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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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aus, stelle ich fest. Kurze, braune Haare, frisch rasiert – im Gegensatz zu mir – unterstreichen sein gepflegtes Äußeres. Jeans, Sneekers sowie ein schwarzes Sweatshirt mit dem Aufdruck:
     
    Viele Gesalbte haben als Geschmierte angefangen,
     
    runden das Bild eines jungen Mannes im besten Alter ab. Zu meiner Beruhigung stelle ich fest, dass er im Gegensatz zu früher einen kleinen Bauchansatz bekommen hat. Ganz leicht wölbt sich das heraushängende Shirt im Taillenbereich.
       „Nun, dass ist eine lange Geschichte.“, antwortet Robert.
       „Okay!“, unterbreche ich. „Gibt’s auch ‘ne Kurzversion?“
       Enttäuscht schaut er auf den Boden.
       „Sorry.“, entschuldige ich mich für den unpassenden Ausrutscher. 
       „Wollte nicht unhöflich sein, Robert. Aber im Moment bin ich ein wenig in Eile. Ich muss unbedingt…“, suche nach, der Situation entsprechend, angemessenen Worten, „…mit deiner Schwiegermutter telefonieren!“
       Jetzt entscheide ich mich doch dazu, ihm einen väterlichen Klaps auf den Oberarm zu geben. Er tut mir Leid. Irgendwie freue ich mich sogar über die plötzliche Überraschung. Was soll es also, den Beleidigten zu spielen.
       Ich bin nicht beleidigt!
       „Pass mal auf…“, versuche ich die Situation zu retten. „Kennst du dich hier auf dem Gelände aus?“
       Er nickt, noch immer leicht bedröppelt. Erneut fasse ich ihn an der Schulter und schiebe ihn vor mir her.
       „Gut! Dann bring mich jetzt mal zu dem blauen Wohnblock. Hoffe, es gibt nur einen davon. Falls ich mich nicht täusche, dann haben die alle ‘ne andere Farbe… Könntest du das tun?“
       „Ja!“, bestätigt er meine Vermutung. „Gibt insgesamt eh nur drei davon. Wir sind hier nicht viele.“
       „Na denn los!“, bin ich froh, nicht den Sheriff bemühen zu müssen.
       Zielstrebig setzt sich Robert in Gang. So wie’s aussieht ist ihm nun doch ein kleiner Stein vom Herzen gefallen. Seine Miene scheint jedenfalls deutlich heller als noch vor dreißig Sekunden und so legt er freudig an Tempo zu.
       „Du bist also der Super-Forscher, von dem hier alle Wunder erwarten!?“, will er das Gespräch am Laufen halten.
       „Nein, nein, nein!“, schnaufe ich.
       Meine Kondition hat in Arizona doch deutlich gelitten.
       „Jetzt reden wir erst mal über dich, mein Junge.“
       Tatsächlich bin ich mehr als gespannt über seine Version der Geschichte. Glaube ich doch, ihn recht gut zu kennen, so war ich über sein Verschwinden nicht annähernd so überrascht wie Julie oder andere. Ich legte, schon kurz nach der Hochzeit mit Leann, den Tiger auf seine Schulter. Diese Gattung liebt das Leben und neue Herausforderungen, das war schnell klar. Exotische Orte und ungeahnte Ereignisse sind sein Lebenselixier. Positive Einstellung, Leidenschaft und der enorme Wille für Erfolg zeichnen Robert aus. Er wird von Abenteuern buchstäblich angezogen und stürzt sich längst ins Unbekannte, während andere, solche wie ich, erst noch alle möglichen Gefahren abwägen. Allerdings ist der Tiger auch exzentrisch und übertreibt gerne. Entweder er vertraut dir blind oder er misstraut dir bis in alle Ewigkeit. All zu fahrlässig, so denke ich, schiebt er Bedenken weg und marschiert seinen eigenen Weg. Auf alle Fälle sind Tiger, und im Falle von Robert trifft genau das den Kern, mutige und großzügige Freunde.
       Zieht man all dies in Betracht, wird man verstehen, weshalb sich meine Überraschung über sein Verschwinden in überschaubaren Grenzen hielt.
       „Wo hast du dich rumgetrieben? Julie und ich haben nur gehört, du seist plötzlich verschollen… und was machst du überhaupt hier?“, hänge ich ungeduldig dran.
       „Ich hab doch gesagt, eine lange Geschichte. Aber eins darfst du mir glauben…“, nuschelt er, in der ihm eigenen Art. „Nichts ist so wie es scheint!“
       „Wem sagst du das!“
       „Was denkst du? Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten? Würde mich wirklich freuen…“
       „Kannst drauf wetten!“, keuche ich und denke dabei an meine kleine Leann. „Sobald ich…“
       „Nein, wir müssen hier nach rechts!“, korrigiert er meine eingeschlagene Richtung. „Dort hinten ist es schon, siehst du!?“
       Verblüfft bleibe ich stehen und schaue die Straße runter. „Was? Das war’s schon? Ich bin ja direkt davor gestanden.“
       „Na ja, nicht ganz.“, tröstet er einen alten Mann.
       Wir traben die

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