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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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gefrühstückt haben. Aber dafür klingt seine Stimme zu aufgeweckt. Er würde mich gern wiedersehen.
    Hallo Bauch, sind das Schmetterlinge?
    Aber sich zu verabreden ist gar nicht so einfach. Ich bin eine verheiratete Frau, die gerade auf dem besten Wege ist, sich auf eine Affäre mit einem fremden Mann einzulassen, ich muss strategisch denken: Wir sollten uns nirgendwo blicken lassen, wo man mich kennt, sonst fliegt die Sache gleich auf.
    Das Problem ist: Die Läden, in denen man mich nicht kennt, die kenne ich nicht. Wie auch? Ich gehe da nie hin.
    Er schlägt das
Dante
vor, ausgerechnet: Da stehen die Chancen circa 3:1, dass wir Maryam treffen, genauso gut könnten wir uns gleich in ihrer Küche verabreden. »Och nö, da bin ich so oft«, nörgle ich, und ich hoffe, er versteht, was ich damit sagen will. Mir fällt spontan in der Altstadt das
Romanow
ein, das habe ich bisher gemieden, weil es mir zu düster erschien. Das wiederum lehnt Björn ab, kontert jedoch mit dem
Moa
, wieder eines meiner Lieblingsrestaurants, für ein geheimes Date also völlig ungeeignet.
    Wir gehen beide nach dem gleichen Prinzip vor: Auch Björn sucht ein Lokal, in dem wir ungestört bleiben, und zwar, weil
ihn
niemand kennt, also erstellt jeder von uns eine Liste jener Adressen, um die er normalerweise einen großen Bogen macht – nur leider sind das zufällig genau die Lieblingsläden des anderen. Das fängt ja gut an.
    Als Lösung schlage ich einfach die verschnarchteste Kneipe vor, an die ich mich erinnern kann: »Wie wär’s mit den
Ritter-Stuben
?« Björn ist begeistert! Und schon sind wir verabredet. Die gute Laune trägt mich über den Tag. Ich habe ein Geheimnis. Ätsch!

25
    Für diesen Abend habe ich eine uralte Lederjacke wieder ausgegraben, die ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getragen habe, ein enger, figurbetonender Blouson in Ochsenblutrot, mit großem Kragen, neulich hatte ich ein ganz ähnliches Exemplar zu einem sündhaft teuren Preis im Schaufenster gesehen. Ich fühle mich damit cool und sehr verwegen, und ich beschließe, wenn er mir in der ersten Viertelstunde zu meinem Outfit kein Kompliment macht, dann war’s das!
    Zu unserem Date komme ich einen Tick zu spät, Björn erwartet mich bereits vor der Tür der
Ritter-Stuben
.
    Gewisse Angelegenheiten lassen sich besser von Angesicht zu Angesicht aussprechen. Ja, schon gut, irgendwann werde ich Björn auch beichten, dass ich eine verheiratete Frau bin, aber das meine ich nicht. Sicherheitshalber sollte ich ihn erst einmal darauf hinweisen, dass ich diesen Schuppen nur ausgewählt habe, damit wir bei unserem ersten Date ungestört bleiben, sonst denkt er noch, ich ginge öfter hier hin.
    Björn blickt sich entgeistert um, also erkläre ich ihm, als wir uns setzen: »Ich bin auch zum ersten Mal hier.«
    »Ja, abgefahren!«
    Ich setze mich und verstehe, was er meint. Seit der Trennung von ABBA dürfte sich in den
Ritter-Stuben
nichts Entscheidendes mehr getan haben, nur die schöne, alte Jukebox in der Ecke, die hat jemand mal leergeräumt. Altdeutsch trifft frühes Ikea, die Einrichtung bietet Peinlichkeiten der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre, aber nix von heute: Plastikblumen! Wie kann man heute noch Plastikblumen auf die Tische stellen?
    Das Gleiche gilt für die Gäste, die teilweise wohl auch zum Inventar gehören, wir senken den Altersdurchschnitt erheblich. Nur die Fassung des Jugendschutzgesetzes, die hier aushängt, ist noch vergleichsweise frisch, von 1985. Ich find’s beruhigend: Eher treffe ich den Papst in der Damensauna als hier einen Bekannten.
    Auch der Wirt hat seine beste Zeit hinter sich. Wahrscheinlich würde er lieber gestern als heute den Schlüssel umdrehen und zusperren, er versprüht so viel Herzlichkeit wie ein Kontrolleur am türkischen Zoll, und er hat es auch genauso eilig. Als er sich endlich mal an unseren Tisch bemüht, bestellen wir beide ein Bier und zu essen Handkäs mit Musik. Wenn schon, denn schon.
    Björn fragt mich, ob ich den Film gut fand. Als Kind muss er in einen großen Topf mit Videokassetten gefallen sein, er kennt
jeden
Film, sogar so schräge Horrorstreifen wie
Chucky, die Mörderpuppe
. In den hab ich mich als Kind hineinmogeln können, obwohl er erst ab 18 war. Ich war zehn. Vorher lief Pinocchio, und der Mann an der Kinokasse dachte wohl, die Geschichte wäre ähnlich, auch was mit ner Puppe, nur wird weniger gelogen. Bestimmt ein guter Kinderfilm, vielleicht sogar pädagogisch wertvoll. Tja, und

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