Nichts Als Ärger
erfahrenerer Verkäufer jedenfalls hätte sich rechtzeitig wieder gefangen, um dies zu tun.
»Das ist okay. Ich meine, wir akzeptieren.« Da es ihm nicht gelang, ein neutrales Gesicht zu machen, versuchte er, wenigstens einen ruhigen Ton anzuschlagen. Doch auch das gelang ihm kaum.
»Gut. Ich habe zwar nichts gegen das Feilschen, aber anders als andere Ladenbesitzer kann ich auch gut darauf verzichten.« Sie streckte eine Hand aus.
Chaloni griff in seine Jackentasche, zog seine Kredkarte heraus und reichte sie über den Tresen. Als sie diese durch den leuchtenden Zylinder zog, piepte es zweimal leise, dann gab sie ihm die Karte zurück. Eine schnelle Überprüfung zeigte, dass auf seinem unter einem Pseudonym angelegten Konto eine Summe gutgeschrieben worden war, die seinen Kontostand seit dem Diebstahl dieser Karte bei Weitem überstieg. Er stand auf.
»Wir müssen nach Hause. Es war mir eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Ms. Benawhoni.«
»Und mir mit dir, Puol.« Sie lächelte Subar an. »Das gilt natürlich auch für dich, Mr. Vione. Wenn ihr mir die Frage gestattet«, fügte sie hastig hinzu, als die beiden Jugendlichen schon auf die Tür zueilten, »wo habt ihr diese ganz besonderen Relikte eigentlich her?«
Auf die ihm angebotene Summe war er zwar nicht vorbereitet gewesen, doch mit dieser Frage hatte Chaloni gerechnet, sodass er sich schon im Voraus eine Antwort zurechtgelegt hatte. »Von Drittanbietern. Mehr darf ich leider nicht sagen«, meinte er und hatte damit eine völlig bedeutungslose Antwort gegeben.
»Natürlich. Tut mir leid. Verzeiht mir diesen Verstoß gegen die Etikette.« Die Händlerin sah aus, als ob sie es wirklich bereuen würde, sich danach erkundigt zu haben. »Könnt ihr … habt ihr vielleicht Zugang zu weiterem Material wie diesem hier?«
Chaloni blieb auf der Türschwelle stehen. »Es könnte sein, dass ich noch einige weitere Objekte bekomme. Wären Sie denn interessiert daran?«
Sie nickte einmal und bestimmt. »Ja. Ich bin interessiert. Wie bald könntest du mehr davon beschaffen?«
Achselzuckend, als wäre das ohne große Bedeutung, antwortete Chaloni: »Geben Sie mir ein paar Tage, damit ich mit meinen Lieferanten reden kann. Dienswenmorgen, okay?« Mit einer Geste bedeutete sie ihm ihr Einverständnis. »Vielleicht beim nächsten Mal etwas Größeres?«
»Was immer du in die Finger bekommen kannst, Junge.« Sie drehte sich ein wenig zur Seite und deutete hinter sich. »Manchmal sind es gerade die kleinen Dinge, die sehr gefragt sind. In diesem Geschäft ist das alle eine Frage der Fähigkeit, die Waren an den Markt anzupassen.«
Nickend ging Chaloni durch die unsichtbare, momentan deaktivierte Sicherheitsbarriere. Erst als er und Subar an diesem Morgen zum zweiten Mal in einem öffentlichen Transportmittel saßen, fühlten sie sich endlich sicher genug, um ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Ihre ekstatischen und aufgeregten Schreie zogen zwar die missbilligenden Blicke der anwesenden Pendler auf sich, die an ihre eigenen trostlosen Jobs gebunden waren, doch die beiden Jungen achteten nicht darauf.
»Tvan«, erklärte Chaloni, »hast du die Summe gesehen? Hast du sie gesehen, Subar?« Der ältere Junge befingerte seine Kredkarte mit einer Zärtlichkeit, die sonst allein Zezula vorbehalten war.
»Ja, ich hab sie gesehen.« Da er sich nicht länger zusammenreißen konnte, stolzierte Subar um den Ganganführer herum wie ein Quillp um den rituellen Nestpfahl. »Was jetzt, Chal? Was machen wir als Nächstes?«
»Als Nächstes?« Mit breitem Grinsen wedelte der ältere Junge mit der Karte vor Subars Augen herum. »Wir geben es aus, mein Freund. Wir werfen damit um uns, als wären wir briatiert, denn wo das herkommt, da gibt’s noch viel mehr.«
Trotz Chalonis triumphaler Verkündung warfen sie dann doch nicht wie besessen das Geld zum Fenster heraus. Aber jedermann konnte ihnen ansehen, dass sie offensichtlich unter dem Einfluss von irgendwas standen. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben hatten sie echte Kredits bekommen, daher hatten alle Mitglieder der Gruppe das Bedürfnis, ihre eigenen, individuellen Wünsche zu erfüllen, was zuweilen auf recht außergewöhnliche Weise geschah. Wer hätte beispielsweise damit gerechnet, dass der schweigsame Geselle Sallow Behdul ein Abonnement für die Benachrichten abschließen und sich den Kopfhörer kaufen würde, mit dem er die per Direktinduktion übertragenen Medien täglich sechsundzwanzig Stunden lang hören
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