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Nichts als Erlösung

Nichts als Erlösung

Titel: Nichts als Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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Krieger und ihrem coolen blonden Kompagnon gestern gezeigt, er hat wirklich die Hosen runtergelassen, aber glücklich waren sie mit der Ausbeute trotzdem nicht. Natürlich hatte er gehofft, dass sie ihm zum Dank für seine Kooperationsbereitschaft ein paar Exklusiv-Informationen stecken würden. Aber nein, Fehlanzeige. Ihnen ist klar, dass Sie Ihre Spekulationen über eine mögliche Kontaktaufnahme des Täters zur Polizei zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls publizieren dürfen, hieß es lapidar. Und dann hat es noch einmal eine geschlagene Stunde gedauert, die beiden davon zu überzeugen, dass es im KURIER-Archiv keine Materialien zu der Todeshaus-Berichterstattung von vor 20 Jahren gibt. Mühselig war das, aber schließlich sind sie doch abmarschiert – die Krieger wieder mit dieser Aura, wie sie Sigourney Weaver als Commander Ripley in Alien hatte, bevor sie einen glibberigen Außerirdischen eliminierte. Ich erzähl Ihnen jetzt mal was ganz Brisantes, Stoff für eine Oberhammerstory, aber das ist vertraulich, das schreiben Sie bitte nicht. Nee, ist klar, Gnädigste, erst wenn Sie das erlauben. Aber das hatte er natürlich nicht laut gesagt, sondern stattdessen versprochen, brav zu sein, wenn er sich im Gegenzug darauf verlassen könne, von nun an vor allen anderen Journalisten auf den Stand gebracht zu werden. Und das hatten sie ihm immerhin versprochen, widerwillig zwar, aber das ist ihm egal. Eine Hand wäscht die andere, so läuft das nun mal.
    Er schnappt sich den KURIER des Tages und verschließt seinen Wagen. Ja, er hat eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wo sich die verschwundenen Archivmaterialien über das Kinderheim Frohsinn befinden, und wenn er es schafft, diesen Stoff zu ergattern, wird das die Kooperationsbereitschaft von Frau Commander Ripley-Krieger beträchtlich steigern, darauf könnte er wetten. Er legt die letzten Meter zu Rufus Fegers Villa im Laufschritt zurück. Steter Tropfen höhlt den Stein. Nicht geschossen ist auch vorbei. Irgendwann auf einem Kindergeburtstag hat sein Vater ihm dieses Grundprinzip jeden nachhaltigen Erfolgs mal verklickert, beim Dosenwerfen, Lichtjahre ist das her. Er war unglaublich sauer gewesen damals. Alle anderen Kinder, all seine Gäste, trafen dauernd, sogar sein total peinlicher kleiner Bruder – nur er warf daneben. Und irgendwann hatte er keine Lust mehr, verzog sich in eine Ecke und schmollte, wollte seine Gäste zum Teufel jagen. Komm schon, René, nicht aufgeben, versuch’s noch mal, nicht geschossen ist auch vorbei, hatte sein Dad damals ganz ernsthaft gesagt und ihn wieder in die Reihe geschoben. Erst hatte er sich geziert und dann doch geworfen und getroffen – nicht spektakulär, aber immerhin. Eine Lektion fürs Leben. Sollte eines Tages mal ein Nachruf über ihn verfasst werden, wird ihm jedenfalls niemand darin vorwerfen können, dass es ihm je an Frustrationstoleranz gemangelt hätte.
    René Zobel senkt seinen Zeigefinger auf den Messingklingelknopf von Rufus Fegers Villa. Er kann sich schon denken, was als Nächstes passiert – er wird eine Abfuhr kassieren, genauso wie gestern und vorgestern auch. Er wischt sich trotzdem ein unsichtbares Stäubchen vom Hemd, strafft die Schultern, setzt ein freundliches Lächeln auf. Ein Rauschen dringt aus der Gegensprechanlage, ein Knistern, dann das nun schon fast vertraute Schnarren der Geisterbahnstimme von Fegers Hausdrachen.
    »Ja?«
    Er sagt sein Sprüchlein auf. Nur zehn Minuten wolle er Rufus Feger gern sprechen, ein Gespräch unter Kollegen, selbstverständlich auch kürzer oder zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das besser passt, daran solle es nicht scheitern, wenn es auch, in der Tat, allmählich etwas dringlich sei, das Tagesgeschäft dränge leider, das kenne Feger ja selbst noch …
    Es summt. Das Tor schwingt auf. Er kann es kaum glauben, ballt die Hand in der Hosentasche. Danke, lieber Daddy, für die beste Lektion meines Lebens, darauf trinken wir einen, auf meine Rechnung! Er zieht das Gartentor hinter sich zu und läuft über einen weiß gekiesten Weg auf die wirklich beeindruckende Jugendstilvilla zu. Der Hausdrache ist eine fleischgewordene Klischeefigur aus einem B- oder C-Movie. Formlos in Kittelschürze mit fettigem Haardutt und verkniffenen Lippen. Wortlos Missbilligung ausströmend, führt sie ihn durch einen schummrigen Flur in einen Wohnraum, an dessen Wänden sich Bücherregale mit sicher sehr teuren Ölschinken abwechseln.
    Das also ist das Allerheiligste des großen Rufus

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