Nichts für Anfänger - Roman

Bett nach Geistern und Ghoulies Ausschau halten und auf meine geliebte Saidhbh aufpassen. Dieser letzte Teil gefällt mir am allerbesten, weil ich dadurch den harten, festen Traurigkeitsklumpen in meiner Kehle vergesse und mich stattdessen auf das Männlichkeitsgefühl konzentriere, das in meinem Magen glüht.
    Sobald sich die Tür hinter Fiona schließt, schalten Claire und Susan fast augenblicklich auf Siebter-Himmel-Modus um. Sie suchen sich jeder ein eigenes Zimmer aus und sind für dieses Privileg gerne bereit, nach den neuen Regeln zu spülen, zu saugen und sogar ein Blech braune Scones oder Vollkornbrötchen oder sogar Apfelkuchen zu backen. Sie können ihr Glück gar nicht fassen und betrachten Dads Krebs insgeheim als das Beste, was der Familie je passiert ist.
    Ich, ich bekomme gesagt, ich soll mich in der Schule auf den Hosenboden setzen, und bekomme eine ganze Reihe neuer Aufgaben zu Hause, darunter auch viele Männersachen, wie zum Beispiel mit Dads geliebtem Beil Holzblöcke zu Feuerholz zu verarbeiten. Oder den Kohleneimer im Bunker hinten im Garten aufzufüllen. Ich bin quasi der Hausmeister, und die Zentralheizung ist das A und O. Dad macht selber eine große Sache daraus, schlurft grau und bartstoppelig die Treppe runter und verkündigt über matschigen Weetabix, dass es Zeit wird, mir ein oder zwei Sachen im Haus zu zeigen. Weil ich nicht immer da sein werde, verstehst du. Das sagt er ohne einen Hauch von Gefühl, als würde er unterm Tisch ein Handbuch mit praktischen Tipps darüber lesen, was du deinem Sohn sagst, wenn du gerade im Sterben liegst, aber nicht darüber reden willst.
    Manchmal, wenn er so ist, irgendwie tot, aber irgendwie auch wieder nicht, dann will ich zu ihm hinrennen und ihm ins Gesicht brüllen: Krebs!, Krebs!, Krebs!, Krebs!, eine Million Mal, nur um zu sehen, was er dann machen würde. Ich vermute mal, dass er einfach aufstehen, sich den Stock aus der Ecke in der Küche schnappen und mir ordentlich hinten eins auf die Beine geben würde, und dann würde er ins Wohnzim mer rennen, aufs Sofa sacken, sich den Irish Independent übers Gesicht werfen und einschlafen.
    Wobei er den Stock eigentlich nicht mehr benutzt hat, seit das mit dem Krebs angefangen hat. Fiona sagt, dass das daran liegt, dass er seine innere Menschlichkeit entdeckt hat und dass Gewalt überflüssig ist und wir alle einzig durch Liebe miteinander verbunden sind. Aber wenn du ihn dabei beobachtest, wie er schwer atmend durch die Küche läuft, um nach oben zu gehen und eine neue Dosis Geheimpillen aus seiner Sockenschublade zu nehmen, dann kriegst du nur das Gefühl, dass er zu platt ist, um irgendwen mit dem Stock zu bearbeiten, aber dass er ihn augenblicklich wieder schwingt und damit auf dich eindrischt, sobald er wieder bei Kräften ist.
    Ich lerne also viel Männerkram und hänge mich in der Schule richtig rein – wobei ich dort auf der Stelle mit Samthandschuhen angefasst werde, als das mit Dad bekannt wird. Die meisten Schüler, außer Gary, hören auf, mit mir zu reden, damit ihre Dads keinen Krebs bekommen. Die Lehrer dagegen bieten an, mir Tage, Wochen oder sogar Monate freizugeben, wenn ich will. Vater Jason gibt sich besonders viel Mühe und drängt mich andauernd auf dem Schulhof in eine stille Ecke und erzählt mir von seinem Bruder, der als Kind an Leukämie gestorben ist, und dass Wochen vor seinem Tod das Wissen und die Einsicht über ihn gekommen sind, dass jede einzelne Minute des Lebens kostbar ist. Vater Jason sagt, dass seine Tür da oben im Kloster immer für mich offen steht, falls ich mal vorbeischauen und über irgendetwas reden will. Über meinen Vater oder, na ja, du weißt schon, egal was.
    Es stellt sich heraus, dass das mit der Zentralheizung total einfach ist und ich das Ganze in unter zehn Minuten erledigen kann. Ich schnappe mir Dads kleinsten Phillips-Schraubenzieher, um drei winzige Schrauben aus dem Zündungsgehäuse zu schrauben, und nehme dann vorsichtig die gesamte Zündung aus dem zentralen Heizungsboiler, dann tauche ich einen Farbpinsel in irgendeinen durchsichtigen Alkohol und befreie die Zündkerze vom Ruß, setze die Zündung und das Gehäuse wieder ein und drücke auf Zünden, und bei neun von zehn Malen springt das System anstandslos an.
    Saidhbh ist von meiner neuen Rolle als Mann im Haus total beeindruckt und singt jedes Mal, wenn ich mit Öl an den Fingern oder Geschichten darüber ankomme, wie mir Dad seine rostfreie Gripzange in die Hand gedrückt hat,