Nichts Als Ärger
auch so etwas machen kann, dann haben wir vielleicht eine Chance. Wenn wir sie erst mal befreit haben, dann können sie auch untertauchen. Und«, fügte er hinzu, »der Außenweltler sagte, sein Tier wäre giftig, erinnerst du dich?«
»Tchai, das weiß ich noch.« Sie war ziemlich verärgert. »Du willst gegen die Leute vorgehen, die Chaloni und Dirran umgebracht haben, und zwar mit der Hilfe eines dünnen großen Kerls und seines ›Haustiers‹?«
Subar blieb unnachgiebig. »Ja, falls er noch auf Visaria ist. Und wenn er bereit ist, mir zu helfen. Was«, das musste er trostlos zugeben, »er mir auch einfach abschlagen kann.«
»Wir werden ja sehen, ob er Verstand besitzt«, gab sie zurück, »oder ob er ihn, so wie du, längst verloren hat.«
Subar sah ebenso hilflos aus, wie er sich fühlte, und breitete bittend die Arme aus. »Ich muss es wenigstens versuchen, Ash. Diese Verbrecher haben meine Freunde mitgenommen.« Er schaute sie durchdringend an. »Kommst du mit? Ich hatte das Gefühl, dass dieser Flinx dich mag.«
»Tnai«, murmelte sie finster, »ich begleite dich. Ich weiß nicht, warum, aber ich tue es. Vielleicht hatte ich schon immer eine Vorliebe für dumme, verlassene Tiere.«
Er ging auf sie zu und packte ihre Oberarme. Sein Griff war fest und zuversichtlich, sein Blick voller Dankbarkeit und sein Tonfall sanft. »Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, Ash. Du bist eine gute Freundin.« Mit diesen Worten beugte er sich vor und küsste sie - auf die Stirn. Es war ein dankbarer, respektvoller, züchtiger Kuss. Sie hätte ihn am liebsten geschlagen.
Während er unten, nahe des Haupteingangs ihres Hauses verborgen, wartete, erzählte sie ihren Eltern, dass sie für einige Tage eine Freundin besuchen wolle. Ihre Mutter sah kaum von ihrer Hausarbeit auf, um sich die Erklärung ihrer Tochter anzuhören. Dann stopfte sie einige Dinge in einen Rucksack und hastete nach unten. Als der Fahrstuhl an den mit Menschen vollgestopften Etagen vorbeirauschte, wurde sie nachdenklich.
Was in aller Welt tat sie da? Sie konnte dabei ums Leben kommen. Oder Subar. Sie sagte sich, dass sie das für einen guten Freund tat. Einen sehr guten Freund. Der vorhatte, sein Leben für seine Freunde zu riskieren.
Eine Reihe unflätiger Worte, die sie in der Öffentlichkeit niemals ausgesprochen hätte, ging ihr durch den Kopf. ›Seine Freunde.‹ Sie wusste, für wen er das Risiko einging. Für diese apathische Schlampe Zezula. Er sprach ständig von ihr, wie sie aussah, wie sie sich bewegte, wie sie sprach, wie sie sich anzog, wie sie …
Was für eine Schande, dachte Ashile, als sie das Gebäude verließ und sich Subar anschloss, dass die brutalen unbekannten Mörder ihren Zorn an Chaloni und nicht an seiner bedeutungslosen Freundin ausgelassen hatten.
12
Trotz des emotionalen Brüllens und Jaulens der Stadt, selbst während er entspannt auf dem Bett in seinem Hotelzimmer lag, konnte Flinx’ zufällig umherstreifendes Talent die beiden völlige Verzweiflung ausstrahlenden Individuen spüren, die zu ihm kamen. Aus genau diesem Grund gelang ihm das auch so präzise: weil sie zu ihm kamen. Durch das jahrelange Weglaufen und Leben in einem Zustand ständiger Wachsamkeit reagierte er weitaus empfindlicher auf Gefühle, die sich auf ihn bezogen. Außerdem erkannte er die beiden. Falls er sich nicht irrte, handelte es sich um die beiden Jugendlichen, mit denen er sich vor Kurzem auf dem Dach eines heruntergekommenen Apartmenthauses in einem anderen Stadtteil unterhalten hatte.
Das gefiel ihm gar nicht. Er hatte dem Jungen - wie hieß er doch gleich? - ach ja, Subar - gesagt, dass Arbeit auf ihn warten würde, und sie hatten sich verabschiedet. Doch jetzt betraten er und seine angenehmere Freundin die Lobby des Hotels, in dem Flinx eine kleine Suite bezogen hatte. Ihr emotionaler Zustand war - erschüttert.
Er wusste, dass er sie einfach ignorieren, ihre Bitte, Zugang zu seiner Etage zu erlangen, abschlagen und so tun konnte, als wäre er nicht in seinem Zimmer. Er könnte auschecken und sich ein anderes Hotelzimmer suchen, vielleicht sogar in einer anderen Stadt, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Doch eine Sache hielt ihn davon ab. Wie so oft kam ihm seine verfluchte Neugier in die Quere, wie an jenem Morgen, als er eingegriffen hatte, um den Jungen vor der Aufmerksamkeit der Behörden zu bewahren.
Resigniert sagte er sich, dass er sich auch ebenso gut anhören konnte, was die beiden innerlich derart aufgewühlt
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