Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
Die Jahre hatten sie nicht besonders freundlich behandelt. In ihrer Jugend war sie eine blonde Sexbombe gewesen. Jetzt sah ihre gebräunte Haut wie Leder aus. Davon konnten nicht einmal das Chanel-Kostüm und die Glanzlichter im blonden Haar ablenken.
»So schade, dass deine Großmutter nicht mehr unter uns weilt«, sagte Anda. »Wie kannst du bloß glauben, du würdest es schaffen, ihr Werk fortzusetzen? Gewiss, nach dem Debakel im letzten Jahr waren wir alle der Ansicht, deine Mutter dürfe diese Aufgabe nicht mehr übernehmen. Aber - ausgerechnet du , Carlisle?«
Bisher hatten sich die Teenager nicht für die Konversation interessiert. Aber plötzlich starrten mich acht Mütter und acht Töchter interessiert an. Bloß keine Schwäche zeigen, ermahnte ich mich.
»Ich bin Carlisle Wainwright-Cushing«, stellte ich mich allen vor, die mich noch nicht kannten, »und wie Sie wahrscheinlich schon gehört haben, übernehme ich dieses Jahr die Organisation des Balls, der in gut drei Monaten stattfinden wird. In einer Woche werden die Namen der Debütantinnen in der Sonntagszeitung bekanntgegeben. Also haben wir keine Zeit zu verlieren.«
Spöttisch musterte mich ein Mädchen von oben bis unten.
»Wurden Sie nicht vor hundert Jahren zur schrecklichsten Debütantin aller Zeiten gewählt?«
»Oh, mein Gott! Das waren Sie ?«, rief ein anderer Teenager.
»Nun ja …« Ich schwöre, dass ich nicht errötete. Es war einfach nur zu heiß im Saal. »Aber wie Sie ganz richtig erwähnt haben, Miss, geschah das vor einer halben Ewigkeit. Und es hat nichts mit meiner Fähigkeit zu tun, diesen fabelhaften Ball zu arrangieren.«
»Ja, das könnte stimmen«, meinte ein kleines rundliches Mädchen mit dicken Brillengläsern. »Als ich das Gerücht hörte, Miss Cushing würde die Nachfolge ihrer Mutter antreten, habe ich bei Google nachgesehen. In Boston gilt sie als Spitzenanwältin, die alle Fälle gewonnen hat. Also wird sie auch einen Debütantinnenball hinkriegen.«
Die anderen Mädchen drehten sich zu ihr um. Angewidert betrachteten sie ihre derben Halbschuhe.
»Hast du das Memo nicht bekommen?«, fragte einer der Teenager.
»Welches Memo?« Das Selbstvertrauen der kleinen Dicken drohte zu schwinden.
»Geflochtene Halbschuhe sind mega-out.«
Während das Blut in die Wangen des dicken Mädchens stieg, brachen die anderen in Gelächter aus. Auch die Mutter des armen Dings lief feuerrot an. Die Spötterin wurde von ihrer Mom ermahnt, aber nicht besonders streng.
In dieser Sekunde hasste ich die Debütantinnen dieses Jahres. Kein gutes Zeichen, denn in den nächsten drei Monaten musste ich mit ihnen zusammenarbeiten.
»Nun, Ladys«, begann ich im besten Ton einer erfolgreichen
Anwältin, »wie bereits festgestellt wurde, habe ich die letzten Jahre in Boston verbracht.« Dann hielt ich einen kurzen Vortrag über die altehrwürdigen Traditionen dieser Stadt und über mein respektables Erbe und erläuterte, was für einen grandiosen Ball ich organisieren würde.
Beinahe überzeugte ich mich selber.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Savannah mit einem süffisanten Lächeln, ihrem Markenzeichen, als ich nach Hause kam.
»Großartig.«
»Wirklich?« Ihre arrogante Miene hätte mich warnen müssen. Aber wegen der langen Trennung von meiner Schwester war ich aus der Übung gekommen. Dann erschien Mutter in der Küche. Sie sah elend aus.
»Was ist los?«, fragte ich.
Savannah lächelte nur.
»Die Debütantinnen haben den Symphony-Ball abgesagt.«
»Was?« Empört hielt ich die Luft an. »Nein, das ist unmöglich. Die Besprechung war ganz fantastisch, und niemand hat von einer Absage geredet.«
»Dann muss das Wort ›fantastisch‹ eine neue Bedeutung haben. Die Mütter sämtlicher Mädchen haben angerufen und verkündet, zu ihrem größten Bedauern könnten sie es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, an den Vorbereitungen des Willow-Creek-Symphony-Association-Debütantinnenballs teilzunehmen.«
Eins muss ich mir hoch anrechnen - ich unterdrückte alle beklemmenden Emotionen, die meine angeschlagene
Psyche bedrohten. Lächelnd zuckte ich die Achseln und mimte lässiges Selbstbewusstsein. »Keine Bange, Mutter, das werde ich in Ordnung bringen.«
Aber auf welche Weise? Das wusste ich selbst nicht.
5
Mitten in der Nacht kam mir eine wundervolle Idee - die Lösung meines Problems. Ich musste einfach nur acht neue Debütantinnen zusammentrommeln und das nötige Geld auftreiben, um die Symphony Association zu retten.
Wie
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