Nichts Als Ärger
schreien. Zezula bewegte sich nicht, doch Missi versuchte trotz ihrer Fesseln, um sich zu treten - oder tiefer im Sofa zu verschwinden, da war sich Subar nicht ganz sicher. Ganz und gar keine Unsicherheit bestand hingegen bezüglich der Identität des Leichnams. Er musste allerdings schon genauer hinsehen, da er sich - verändert hatte. Anders als die Mädchen schrie Subar jedoch nicht, hörte allerdings für einen Moment auf zu atmen.
Es war Chaloni. Oder zumindest das, was von ihm übrig war.
Subar hatte schon Tote gesehen, genauso wie jeder andere, der in Alewev aufgewachsen war. Es gab verschiedene Arten des Sterbens: Unfalltod, natürlicher Tod, frühzeitiger Tod oder vorsätzlich herbeigeführter Tod. Bei Letzterem wurde im Allgemeinen recht amateurhaft vorgegangen. Doch das, was mit Chaloni geschehen war, war etwas anderes. Er sah diverse Anzeichen dafür, dass es in einer langsamen, professionellen und gnadenlosen Weise ausgeführt worden war. Es erklärte zwar noch nicht, wie seine Mörder den Weg zu ihrem geheimen Treffpunkt finden konnten, aber vermutlich hatte Chaloni es ihnen vor seinem Tod noch verraten - ebenso wie alles andere, was sie wissen wollten, und noch einiges mehr.
Die Leiche des Ganganführers war nackt. Doch es fehlte mehr als nur die Kleidung. Die Arbeit war langsam und sorgfältig ausgeführt worden. Selbst Subar, der in diesen Dingen gänzlich unerfahren war, konnte erkennen, dass sie sich sehr viel Zeit gelassen hatten. Zu fasziniert, um wegzulaufen, und zu entsetzt, um sich abzuwenden, studierte er den zerstörten Leichnam durch das Badezimmerfenster und war überrascht, dass man bei einem Menschen so viel entfernen konnte und die Grundform immer noch unversehrt blieb. Er sah auch weitaus weniger Blut, als er erwartet hätte, doch das lag vermutlich daran, dass der größte Teil davon schon vor längerer Zeit vergossen worden war. Er konnte sich nicht daran erinnern, wo er die alte Redewendung Sterben auf Raten gehört hatte, und er wusste auch nicht, was eine Rate war, doch dieser prägnante Ausdruck war ihm im Gedächtnis geblieben.
Während er in das Zimmer starrte, verschwand der große, schlanke Alien aus seinem Blickfeld. Die Kreatur erschien einen Augenblick später wieder und führte eine nackte, gefesselte Person vor sich her. Subar fragte sich, ob der Alien männlich oder weiblich sein mochte, konnte dies jedoch nicht sagen, da er nichts über diese pelzige, langohrige Spezies wusste. Trotz der fehlenden Kleidung erkannte er den neuen Gefangenen sofort. Dirran versuchte verzweifelt, gegen die Fesseln anzukämpfen. Sie schienen ihm erhebliches Unbehagen zu bereiten, aber nicht so großes wie die schmalen, gleichmäßigen Hautfetzen, die ihm von Gesicht und anderen Körperteilen herunterhingen. Sein Anblick war derart schockierend, dass die Mädchen aufhörten zu schreien.
Der große, muskulöse Mann beugte sich vor und schrie erst Zezula und dann Missi an. Subar überlegte. Vielleicht hatte Chaloni ihnen doch nicht alles erzählt. Oder der Ganganführer war der furchteinflößenden Professionalität seines Folterers zum Trotz so schlau gewesen zu sterben, bevor er alles, was er wusste, ausplaudern konnte. Warum waren Dirran, Zezula, Missi und Sallow Behdul sonst noch am Leben? Warum hatten sie nicht längst denselben Weg genommen, den Chaloni vor ihnen gegangen war?
Einen Moment später wurden die Objekte seiner Überlegungen um eine Person reduziert, als der Alien eine Hand an jede Seite von Dirrans Kopf legte, ihn vom Boden hob und dann eine einzige kurze, athletische Bewegung machte. Subar konnte das Knacken nicht hören, aber das musste er auch nicht, da Dirran jetzt direkt in Richtung des Aliens sah, während sein Körper weiterhin zum Sofa ausgerichtet war. Die Kreatur, die völlig unbeteiligt wirkte, warf den jetzt leblosen Körper auf die Couch. Er landete zwischen Zezula und Missi, die trotz ihrer Fesseln verzweifelt versuchten, so gut es ging von ihm wegzurücken.
Jetzt schrie der große Mann zuerst Missi an, bevor er bei Zezula weitermachte. Eine kräftige offene Hand hob und senkte sich mehrmals. Der hilflose Subar konnte nur zusehen und mit den Zähnen knirschen. Haare flogen durch die Luft, Zezulas Kopf prallte vor und zurück, bis der Mann aufhörte; dann ließ sie ihn auf die Brust herabsinken. Jeder Muskel, jede Sehne und jede Faser in Subars Körper waren bis zum Zerreißen angespannt. Es gab absolut nichts, was er unternehmen konnte.
Er brauchte eine
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