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Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Titel: Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meral Al-Mer
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ablehnte, weil ich aussah wie Hamid?
    »Sie ist deine Mutter«, gab Beate zu bedenken. »Mütter haben liebende, gnädige Augen. Sie urteilen nicht nach dem Augenschein.«
    Vielleicht hatte sie recht. Und da kam mir eine Idee. Wenn ich nicht alleine hinfuhr, sondern jemanden dabeihätte, so dachte ich, dann würde ich mich sicherer fühlen.
    »Kommst du mit?«, fragte ich Beate.
    »Klar«, sagte sie und zückte ihren Terminkalender. »Wann soll es losgehen?«
    Auf einmal war alles ganz einfach. Mourad erklärte sich bereit, uns zu begleiten. Ohne Probleme fanden wir einen gemeinsamen Termin schon einen Monat später und kauften uns Flugtickets nach Antakya. Und eines Morgens fand ich mich im Flieger wieder.
    »War doch gar nicht so schwierig«, grinste Mourad.
    »… wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist«, ergänzte Beate.
    Wir hatten uns bei Saliha nicht angemeldet und fuhren auch nicht direkt zu ihr: Ich brauchte die langsame Annäherung. Zuerst wollten wir Antakya erkunden, uns »akklimatisieren« und die nächsten Schritte planen.
    Bei unserer Ankunft gab es eine Überraschung. Keiner von uns hatte daran gedacht, dass gerade Feiertag war, und zwar Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayramı , was übersetzt so viel heißt wie »Feiertag der Nationalen Souveränität und des Kindes zur Erinnerung an die Eröffnung der Nationalversammlung«. Jedenfalls ist dies ein Familienfeiertag, an dem die Kinder im Mittelpunkt stehen und traditionell Familienbesuche unternommen werden. So kam es, dass mein Vater in der Stadt war, genauer gesagt, in dem Dorf ganz in der Nähe, aus dem er stammte. Mourad hatte versehentlich erzählt, dass er an diesem Tag nach Antakya kommen würde, und konnte nur mit Mühe abwenden, dass unser Vater uns am Flughafen abholte – ohne zu wissen, dass Mourad nicht alleine reiste. Ein unverhofftes Wiedersehen am Flughafen von Antakya war das Letzte, was ich mir wünschte, und so war ich mehr als erleichtert, als wir im Hotel ankamen, ohne meinem Vater über den Weg gelaufen zu sein.
    Beim Abendessen läutete andauernd Mourads Mobiltelefon. Es war unser Vater, der ihn noch in derselben Nacht unbedingt sehen wollte. Mir tat es leid zu sehen, welchen Stress mein Bruder damit hatte, dafür zu sorgen, dass sich unsere Wege nicht kreuzten.
    »Ruf ihn doch an«, schlug ich vor, »und sag ihm, er soll hier vorbeikommen. Ich habe nichts dagegen, mit ihm einen Tee zu trinken.«
    Mourad und Beate machten große Augen.
    »Das halte ich für keine gute Idee«, wandte Beate ein. »Wer weiß, wie er drauf ist. Wir wollten eigentlich deine Mutter besuchen und nicht riskieren, dass dich dein Vater hier über den Haufen schießt. Vergiss nicht, du hast ihn immerhin ins Gefängnis gebracht.«
    Das stimmte. Mir wurde klar, dass ich tatsächlich manchmal immer noch denke, wir könnten alles beiseiteschieben und noch einmal von vorn anfangen. Vielleicht ist das so, weil ich selbst nicht nachtragend bin. Tatsächlich male ich es mir heute noch in stillen Stunden aus, wie es wäre, ihn wiederzusehen. Warum ist das so?
    »Weil du ihn immer noch liebst?«, schlug Beate als Antwort vor.
    Gut möglich. Ich habe meinen Vater einmal so sehr geliebt, dass es wahrscheinlich unmöglich ist, mir diese Liebe vollends aus dem Herzen zu reißen. Allerdings hatte ich niemals so handeln wollen, wie er es von mir erwartete: reumütig auf ihn zuzugehen. Meine Verwandten haben das wiederholt ausrichten lassen: Ich müsste einen »heiligen Tag« auswählen für meinen Besuch, allen Älteren der Familie die Hand küssen und um Gnade und Verzeihung bitten. Und darauf hoffen, dass man sie mir dann auch gewähren würde. Das kommt für mich natürlich nicht in Frage. Es gibt nichts, worum ich um Verzeihung bitten muss, das Gegenteil ist der Fall.
    Am nächsten Morgen wachte ich vom Gesang des Muezzins auf. Es brauchte eine Weile, bis ich mich erinnerte. Ich war in Antakya, Anatolien, kurz vor der türkisch-syrischen Grenze. Zwanzig Kilometer von meiner Mutter Saliha entfernt.
    Die Nervosität fuhr mir durch alle Glieder. Panik ergriff mich. Ich musste ganz ruhig atmen, dann wurde es ein wenig besser. »Heute noch nicht«, sagte ich mir. »Heute schauen wir uns Antakya an und gehen auf den Basar. Tun so, als wären wir Touristen.«
    Beim Frühstück meckerte Mourad an dem Ausschnitt meiner Bluse herum, weil er ihn zu tief fand. Ich schnauzte zurück. Doch in Wirklichkeit beschäftigten mich meine Ängste. Was, wenn wir alle drei sie morgen

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