Nichts Als Ärger
einen Unterschied? Sie würden die Frau und ihren Begleiter bei ihrem morgendlichen Spaziergang überfallen, alles an sich nehmen, was diese bei sich trugen, und dann im Park und auf den Straßen der Stadt untertauchen. Bis sich ihre Opfer vom Schock der Konfrontation so weit erholt hatten, dass sie das Geschehene melden konnten, hätten sich Subar und seine Freunde längst in sechs verschiedene Richtungen zerstreut.
Seine einzige Sorge war, dass ihre Tat von Zeugen beobachtet oder sogar protokolliert wurde. Aber wenn Chaloni seine Opfer derart gründlich observiert hatte, würde er auch eine entsprechend abgelegene Stelle gewählt haben, wo andere, die sich zur selben Zeit im Park aufhielten, ihren Überfall nicht mitbekamen. Das war die Aufgabe des Anführers. Subar war gut darin, Befehle zu befolgen und daraufhin in Aktion zu treten, doch sich komplexe Strategien zu überlegen, überforderte ihn. Das würde sich allerdings bald ändern, dachte er. Er hatte nicht vor, Chaloni direkt herauszufordern. Stattdessen plante er, den Ganganführer zu übergehen. Die gelegentlichen Raubzüge und Überfälle waren einfach nicht das Richtige für Subar. Er hatte viel größere Ambitionen.
Es gab kriminelle Organisationen, die ihre Fühler weit nach Alewev hinein ausstreckten. Subar wusste von ihnen und hatte einige ihrer Vertreter bereits bei ihren Geschäften beobachtet. Dabei handelte es sich um Erwachsene, die mit Geschäften für Erwachsene zu tun hatten. Bis dato war es ihm schon gelungen, einige lose Kontakte herzustellen. Solche Organisationen suchten immer nach neuen, begierigen, energischen Rekruten. Möglicherweise war dies ja sogar seine letzte Tour mit der Gang. Ja, er hatte Pläne und die Absicht, etwas Größeres, Besseres, Böseres zu erreichen.
Aber zuerst kam ein kurzer morgendlicher Ausflug in den Ballora-Park. Er brauchte ohnehin einige Kredits, da er etwas Wichtiges kaufen musste. Sein Anteil an der bevorstehenden Beute würde das sicherstellen. Es würde seine potenziellen neuen Arbeitgeber mächtig beeindrucken, wenn er sie um einen Job bat und dabei eine eigene Waffe trug. Chaloni und Dirran besaßen schon eine. Und er war ebenfalls alt genug dafür. Der Finger eines Kindes konnte den Abzug einer Waffe ebenso leicht und effektiv bedienen wie der eines Erwachsenen.
»Thaie, Subar.«
»Was?« Blinzelnd erkannte er, dass ihn alle außer Sallow Behdul anstarrten.
»Wo warst du denn eben, Kleiner?«, fragte Chaloni.
Wenn es etwas gab, das Subar mehr hasste, als mit ansehen zu müssen, wie sich Zezula von Chaloni begrabschen ließ, dann war es, wenn man ihn Kleiner nannte. Aber natürlich zeigte er diesbezüglich keine Reaktion. »Ich hab über morgen nachgedacht.«
Der Ganganführer schniefte. »Das musst du nicht. Tu einfach, was dir gesagt wird, das Denken übernehme ich.« Chalonis Brust schwoll an, als er prahlte: »Dann kann auch nichts schiefgehen.«
»Aber sicher, Chal«, erwiderte Subar pflichtbewusst. »Wie du meinst.«
Sie trafen sich am Yinstram-Nexus, wo sich am frühen Morgen Dutzende automatisierter Transportkapseln versammelten, um jene Bewohner von Alewev, die das Pech hatten, einer geregelten Arbeit nachzugehen, zu ihren Arbeitsstätten zu bringen. Durch das gedämpfte, aber stetige Geplapper der Bürger, die soeben aufgewacht waren, die Geräte, die ihre Dienste anboten, und die organischen wie mechanischen Händler entstand ein andauerndes Summen aus einer Vielzahl an Bewusstseinsformen, die ihr Bestes gaben, um einen weiteren Tag in Malandere zu überleben.
Es war ein trister Morgen, was der Gang nur recht war. Nebel war stets ein Freund derer, die einen Überfall planten. Chaloni wählte eine Kapsel mit entsprechender Größe aus und zog seine codierte (und auf einen falschen Namen registrierte) Kredkarte durch, um die Fahrt für die sechs Passagiere zu bezahlen. Obwohl sie miteinander plauderten, während sich das Gefährt einen Transportweg suchte und auf die maximal erlaubte Geschwindigkeit beschleunigte, war die Gang doch ungewöhnlich kleinlaut. Sie hatten zuvor zwar schon einige Raubzüge durchgeführt, doch dies war das erste Mal, dass sie gegen Nicht-Menschen vorgingen. Eigentlich bestand darin kein Grund zur Sorge, aber man sollte zumindest darüber nachdenken.
Keiner von ihnen brauchte ein Hinweisschild, um zu wissen, wann sie Shangside erreicht hatten. Das war einem schon bewusst, wenn man sich einfach nur umsah. Die Landschaft wurde üppiger, die Gebäude
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