Nichts für Anfänger - Roman
sondern so neues Zeug, Kouros, nach dem Sarah neulich roch, als sie nach Hause kam und Siobhan erzählt hat, das kommt von Philip O’Malley, mit dem sie den ganzen Abend lang, gegen die Tischtennisplatte des Mount-Merrion-Jugendzentrums gedrückt, rumgemacht hat.
Ich wünsche mir auch meine zwei ersten echten Bücher, richtige Bücher, die Erwachsene lesen, und nicht diesen Teenie scheiß, den mir Mam immer aufs Bett legt, mit Superhelden von der Royal Air Force vorne drauf, in der einen Hand eine Frau mit ordentlich was in der Bluse und in der anderen ein halb automatisches Maschinengewehr. Nein, diese beiden sind der Hammer und kommen direkt von der Quelle. Das Zen der Physik ist schon mal eine Empfehlung von Vater Jason. Er ist auf der schlammigen Abkürzung zum Mönchskloster an mir vorbeigeradelt, ein paar Tage nach unserem Aufenthalt dort, und hat mich gefragt, was mir am besten gefallen hat. Als ich sagte, unser Multiversumsgespräch, leuchteten seine Augen auf, und er sagte, es ist ihm eine große Freude, in mir einen neuen Glaubensbruder gefunden zu haben, und er versprach, mir seine ANDERE Bibel zu leihen, eben Das Zen der Physik.
Von wegen Moleküle und Atome! Grundgütiger!, sagt er und fügt mit einem Nicken in Richtung Himmel hinzu: Der Herr schütze mich! Dann sagt er mir, dass dort alles drinsteht. Das mit dem Multiversum und die Pizzatheorie und vieles mehr. Was denn so?, frage ich. Na, zum Beispiel, wie wir an zwei Orten gleichzeitig sein können, sagt er und strahlt jetzt so richtig los. Oder dass es in der Welt Dimensionen gibt, die wir noch nicht einmal sehen können, geschweige denn im Ansatz verstehen. Und wie wir mit unserem Geist und unseren Gedanken die Realität um uns herum verändern können.
Das war’s, ich bin angefixt und kann es kaum abwarten. Das Zen der Physik kommt direkt auf meine Wunschliste, wofür ich alle möglichen blöden Kommentare von den Mädchen kassiere. Mam sagt ihnen, sie sollen mich in Ruhe lassen, sie ist wirklich beeindruckt und hofft vermutlich, dass dieses Buch vielleicht das Ruder bei meinem drohenden Schuluntergang noch rumreißen kann. Das andere Buch heißt Die Geschichte des Auges . Ich habe ehrlich keinen blassen Schimmer, worum es da geht, aber ich weiß, dass es ein bisschen durchgeknallt sein muss, wenn man bedenkt, dass es das einzige Buch in O’Culigeens Sakristei ist, das nichts mit Gott zu tun hat. Und er zieht mich andauernd damit auf, spielt damit rum und blättert es durch und gurrt und lacht und kichert und sagt mir dann: Nicht doch, das ist nichts für so kleine reine Äuglein wie deine. Dann steckt er wieder die Nase rein und gluckst fröhlich vor sich hin. Er sagt, dass er es schon Hunderte Male gelesen hat und sich einfach nicht sattlesen kann, aber es nie jemand anders zeigen würde. Damit keiner auf falsche Gedanken kommt. Doch weil er und ich uns mittlerweile so nahestehen, gibt es keinen Grund mehr, etwas vor mir zu verstecken. Und dann fügt er schön besserwisserisch hinzu, Außer das, was hier drinsteht.
Er veranstaltet so ein Theater wegen diesem Buch, und es scheint ihm so ein unglaubliches Vergnügen zu bereiten, es mich nicht lesen zu lassen, dass ich beschließe, ihm so richtig eins auszuwischen und es einfach, tadaaaa, auf meine Wunschliste setzte, direkt über Das Zen der Physik. Ich weiß ganz sicher, dass Mam es sowieso nicht lesen wird. Ich weiß auch, dass sie kaum Zeit haben wird, es zu kaufen, einzupacken und »Alles Liebe von Claire und Susan« auf ein Kärtchen zu schreiben. Ich weiß es, weil sie in letzter Zeit manchmal einen kleinen Familienrat einberuft, wo sie sich dann gegen die Anrichte lehnt und uns sagt, dass sie mit ihrem Pensum an Hausarbeit einfach das Limit erreicht hat, ohne einen Wäschetrockner! (Bei diesen letzten Worten wirft sie Dad einen finsteren Blick zu.) Sich um sechs verfressene, saufende, Klamotten ruinierende, Geld saugende Monster zu kümmern ist der reinste Albtraum, sagt sie kurz vor dem Zusammenbruch, mit zitternder Unterlippe. Ihn da noch nicht mit eingerechnet! (Noch ein Seitenhieb.)
Für gewöhnlich laufen diese Krisensitzungen darauf hinaus, dass wir geloben, mehr im Haushalt zu helfen, und manchmal schreiben wir sogar einen Plan, wie wir uns mit dem Abwasch und dem Saugen abwechseln können. Aber meistens dauert es nicht lange, dann ist Mam, was die Hausarbeit angeht, längst wieder in der Poleposition. Im Klartext bedeutet das, dass sie vor meinem Geburtstag nicht eine einzige
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