Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman

Strickland. Er wollte den Menschen helfen. Aber jetzt geht es nur noch um sozialen Aufstieg. Und wenn man nicht zufällig mit irgendeinem besonderen Talent geboren ist, ist man für die nichts als eine Drohne, ein Handlanger.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.« Es klopfte an der Tür. Als Haven sich instinktiv umdrehte, um aufzumachen, hielt Iain sie ruckartig am Handgelenk fest. »Nicht«, warnte er und lockerte seinen Griff, als er Havens schmerzverzerrtes Gesicht sah. »Tut mir leid. Lass lieber mich gehen.«
    Er öffnete die Tür einen Spaltbreit, gerade weit genug, um auf die Gasse hinauszuspähen. Nach einem knappen Wortwechsel mit einem Mann auf der anderen Seite nahm Iain einen Koffer entgegen.
    »Deine Sachen sind hier«, verkündete er.
    Doch der Koffer interessierte Haven nicht. »Darf ich etwa nicht an die Tür gehen?«, fragte sie, sobald sie wieder allein waren.
    »Wir müssen einfach vorsichtig sein«, erklärte Iain. »Jetzt komm erst mal frühstücken und dann kannst du dich fertig machen. Wir haben einen langen Tag vor uns.«
    Nach dem Essen schlüpfte Haven in eins ihrer Sommerkleider und folgte Iain die Treppe hinauf bis aufs Dach des kleinen Hauses.
    »Hier wolltest du mit mir hin?« Auf dem Dach befand sich eine wunderschöne Terrasse. Zwei hölzerne, nach Westen ausgerichtete Liegestühle standen darauf, perfekt, um die Sonne über dem Hudson untergehen zu sehen. Bäumchen in großen Tontöpfen wiegten sich im Wind, auf den Blüten der Blumen glitzerten Wassertröpfchen in der Sonne, und der Verkehrslärm war kaum mehr als ein leises Rauschen in der Ferne. Obwohl Tausende von Menschen die Terrasse von den großen umliegenden Gebäuden aus sehen konnten, fühlte es sich an, als wären sie vollkommen allein dort.
    Iain führte sie an den Rand des Dachs. »Sieh mal nach unten. Vorsicht, nicht zu nah an die Kante.«
    »Wonach suchen wir denn?«, wollte Haven wissen.
    »Nach jedem, der nicht so aussieht, als gehörte er hierher«, antwortete Iain.
    »Versteh ich nicht.«
    »Paparazzi«, erklärte Iain. »Die treiben sich manchmal hier in der Straße rum. Ein Bild von uns beiden zusammen könnte es in jeden Blog Amerikas schaffen.«
    Haven runzelte die Stirn. Sogar sie wusste, dass die große Story nicht Iains Liebesleben war. Wenn die Klatschblätter ihre Fotografen in die Washington Mews schickten, dann wegen Jeremy Johns. »Wolltest du deswegen nicht, dass ich die Tür aufmache? Weil du Angst vor den Paparazzi hast?«
    Iains Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, als er auf die Straße unter ihnen hinabschaute. »Wie gesagt, wir müssen einfach vorsichtig sein. Im Moment sind die nun mal alle hinter mir her, und ich will nicht, dass du da mit reingezogen wirst.«
    Haven ließ den Blick über die Umgebung schweifen. Die kleine Gasse mit dem Kopfsteinpflaster war leer. Ein paar Studenten der NYU saßen vor einem Wohnheim am University Place. Ein Mann mit einem Aktenkoffer winkte ein Taxi heran.
    »Also, ich sehe niemand Verdächtigen.«
    Iain blickte noch immer nicht auf. »Genau das ist ja das Problem. Manchmal sieht man sie einfach nicht. Die sind Experten im Unsichtbarmachen.«
    »Und wie sollen wir Leuten aus dem Weg gehen, die wir noch nicht mal sehen?«
    »Wie weit kannst du springen?«, fragte Iain und deutete auf die Kluft zwischen ihrem und dem danebenstehenden Gebäude.
    »Sehr witzig.«
    »Nein, im Ernst«, versicherte ihr ein plötzlich sehr gut gelaunter Iain. »Es ist gar nicht so schlimm, wie es aussieht, versprochen.«
    Sie traten an die Kante und spähten hinunter in den circa einen Meter zwanzig breiten Abgrund zwischen den beiden Dächern.
    »Wenn du glaubst, dass ich da wirklich rüberspringe, dann hast du echt nicht mehr alle an der Kirsche«, sagte Haven.
    Iain drückte ihr einen Kuss auf den Mund. »Sosehr ich deine charmanten neuen Südstaatenausdrücke auch liebe«, sagte er, als er sie losließ, »bitte sag mir nicht, dass sie dich da unten in ein ängstliches Mäuschen verwandelt haben. Früher hat dir so was mal Spaß gemacht.«
    »Hat es nicht!«, protestierte Haven.
    »Na schön, vielleicht nicht. Aber so sehr hast du dich jedenfalls nie geziert. Na, komm schon, versuch’s einfach mal.«
    Er nahm ein paar Schritte Anlauf, sprang ab und flog über den Spalt. Auf der anderen Seite angekommen, streckte er die Arme nach Haven aus. Verärgert schüttelte sie den Kopf und scheuchte ihn mit einer Handbewegung zur Seite. Dann hielt sie die Luft an und sprang. Eine Sekunde später