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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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ich, sie in einem Schnellkurs zur Handtaschendiebin auszubilden.
    »Glaubst du, daß du’s schaffst?«
    »Klar!« antwortete sie selbstbewußt.
    Wir saßen da und verfolgten, wie die Passagiere einer Maschine ihr Gepäck abholten.
    Ich zeigte ihr eine potentielle Familie. »Solche Leute suchen wir – aber die haben zwei Jungen.« Ich lächelte.
    »Möchtest du einen Tag lang ein Junge sein?«
    »Niemals. Jungs riechen schlecht!«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Okay, dann warten wir noch ein bißchen.«
    Dann kam eine Maschine aus Frankfurt an, und
    diesmal wurden wir fündig. Die Eltern waren Ende
    Dreißig, ihre beiden Kinder, ein Mädchen und ein Junge, neun bis zehn Jahre alt; die Mutter trug eine
    Umhängetasche aus durchsichtigem Kunststoff mit
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    Gittereinsatz, damit auf den ersten Blick zu sehen war, daß sich alles an seinem Platz befand. Ich konnte unser Glück kaum fassen. »Siehst du die da? Das sind unsere Leute. Komm, wir müssen los!«
    »Yeah«, sagte Kelly leicht gedehnt. Sie wirkte
    plötzlich nicht mehr so selbstbewußt. Sollte ich ihr das wirklich zumuten? Ich hatte es in der Hand, das
    Unternehmen abzubrechen. Als die Familie in Richtung Toiletten ging, mußte ich eine Entscheidung treffen.
    Scheiße, eine so gute Gelegenheit würde vielleicht nicht wiederkommen.
    »Sie geht mit ihrer Tochter rein«, sagte ich. »Paß auf, daß niemand hinter dir ist. Und denk daran, daß ich auf dich warte.«
    Wir folgten den beiden unauffällig. Der Mann war mit dem Jungen vorausgegangen, als wollte er ein Taxi besorgen oder ihren Wagen holen.
    Mutter und Tochter verschwanden schwatzend und
    kichernd in der Damentoilette. Die Frau hatte ihre Tasche über der rechten Schulter hängen. Kelly und ich steuerten auf die vorgelagerten Behindertentoiletten zu und betraten eine der geräumigen Kabinen.
    »Ich warte in dieser hier, okay?«
    »Okay.«
    »Du weißt, was du zu tun hast?«
    Ein nachdrückliches Nicken.
    »Okay, dann los!« Ich schloß die Schiebetür und hielt sie von innen zu. Die Toiletten waren so geräumig, daß sich auch Rollstuhlfahrer darin bewegen konnten. Jeder Laut schien ein Echo zu erzeugen. Der Boden war feucht 490
    und roch nach Putzmittel. Der Wartungsplan auf der Innenseite der Tür zeigte, daß die Toilette erst vor einer Viertelstunde geputzt worden war.
    Mein Herz hämmerte so stark, daß ich es unter
    meinem Hemd spürte. Meine ganze Zukunft hing vom
    Verhalten einer Siebenjährigen ab. Sie mußte mit einer Hand unter die Kabinentrennwand greifen, sich die Umhängetasche schnappen, sie unter ihrem Mantel
    verstecken und weggehen, ohne sich auch nur
    umzusehen. Nicht allzu schwierig, nur mit tausend Risiken behaftet. Aber ohne Pässe konnten wir die USA nicht verlassen – so einfach war das. Und zu Big Al konnten wir unmöglich zurückfahren. Die lange Fahrt wäre riskant gewesen, und ich konnte Big Al nicht mehr trauen, weil ich nicht wußte, was er inzwischen getrieben hatte. Alles war einfach beschissen kompliziert. Wir mußten so schnell wie möglich aus diesem Land heraus, das stand fest.
    Ich schrak aus meinen trübseligen Gedanken auf, als plötzlich mehrmals an die Tür geklopft wurde. »Nickkk!«
    sagte eine nervöse Stimme halblaut.
    Ich zog rasch die Tür auf, ohne auch nur einen Blick nach draußen zu werfen: Kelly kam mit der
    Umhängetasche hereingestürmt. Ich schloß die Tür
    wieder, verriegelte sie und drehte mich nach meiner Komplizin um.
    Ich klappte den WC-Deckel herunter, und wir setzten uns nebeneinander. Kelly wirkte aufgeregt und ängstlich zugleich. Ich war nur ängstlich, weil ich wußte, daß jeden Augenblick die Hölle losbrechen würde.
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    Dann war es soweit. Die Mutter stürmte kreischend aus der Toilette. »Hilfe, man hat mir meine Handtasche gestohlen! Wo ist Louise? Louise!«
    Das Mädchen kam heraus und begann weinend zu
    rufen: »Mommy! Mommy!«
    Ich hörte Mutter und Tochter kreischend weglaufen.
    Trotzdem mußten wir vorerst bleiben, wo wir waren. Die Leute würden scharf aufpassen; wer aus der Toilette kam, war automatisch verdächtig. Ich blieb also sitzen und sah mir die Reisepässe an.
    Wir hatten soeben Mrs. Fiona Sandborn und ihre
    Familie beraubt. Okay, nur sah Mr. Sandborn leider Mr.
    Stone überhaupt nicht ähnlich. Aber dagegen ließ sich später etwas unternehmen. Ein weiteres Problem konnte dadurch entstehen, daß beide Kinder in den Pässen ihrer Eltern eingetragen waren.
    Ich nahm alles Geld und die Lesebrille aus

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