Nichts für Anfänger - Roman
knutschen auch ein bisschen. Klitzekleine Küsschen auf die Lippen. Auch von ganz nah sieht Saidhbh noch wunderschön aus. Ich habe noch nie so nahe ihr Gesicht gerochen. Und es riecht himmlisch, ein schwindelerregender Mix aus Make-up, kaltem Kaffee und Oma-Lippenstift. Und selbst wenn wir uns so nahe sind, dass sie anfängt zu schielen, ist das Ganze immer noch magisch.
Sobald wir durch das Tor zum Wald gelaufen sind, packen wir den Alk aus. Wir trinken und laufen, während wir über die schmaleren braunen Fußwege am Anfang und die größeren sandigen ab etwa der Hälfte des Weges wandern. Der Spaziergang führt vom Glencullen geradewegs durch den Wald und das Tal entlang, bis wir oben rauskommen und sich uns zu unseren Füßen ein quasi majestätischer Blick auf Dublin bieten wird, der uns stolz machen soll, diese Anstrengung auf uns genommen zu haben. Aber wir haben es nicht eilig. Wir haben beide schon etwa zweieinhalb Flaschen Stag intus, als wir den breiten sandigen Weg erreichen, und genau an dieser Stelle geraten unsere Küsse etwas außer Kontrolle, und wir verlassen den Weg in Richtung Bäume und Nadelbett.
Wir liegen zusammen auf meinem ausgebreiteten grauen Duffle einmal ist sie oben, dann bin ich es, und küssen uns. Mehr nicht. Irgendwann fahre ich einmal mit der Hand über ihren BH , aber nur, weil ich vermute, dass es der richtige Zeitpunkt dafür ist. Doch Saidhbh schiebt mich weg, um mich wissen zu lassen, dass dies ausschließlich ein Knutschtag ist, und ganz egal, was sie angeblich mit Mozzo gemacht hat, sie ist eigentlich eine anständige Frau, eine religiöse Frau mit Glauben und Überzeugungen, und sie wird garantiert nicht für irgendwelche Fehler, die sie mit mir begeht, zur Hölle fahren.
Wir küssen uns Ewigkeiten lang. Wir machen etwas, was wie rumlecken ist, nur ohne Zunge. Wir schnappen einfach nach dem Mund des anderen, atmen durch die Nase und machen den Mund auf und zu, auf und zu, auf und zu, immer weiter. Ein bisschen ist es so, als würden wir beide gleichzeitig ein sehr zähes Steak essen, nur ohne die Zunge zu benutzen und ohne Steak.
Währenddessen finde ich das alles einfach nur großartig, und dieser Tag ist mit einer Million Meilen Abstand der beste in meinem bisherigen Leben. Aber in meiner Hose ist gar nicht so viel los. Nicht so wie früher, wenn ich James Bond dabei zugeschaut habe, wie er sich in einem Hotel in Downtown über heimtückische chinesische Spioninnen hermachte, die hinter seinem Klappbett lauerten, ich bin nicht aufgekratzt und rattig. Mein Herz schlägt nicht wie verrückt, und mir ist noch nicht einmal danach, Saidhbh die Kleider vom Leib zu reißen. Was vermutlich auch der Grund dafür ist, dass sie während der BH -Aktion meine Hand weggeschoben hat – sie wusste, dass ich nicht hundertprozentig dabei war. Während wir uns küssen, habe ich sogar Zeit, über alles Mögliche nachzudenken. So entspannend ist es. Auf und zu, auf und zu, auf und zu. Meine Gedanken schweifen ab, und ich beschließe, dass ich Gary vor der Sache mit der Geschichte des Auges warnen muss. Außerdem beschließe ich, mich in der Schule besser zu konzentrieren. Und dass ich dann vielleicht bessere Noten in den Tests bekomme. Und wer weiß, vielleicht könnte ich sogar aufs College gehen und Architektur studieren, wie Mam es sich immer für mich gewünscht hat, und dann könnte ich berühmt werden und in New York Wolkenkratzer entwerfen und für sie und Dad ein schönes Seniorenheim auf dem Land bauen. Letzteres war allein ihre Idee, trotzdem fühlte ich mich leicht unter Druck gesetzt. Ich hab sogar »Architekt« hinten in mein Matheheft reingeschrieben, um nicht zu vergessen, was ich mal werden soll, wenn ich groß bin.
Wir ziehen kurz die Köpfe zurück, um einander in die Augen zu sehen und zu lächeln. Saidhbh nennt mich Jim den Madser. Ich nenne sie Saidhbh. Das ist so abgefahren, so nahe vor ihrem Gesicht einfach ihren Namen sagen zu können und sie zu küssen. Und aus diesem Küssen wird dann eine weitere Viertelstunde Trockenknutschen.
Nach einer geschlagenen Stunde Trockenknutschen, kein Witz, machen wir eine Pause. Unsere Münder sind völlig im Eimer. Unsere Lippen sind rot und angeschwollen, und wir sehen aus wie Ronald McDonald an einem schlechten Tag. Saidhbh macht uns noch eine Flasche Cider auf. Wir gluckern ihn runter und reiben vorsichtig mit den kalten Glasflaschen über unsere Lippen, dann lehnen wir uns unter den Bäumen zurück und starren in die Äste
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