Nicht schon wieder Liebe
ihn so nannte. Denn Eddie hatte diesen Namen stets mit Liebe und Bewunderung ausgesprochen. Wenn jedoch seine Mutter ihn James genannt hatte, dann einfach nur, um Coop in ihren Augen annehmbarer zu machen.
Coop verdrängte diese unliebsamen Erinnerungen gewaltsam und zwang sich, den nagenden Schmerz tief in seinem Inneren zu ignorieren. All das war doch längst Schnee von gestern. Zum Teufel noch mal, seine Mutter hatte ihre ablehnende Haltung ihm gegenüber sogar mit ins Grab genommen, doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Worauf es jetzt ankam, war, dass er alles in seiner Macht Stehende tat, um dem Rest seiner Familie zu helfen.
Im Moment schien er jedoch herzlich wenig für Eddie und Lizzy tun zu können. Er würde den Ordner mit den Unterlagen über Eddies Vermögensverhältnisse mit nach Hause nehmen, den er aus dem Arbeitszimmer hatte mitgehen lassen. Und dann, als er sich mit einem letzten Blick in Lizzys Zimmer umsah, bevor er die Tür wieder schloss, fragte Coop sich, ob es nicht vielleicht eine Möglichkeit gab, wenigstens die persönliche Habe seiner Nichte zurückzubekommen. Die Sachen würden ihr ein gewisses Maß an Trost spenden, bis sie wieder mit ihrem Daddy vereint war.
Was jedoch sein Bestreben anging, Licht in diesen dunklen Mordfall zu bringen und Eddie von jedem Tatverdacht zu entlasten, so beschlich Coop allmählich das ungute Gefühl, dass das Einzige, was er wirklich tun konnte, war, zur Stelle zu sein, bereit, jede wie auch immer geartete Chance zu nutzen - wenn sich ihm jemals eine bieten sollte.
Kody erwachte am nächsten Morgen nur ganz langsam und allmählich, tauchte nur gerade so weit aus dem Zustand der Bewusstlosigkeit auf, um zu erkennen, dass er sich ausgesprochen entspannt und stressfrei fühlte. Ein wohliges Gefühl echter Zufriedenheit summte durch seine Adern, doch es war die physische Wärme, die über seine Brust und seinen Bauch strahlte, die seine Neugier erregte und ihn veranlasste, seine schlaftrunkene Benommenheit abzuschütteln. Tatsächlich spurte er sogar an seiner gesamten rechten Körperseite eine angenehme Wärme, und verschlafen blinzelnd hob er den Kopf vom Kissen, um die Quelle auszumachen.
Eine Frau lag eng an ihn geschmiegt neben ihm, ihr Kopf in der Einbuchtung zwischen seinem Schlüsselbein und der beginnenden Wölbung seiner Brust vergraben. Ihr Gesicht war unter langem, sandbraunem Haar verborgen, das über seinen Brustkorb und den Arm floss, den sie über seinen Bauch gelegt hatte; doch jetzt, da er richtig wach war, wusste Kody plötzlich sehr genau, wem dieser lange, wohlgerundete Körper gehörte, und er hätte das zufriedene Lächeln, das seine Mundwinkel nach oben zog, selbst dann nicht unterdrücken können, wenn sein Leben davon abgehangen hätte.
Als er am vergangenen Abend von seinem Bier aufgeblickt hatte, um Marissa neben Veronica stehen zu sehen, hatte er das Gefühl gehabt, als ob direkt neben ihm eine zentnerschwere Bombe einschlagen würde, so umwerfend war die Wirkung, die Marissa auf seine Sinne gehabt hatte. Der bloße Gedanke daran ließ ihn selbst jetzt noch verwundert den Kopf schütteln. Mann! Es war, als ob er und Marissa zwei Bestandteile einer hochexplosiven chemischen Verbindung gewesen wären, die in getrennten Fächern aufbewahrt wurden -und zwar aus triftigen Gründen, wie sich herausgestellt hatte, denn man brauchte sich ja nur anzusehen, was passiert war, als sie zusammengekommen waren. Man vermische einen Teil Marissa mit einem Teil Kody, und - wumm! - schon geht das Ganze in Flammen auf. Er hatte noch nie zuvor in seinem Leben etwas gefühlt, was dem hier auch nur in Ansätzen nahe kam.
Er wollte es aber auch weiterhin fühlen, und er schob behutsam seine Hand unter ihre dichte Mähne, um ihr die langen Haare aus dem Gesicht zu streichen. Als er sich vorsichtig herumdrehte, um auf Marissa hinabzublicken, schweifte sein Blick zufällig über zwei Porträtaufnahmen an der gegenüberliegenden Wand, dann kehrte er mit einem Ruck zu den Fotos zurück, um sie genauer zu betrachten.
In seinem Magen breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. Das eine Foto zeigte ein blond gelocktes kleines Mädchen mit einem breiten Lächeln und einer Lücke im Oberkiefer, wo ihr zwei Schneidezähne fehlten. Auf dem anderen Bild war ein etwas älterer Junge zu sehen, der groß und schlaksig wirkte. Er hatte Marissas Augen. Er hatte auch ihr Lächeln, nur die Grübchen in den Wangen fehlten.
Kody versuchte sich einzureden, dass die beiden
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