand, der weiß, wovon er redet. Das Vitamin-Institut in der Schweiz. Der Zahnarztexperte, der Werbung für Extra-Kaugummi macht. Oder irgendjemand, dem wir aus anderen Gründen unser Vertrauen entgegenbringen. Prominente zum Beispiel. Wenn Heike Drechsler Reklame für Gauloises machen würde, würden wir garantiert glauben, dass Rauchen doch gesund ist. Diese Technik wird ständig eingesetzt. Bei einem Werbespot für Bier hat ein Filmstar oder Promisportler wesentlich größere Wirkung als ein Brauereimeister. Obwohl man doch eigentlich beim Brauer mehr Sachkenntnis vermuten müsste.
Wenn jemand, den wir als Autorität auf einem Gebiet anerkennen, oder noch besser, jemand, zu dem wir aufsehen, uns etwas sagt, dann hören wir auf zu denken. Es ist so verführerisch, die Verantwortung für die eigenen Handlungen aus der Hand zu geben, wenn also jemand behauptet, er wisse, wovon er redet, dann braucht es nicht mehr allzu viel, um uns zu überzeugen. Wie der Schauspieler aus der Soap, der im Werbespot für Kopfschmerztabletten sagt: » Ich bin zwar kein Arzt, aber ich spiele einen.« Man kann auch auf eine Autorität verweisen, indem man zitiert, was eine herausragende Persönlichkeit zu dieser Frage gesagt hat: George Washington, William Shakespeare, Thomas Kuhn oder Peter Maffay. Wer sind wir schon, deren Weisheit in Frage zu stellen?
Es ist leicht zu verstehen, warum wir Autoritäten vertrauen. Als wir Kinder waren, wussten unsere Eltern, wie die Welt funktioniert, und manchmal hörten wir auch auf sie. Ich habe den Verdacht, das könnte auch der Grund sein, warum wir solche Autoritäten oft auch für größer (in Zentimetern!) halten, als sie in Wirklichkeit sind. Vielleicht stellen wir eine mentale Verbindung her zwischen dem buchstäblichen » Aufsehen« zu einem größeren Erwachsenen, wie wir es noch aus Kindertagen kennen, und der Autoritätsperson– eine Verbindung, die uns durch unser restliches Leben begleiten wird. Wenn das so ist, dann wäre auch erklärt, warum die Fernsehnachrichtensprecher so oft zu hören bekommen, man habe sie ja immer für viel größer gehalten. Und es erklärt auch, warum Leute, die für Führungspositionen eingestellt werden, im Schnitt größer sind als die, die niemals Chefs werden.
Es war sicher klug, dass wir uns damals auf die Weisheit unserer Eltern verlassen haben. Aber das bedeutet nicht, dass wir auf dieselbe bedingungslose Art Politikern und religiösen Führungsgestalten vertrauen sollten– oder auch weißbekittelten Menschen in Werbespots. Und trotzdem tun wir es.
In einer sehr lustigen Studie hielt ein distinguierter Schauspieler eine Vorlesung vor einer Gruppe von Ausbildern. Thema war die Spieltheorie, ein Thema, mit dem sich der Mann überhaupt nicht auskannte. Er wurde dem Publikum vorgestellt als » Professor Myron Fox, eine Autorität auf dem Forschungsgebiet der mathematischen Anwendung der Spieltheorie auf menschliches Verhalten«. Er hielt eine
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