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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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Minute Zeit haben wird, um Die Geschichte des Auges auch nur durchzublättern. Der Geburtstag an sich ist allerdings leider eine andere Sache.
    Normalerweise interessieren meine Geschenke kein Schwein. Ich öffne sie, staple sie in der Ecke neben dem grünen Mülleimer mit dem Klappdeckel und widme mich dann dem Kuchen, den Kerzen und meinem Geburtstagsständchen. An dieser Stelle präsentiert Fiona irgendetwas Trockenes, Hartes und Schokoladiges aus dem Hauswirtschaftsunterricht, in dem alle vierzehn Kerzen stecken, und alle werden uuuhen und aaahen, und sogar Dad kann seinen Kopf lange genug oben halten, um das Geburtstagslied mitzusingen. Insofern überrascht es mich ebenso sehr wie alle anderen, als ich sehe, wie Susan den Stapel durchstöbert, Das Zen der Physik durchblättert und sich danach Das Auge schnappt. Binnen Sekunden klappt ihr die Kinnlade runter. Ihr Gesicht ist das genaue Gegenteil von O’Culigeen, der an dieser Stelle lächeln und sich ganz aufgeregt die Lippen lecken würde. Ihres sieht eher grün aus. Sie reicht das Buch an Sarah weiter, die ebenfalls das Anti-O’Culigeen-Gesicht macht, aber noch angestrengter liest als Susan. In diesem Moment springt Mam auf und hampelt um Dad herum, damit er auch ja genug Zucker für seinen Tee und eine Gabel für den Kuchen hat – obwohl er sie sowieso nie benutzt und sich stattdessen lieber das ganze Stück, egal wie groß, auf einmal in den weit geöffneten Mund schiebt, bis die Spitze des Stücks hinten an seinen Rachen stößt und sich seine Lippen über seinen Fingern schließen.
    Nach fünf oder sechs Seiten hat Sarah, diese olle Kuh, genug gelesen und reicht das Buch prompt an Dad weiter. Nun ist es so, dass Dad – der den ganzen Tag lang da draußen Büromöbel verkauft hat, die ganze Woche lang, man könnte fast denken, sein ganzes Leben lang, und der beim Abendessen gerade genug Kraft hat, die Augen offen zu halten – häufig so wirkt, als wäre er ein Mann, der in seinem eigenen Heim fremd ist. Obwohl er auf Partys mit einem Glas in der Hand und einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen Witze darüber macht, der Hahn im Korb zu sein und in einer Frauen hochburg seinen Mann zu stehen, muss es sich in stillen Momenten, wenn er niemanden beeindrucken muss, genau so für ihn an fühlen. Er kommt oft zur Tür rein, wenn wir gerade den letzten Rest aus der Rice-Pudding-Schüssel schaben, und dann wirft er einen Blick in die Runde, der fragt: Wer zur Hölle seid ihr alle!? Oder aber er spielt die Selbstmitleidskarte aus, wenn er sich seinen eigenen Kindern gegenüber in Gedanken, Worten und Taten wie ein Fremder vorkommt, und dann setzt er eine tieftraurige Miene auf und sagt: Ja klar, erzählt eurer Mutter alles und mir nichts! Als würden Sarah und Siobhan ihm, sobald sie den Tisch erreicht haben, in den Schoß springen und sagen: Rate mal, mit welchem Typen ich gestern Abend im Blinkers rumgeknutscht habe?
    Und so hat er nach den ersten paar Seiten meines Geburtstagsgeschenks verständlicherweise beinahe einen Anfall. Später, nachdem ich es aus dem soßenverschmierten Müll auf dem Boden der grauen Tonne gefischt habe, finde ich heraus, dass das Buch wirklich nichts auslässt. Typisch O’Culigeen, dass dieser riesengroße dreckige Perversling total auf diese Geschichte steht, in der es nonstop um Pimmel geht. Ganz besonders kalt läuft es mir den Rücken runter, als ich zu dem Teil komme, wo der Priester gewürgt wird, während ihn das Mädchen zu seinem eigenen Vergnügen vergewaltigt – mir schwant, dass O’Culigeen hier die Idee zu seiner Würgeangewohnheit herhat. Ich weiß nicht genau, auf welcher Seite Dad gelandet ist, aber ganz egal, ob es die Stelle war, wo der Verrückte von dem notgeilen Kerl und dem Mädchen gemeinsam vergewaltigt wird, oder beim Gruppensex im Salon, oder wo das Mädchen sich das abgeschnittene Ei in die Muschi steckt, jedenfalls ist ziemlich sicher, dass er nicht damit gerechnet hat, so etwas an meiner Geburtstagstafel zu lesen, und das auch noch vor einem trockenen, braunen Schokokuchen mit blauen Kerzen drauf und »Happy Birthday Jim« in rosa Zuckergussschrift quer darübergeschrieben.
    Die größte Überraschung ist jedoch, dass er nicht Amok läuft. Er versucht nicht, mir eine zu knallen oder mich um den Tisch herum und die Treppe hochzujagen (allerdings habe ich heimlich meinen Stuhl ein Stück vom Tisch weggerückt und ihn von Dad weggedreht, damit ich in jedem Fall den besseren Start erwische). Nein, dieses

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