Nichts Als Ärger
zurückgesetzt fühlte oder besorgt sein konnte, gestattete Chaloni es großzügigerweise allen, ihren Netzhautscan und ihre bioelektrischen Impulse in das Sicherheitssystem der Anlage einzugeben. Jetzt konnte jeder von ihnen den gemieteten Teil betreten, wann immer er wollte.
»Wir wollen ja nicht sofort was davon verkaufen«, beruhigte er seine Gefährten, als der gestohlene Transporter das Gebiet verließ und allein davonfuhr. »Erst mal muss die Sache in Vergessenheit geraten.« Sein Gesicht war vor lauter Aufregung und Freude darüber, dass sie es geschafft hatten, ganz rot. »Dann fangen wir mit dem Verkaufen an. Aber immer nur wenige Teile auf einmal, und an unterschiedliche Hehler. Und ab da fließt die Kohle!«
Chalonis letzter Programmierung folgend fuhr der gestohlene Transporter nach Inatuku, einer Stadt auf der anderen Seite von Visaria. Die Wahrscheinlichkeit, dass er zu ihnen zurückverfolgt werden konnte, war äußerst gering. Danach trennten sie sich und verließen die Gegend einzeln zu Fuß oder mit einem öffentlichen Transportmittel und trafen sich dann später an diesem Nachmittag in ihrem Versteck auf dem Dach des alten Gebäudes in Alewev wieder.
Abgesehen von dem kurzen Jubel innerhalb des Transporters konnten sie sich erst jetzt richtig entspannen. Selbst Sallow Behdul lächelte und lachte, auch wenn er so wenig sagte wie eh und je. Chaloni überraschte sie alle, indem er ein Paket mit Mojolo-Glühstäbchen hervorzauberte. Sie waren von sehr guter Qualität, aus Fluva importiert, und bestanden aus einer Mischung, von der sie zwar schon gehört hatten, die sie bisher aber noch nie probieren konnten. Also steckte sich jeder sofort eines davon an. Innerhalb von Minuten war die Luft im Inneren des Verstecks erfüllt von dem duftenden Rauschmittel. Die Farben wurden intensiver, der üble Geruch ihrer unmittelbaren Umgebung verschwand, und all die Sorgen und Nöte ihrer ansonsten kaum ertragbaren, armseligen Existenz wurden mit dem aromatischen Rauch davongeweht.
Nach einer Weile merkte Subar, dass jemand in seinen Armen lag. Zuerst nahm er an, dass es sich um Missi handelte, doch bald erkannte er, dass es Zezula war. Ihre Augen waren glasig, und ihr Gesichtsausdruck war entrückt. Chaloni hatte sich auf einer alten Couch auf der anderen Seite des Raumes ausgestreckt und grinste zu ihm hinüber, während ein Drittel des Glühstäbchens in seinem Mundwinkel hing. Subar war dem Ganganführer schon immer abwechselnd respektvoll, vorsichtig und neidisch gegenüber gewesen, doch in diesem Moment wäre er für ihn gestorben.
Auch wenn ihm das in diesem besonderen Augenblick an diesem überaus freudigen Nachmittag nicht wirklich bewusst war, kam diese Möglichkeit der Realität doch weitaus näher, als er es sich gewünscht hätte.
10
Sie hätten mehrere Monate warten sollen, bevor sie die ersten Beuteteile auf den Markt brachten, doch da sie jung und ungeduldig waren, hielten sie es nur wenige Tage aus. Nicht einmal der sonst so überlegte Chaloni war immun gegen die Verlockung sofort zu verdienender Kredits. Sie alle hatten kein Geld mehr, da sie alles, was sie zusammenkratzen oder sich borgen konnten, in die Finanzierung des Überfalls gesteckt hatten. Letzten Endes war die Versuchung einfach zu groß.
Chaloni wählte den Hehler sorgfältig aus. Als Erstes ließ er die Frau über seine in ganz Alewev verstreuten Kontakte gründlich überprüfen. Danach suchte er sie persönlich auf, um ihr ein relativ belangloses Paket mit aktivierten Arzneien anzubieten, die Missi auf der Straße geklaut hatte. Zu guter Letzt, als er mit seiner Wahl zufrieden war, wählte er einige kleine, aber sehr wertvolle Objekte aus dem verborgenen Vorrat aus und machte sich zusammen mit Subar auf den Weg durch Malandere. Dieser sollte sich als sein »langsamer« kleiner Bruder ausgeben und damit als zweites Augenpaar und gegebenenfalls als bewaffnete Verstärkung dienen.
»Ich habe noch nie eine Waffe abgefeuert«, meinte Subar, als der ältere Junge seine Absichten erklärte. »Mit Messer und Betäubungswaffen kenne ich mich aus, aber nicht mit Pistolen.«
Chaloni drückte dem widerstrebenden Subar die Waffe in die Hand. »Da alles nach Plan laufen wird, wirst du sie auch jetzt nicht benutzen müssen. Aber im Notfall kann es manchmal schon ausreichen, dass dein Gegenüber weiß, dass du eine Waffe hast.«
Subar gab sich geschlagen und war hin- und hergerissen zwischen der Freude, dass Chaloni ihn - und nicht die
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