Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Kapelle des ersten Bataillons marschiert jeden Dienstag auf, um zur Wachablösung zu spielen. Wir glauben, daß der Platz, auf den die Kapelle anschließend marschiert, sich am besten für einen Bombenanschlag eignet. In einem der dort geparkten Autos ließe sich leicht ein Sprengsatz verstecken.«
Er hätte hinzufügen können, daß der nicht sehr große Platz aus der Sicht eines Bombenlegers fast ideal war.
Die umstehenden Gebäude würden die Sprengwirkung
konzentrieren und so noch verstärken.
»Aufgrund dieser Gefahreneinschätzung haben wir die Zeremonie der Wachablösung am elften Dezember
abgesagt. Die örtlichen Medien haben gemeldet, das Wachlokal müsse dringend renoviert werden. In
Wirklichkeit haben wir Zeit für weitere Ermittlungen gebraucht, um verhindern zu können, daß es
wiederaufgebaut werden muß.«
Nicht so gut wie seine vorige Bemerkung, aber
trotzdem ein paar gedämpfte Lacher wert.
»Daraufhin ist die dortige Polizei durch britische 474
Kriminalbeamte verstärkt worden, deren
Überwachungstätigkeit sich ausgezahlt hat. Als die Zeremonie am dreiundzwanzigsten Februar wieder
stattgefunden hat, ist eine Frau, die angeblich an der Costa del Sol Urlaub gemacht hat, nach Gibraltar
gekommen und hat die Parade photographiert. Eine
unauffällige Überprüfung hat ergeben, daß sie mit einem gefälschten irischen Reisepaß unterwegs war. Eine Woche später ist sie wieder dagewesen – aber diesmal ist sie der Kapelle beim Abrücken bis auf den Platz gefolgt.
Sogar einer der Felsenaffen hätte sich ausrechnen können, daß sie den Auftrag hatte, das Gelände für den Einsatz eines Bombenlegerkommandos zu erkunden.«
Diesmal wurde laut gelacht. Er hatte es wieder
geschafft! Ich wußte nicht recht, ob wir über seine Witze oder die Tatsache lachten, daß er ständig welche machte.
Wer, zum Teufel, war dieser Mann? Dies hätte eine unserer ernstesten Einsatzbesprechungen sein müssen.
Aber Simmonds schien das gleichgültig zu sein – oder er war so mächtig, daß niemand es wagen würde, ihn zu kritisieren. Jedenfalls war bereits abzusehen, daß seine Anwesenheit in Gibraltar ein wirklicher Bonus sein würde.
Simmonds lächelte nicht mehr. »Nach unseren
Erkenntnissen ist der Bombenanschlag für irgendeinen Tag dieser Woche geplant. Aber bisher deutet nichts darauf hin, daß McCann oder Savage Belfast verlassen wollen.«
Damit hatte er allerdings recht. Ich hatte die beiden erst gestern abend stinkbesoffen vor einer Bar in der Falls 475
Road gesehen. Sie hatten nicht den Eindruck erweckt, schon reisebereit zu sein. Oder vielleicht hatten sie sich diesen letzten feuchtfröhlichen Abschied vor dem Einsatz in Gibraltar gönnen wollen.
»Daraus ergeben sich für uns verschiedene Probleme.«
Simmonds sprach jetzt ohne seine Notizen weiter.
Bedeutete das, daß er keine Scherze mehr machen
würde? Sein Tonfall war jedenfalls schärfer geworden.
»Was sollen wir mit diesen Leuten anfangen?
Versuchen wir zu früh, sie unterwegs abzufangen, hätten andere PIRA-Teams Gelegenheit, den Anschlag zu
verüben. Reisen die Terroristen über Malaga an und bleiben bis zur letzten Minute auf spanischem Gebiet, gibt es keinerlei Garantie dafür, daß die Spanier sie uns ausliefern – nicht nur wegen des Disputs um Gibraltar, sondern vor allem deshalb, weil der Tatvorwurf gegen die PIRA--Leute nur auf Verschwörung lauten könnte, was ziemlich dünn wäre. Daher, Gentlemen, müssen wir sie in Gibraltar verhaften.« Der Projektor wurde
ausgeschaltet, so daß Simmonds’ Gesicht nur noch von unten durch die Beleuchtung des Rednerpults erhellt wurde. »Und daraus ergeben sich drei Operationen.
Erstens können wir sie beim Grenzübertritt nach
Gibraltar verhaften. Das ist leichter gesagt als getan; wir wissen möglicherweise nicht einmal, welchen Wagen sie fahren. Wir hätten nur ungefähr zehn bis fünfzehn Sekunden Zeit für eine positive Identifizierung und die anschließende Festnahme. Bei Leuten, die in einem Auto sitzen und wahrscheinlich bewaffnet sind, kann das verdammt schwierig sein. Die zweite Möglichkeit ist, das 476
Team zu verhaften, sobald es in die Nähe des Platzes kommt. Aber auch das setzt voraus, daß wir vorgewarnt sind, damit eine positive Identifizierung möglich ist, und daß das Team nach dem Grenzübertritt zusammenbleibt.
Deshalb haben wir uns vorerst für die dritte Möglichkeit entschieden, die der Grund für die gegenwärtige
Besprechung ist.«
Er trank einen
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