Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
nahe. Meine rechte Hand fuhr nach unten, um die Pistole zu ziehen, während meine linke die Bomberjacke aufriss, damit ich an die Waffe herankam. Aber auch meine Reaktion kam zu spät.
Es hat keinen Zweck, einem angreifenden Hund, der so nahe herangekommen ist, ausweichen zu wollen; ohne Waffe kann man erst etwas gegen den Angreifer unternehmen, wenn er tatsächlich angegriffen hat. Man muss abwarten, bis er zugebissen hat, und dann eine Möglichkeit zur Gegenwehr finden.
Also musste ich ihn an mich herankommen lassen. Ich drehte mich halb nach links, ließ meine Jacke los und riss den linken Unterarm hoch, während ich noch immer versuchte, mit der rechten Hand an meine Pistole zu gelangen.
Der Schäferhund sah mich als leichte Beute. Er setzte zum Sprung an, öffnete mit einem tiefen Knurren das Maul und zog die Lefzen hoch, um gleich beim ersten Mal richtig zubeißen zu können. Ich sah noch, wie er in der Luft die Augen nach oben verdrehte.
Ich hielt die Stellung und war darauf gefasst, dass er zubeißen würde. Um mich herum gingen vermutlich noch andere Dinge vor, die ich aber nicht wahrnahm. Ich hörte nur noch das dumpfe Knurren des Angreifers. Dann spürte ich das Gewicht des Hundeleibs, der gegen mich prallte, und fühlte gleichzeitig, wie seine Zähne sich in meinen Arm gruben. Ich rief laut: »Sarah! Sarah!« Sie sollte mir zur Hilfe kommen und den verdammten Köter abknallen. »Sarah!«
Ich stolperte unter dem Aufprall rückwärts, aber er ließ nicht los. Inzwischen hielt meine rechte Hand den Pistolengriff umfasst: nicht vollständig, aber doch so weit, dass ich die Waffe aus meinen Jeans ziehen konnte. Der Schäferhund sprang an mir hoch und versuchte, mich zu Fall zu bringen; die Krallen seiner Hinterläufe zerschrammten mir Bauch und Oberschenkel. Dabei schlugen sie mir die Pistole aus der Hand. »Sarah!«
Ein stechender Schmerz durchzuckte mich, als seine Zähne sich durch den Jackenärmel hindurch in meinen Unterarm gruben. Mir kam es so vor, als erhielte ich eine Mehrfachinjektion mit Kanülen von der Stärke von Stricknadeln. Aber das musste ich geschehen lassen. Ich musste dafür sorgen, dass der Hund sich sicher fühlte, dass er mich als leichte Beute betrachtete. Gab ich etwas nach, würde er mich nur am Arm gepackt halten, weil er glaubte, er habe mich sicher, anstatt nochmals zuzubeißen. Als seine Zähne sich tiefer in mein Fleisch gruben, schrie ich erneut nach Sarah. Aber sie war nirgends zu sehen.
Ich hörte mehrere Schüsse, während ich taumelnd auf die Fahrerseite des Van zurückwich. Dabei bemühte ich mich weiter, wehrlos zu wirken; ich wollte nicht gegen diese Bestie kämpfen, ich wollte nur, dass Sarah um den Wagen herumkam und sie abknallte. Der Hundeführer und die Polizeibeamten würden bald auftauchen. Wir mussten schleunigst abhauen.
Das Knurren des Schäferhunds wurde tiefer, während er wie besessen den Kopf schüttelte und fester zuzubeißen versuchte.
Er stützte seine Vorderpfoten auf meine Brust, lief wie ein Zirkushund auf den Hinterbeinen stehend hinter mir her und bemühte sich weiter, meinen Arm durchzubeißen. Als wieder Schüsse fielen, begann der schwarze Köter in dem Van erneut wild zu kläffen, aber die Kiefer, die meinen Unterarm gepackt hielten, ließen mich plötzlich wie durch ein Wunder los. Auf Sarahs Hilfe durfte ich offenbar nicht hoffen. Ich würde mir selbst helfen müssen.
Der Hund war jetzt ganz zuversichtlich; er wusste, dass ich ihm nicht entkommen würde. Ich bückte mich und bekam mit meiner rechten Hand seinen linken Hinterlauf zu fassen. Das Bein zuckte wild, als er sich zu befreien versuchte.
Ich fing an, seinen Hinterlauf zu mir herzuziehen. Der Hund war wütend und verwirrt, biss noch fester zu und bewegte dabei den Kopf von einer Seite zur anderen. Ich hatte Mühe, sein Bein fest zu halten. Es tanzte von mir weg wie Michael Flatley mit einer Dosis Speed im Leib.
Ich bekam den dünnen Teil des Hinterlaufs über der Pfote fester zu fassen, zog das Bein mit aller Kraft ruckartig hoch und fing zugleich an, mich rasch um die eigene Achse zu drehen. Der Hund jaulte überrascht auf, als die Zentrifugalkraft ihn nach außen schleuderte, während er nur noch durch seine Zähne in meinem Arm und meine Hand an seinem Bein verankert war. Er musste eine Entscheidung treffen, und das tat er auch: Er ließ meinen Unterarm los.
Aber ich dachte nicht daran, im Gegenzug sein Bein loszulassen, sondern hielt es jetzt mit beiden Händen
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