Nichts für Anfänger - Roman
wie diese blöden Briten. Sie ist zur Hauptdarstellerin in ihrem eigenen Irenwitz geworden, wie in diesem Sketch in der Kenny-Everett-Show, wo der irische Bauer vor lauter Blödheit mit einem Schwein unterm Arm in eine Mauer rennt. Und alle im Publikum, die ganzen Briten drüben im BBC -Television-Centre, lachen sich nicht nur deswegen kaputt, weil er in die Mauer läuft, sondern weil er obendrein auch noch Ire ist. Also hat Saidhbh wegen dem ganzen Fernsehen und der Musik und entgegen ihrem besseren Instinkt angefangen zu glauben, England ist der coole place to be und Irland ist nur was für alte Tattergreise mit Schiebermützen und Schweinen unterm Arm, die generell unfähig sind, Backsteinmauern von geöffneten Türen zu unterscheiden.
Sinead Donohue war der härtere Hund, da waren sich alle einig, und hatte seit dem Beginn dieses ganzen Debakels keine einzige Träne in der Öffentlichkeit vergossen und keinen einzigen Arbeitstag beim Buch von Kells oder dem Kilmainham- Gefängnis verpasst. Beim morgendlichen Kaffeeklatsch waren sich alle einig, dass Sinead einfach irgendwie eine dumme Kuh war und den ganzen Ärger verdiente und ihre fehlenden Tränen und Zusammenbrüche nur bestätigten, was sie die ganze Zeit schon gedacht hatten, nämlich dass sie sich selbst etwas zu toll fand, auch in ihrer Rolle als Fremdenführerin des Jahrtausends, als Miniheldin für Touristen aus der ganzen Welt. Und wenn sie nur etwas mehr darauf geachtet hätte, was sich bei ihr am heimischen Herd abspielte, wäre es nie zu diesem Schlamassel gekommen und die arme Devida hier, soll heißen meine Mam, wäre nicht krank vor Sorge um ihren einzigen Sohn.
Gary sagte, dass meine Mam eigentlich gar nicht besorgt aussah und allen sagte, sie sollen die Klappe halten, als sie behaupteten, dass sie noch unter Schock stehen würde. Und als die Weiber sie fragten, ob sie nachts überhaupt noch schlafen kann, sagte sie, alles wäre tipptopp und was passiert ist, ist passiert, und ihre Schwester Grace hätte ihr vollstes Vertrauen und dass es für mich keinen sichereren Ort auf der Welt gibt. Ein paar von den Frauen dachten, sie macht einen auf tapfer, und hakten nach, ob sie das Ganze nicht skandalös findet und was mit der Schande ist, die ihr Sohn über ihr Haus gebracht hat, und sagten, sie wollen in ihrem Namen den neuen Gemeindepfarrer, Vater Murray, rufen. Doch Mam bremste sie direkt aus und sagte, sie hat jeglichen Glauben in die Kirche verloren, seit Vater O’Culigeen Missionar geworden ist. Hat keine Abschiedsparty geschmissen und nichts. Ist noch nicht mal vorbeigekommen, um Tschüss zu sagen. Hat einfach seine letzte Woche Gottesdienste mit einer schnellen öffentlichen Beichte am Samstagabend beendet und sich dann gleich am nächsten Morgen auf in die Südsee gemacht, auf streng geheimer Mission, um aus den kleinen Wilden brave Messdiener zu machen.
Nein. Der, um den sich Mam wirklich sorgte, war Dad. Er hatte auf die Neuigkeiten nicht großartig reagiert. Eigentlich hatte er überhaupt nicht reagiert. Er geisterte gerade in Pantoffeln und seinem kratzigen Morgenmantel auf seiner allmorgendlichen Schlurfrunde durchs Haus, nachdem er seine Tab letten genommen und vorsichtig einen Kamm durch die immer dünner werdenden vereinzelten Büschel gezogen hatte, die dieser Tage seine Kopfbehaarung bilden. Gary hat meinen Dad erst neulich gesehen und weiß, wovon er spricht. Er sagt, die Medikamente haben ihn ein weiteres dickes Haarbüschel gekostet, ganz komisch in einem Streifen um seinen Hinterkopf. Jetzt sieht er aus wie ein frisch auf die Welt gekommenes Baby, das nur auf dem Rücken liegt und endlos den Kopf nach links und nach rechts dreht und deshalb eine spezielle kahle Stelle am Hinterkopf hat.
Mam musste ihn unter Vorgabe frisch gebackener Scones mit Marmelade und Schlagsahne in die Küche locken und dort auf ihn warten. Doch stattdessen sorgte sie dafür, dass er sich setzte, und erzählte ihm die ganze Geschichte von mir und Saidhbh und dem Baby und dann Nicht-Baby und dass wir für den Moment in London festsaßen, bis Saidhbh nicht mehr ganz so gaga in der Birne war. Sie hat erzählt, dass er sich in der Küche umgesehen und seinen stoppeligen Unterkiefer zur Seite geschoben und nur die hellrosa OP -Narbe an seinem Hals rieb. Er strich schwach darüber, fuhr sie mit seinem Finger durch die Stoppeln entlang und fragte Mam nach den Scones, die sie ihm versprochen hatte. Von außen sah es so aus, als wäre überhaupt nichts
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