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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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hinein und stopfte die Schnürsenkel oben rein, weil ich zu faul war, um sie zu verknoten.
    Als ich zwei Minuten später auf den Aufzug wartete und dabei nachdenklich meine Stiefel anstarrte, hatte ich plötzlich
    eine Idee.
    Ich rannte zur Tür von Apartment 612 zurück, sperrte auf und lief ins Schlafzimmer - genauer gesagt in den begehbaren Kleiderschrank.
    Sarah musste die Imelda Marcos der britischen Botschaft in Washington gewesen sein. Hier standen mindestens dreißig Paar Schuhe, aber keine Trekkingstiefel. Dabei hatte sie immer welche getragen, wenn wir im Gelände unterwegs gewesen waren. Was Schuhzeug betraf, war sie genau wie ich ein Gewohnheitstier.
    Allmählich kam ich wieder in Fahrt. Ich richtete mich auf und ließ meinen Blick über die Kleiderstangen gleiten. Wo war ihre Gore-Tex-Jacke? Wo war die Vlies-Innenjacke? Solche Sachen hatte sie immer getragen - auch auf dem Foto. Wichtig war nicht, was ich sah, sondern was fehlte. Und hier fehlten ihre Trekkingsachen: Stiefel, Anorak und Vliesjacke.
    Zu McDonald’s konnte ich vorläufig nicht gehen. Ich musste weiter über diese Sache nachdenken. Auf einmal war mir klar, womit mein Unterbewusstsein sich die ganze Zeit über beschäftigt hatte. Ich hatte gleich etwas geahnt, aber nicht erfasst, worum es sich handelte. Und eine Ironie des Schicksals war, dass ausgerechnet Sarah mir beigebracht hatte, auf solche Dinge zu achten.
    Sie befand sich mitten in einer ihrer hitzigen, lautstark geführten Verhandlungen. Wir hockten seit Stunden in dieser Höhle an einem großen Feuer, von dessen Rauch mir die Augen brannten und das dort Schatten warf, wo ich lieber mehr gesehen hätte. Zwei Mudschaheddin hockten in Decken gehüllt mit untergeschlagenen Beinen im Hintergrund und hielten ihre russischen Sturmgewehre in den Armen. Ich hatte sie noch bei keiner der bisherigen Verhandlungen gesehen, und sie schienen nicht recht zu den am Feuer sitzenden anderen drei Mitgliedern ihrer Gruppe zu passen.
    Auch Sarah saß in eine Decke gehüllt am Feuer und trank mit den Mudschaheddin Kaffee, während sie mit ihnen verhandelte. Als ihre Stimme zunehmend schärfer klang, wurden die beiden Männer im Hintergrund unruhig, besprachen sich murmelnd, warfen schließlich ihre Decken ab und hoben ihre Waffen. In solchen Augenblicken muss man sich sekundenschnell entscheiden, ob man eingreifen will oder nicht. Ich war mit einem Satz auf den Beinen und baute mich mit schussbereitem AK vor Sarah auf.
    Das Ergebnis war ein mexikanisches Patt wie in einem ItaloWestern. Einige Sekunden war nur das Knacken des Feuers zu hören. Dann brach Sarah das Schweigen. »Setz dich, Nick. Du bringst mich in Verlegenheit.«
    Ich war ziemlich durcheinander, als sie sich an die versammelten Mudschaheddin wandte. Sie redete wie eine Mutter, die sich für das Benehmen ihres Sprösslings auf dem Spielplatz entschuldigt. Alle sahen zu mir hinüber und begannen zu lachen, als sei ich ein kleiner Junge, der etwas völlig missverstanden hatte. Die Waffen wurden weggelegt, und das Gespräch ging weiter. Selbst die beiden Bewaffneten im Hintergrund lächelten mir zu, als sei ich eine Art Maskottchen. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie herübergekommen wären und mir freundlich den Kopf getätschelt hätten.
    Die nötigen Erklärungen gab Sarah mir erst, als wir nach Pakistan zurückfuhren. »Die Situation war nie gefährlich, Nick. Du erinnerst dich an den Alten, mit dem ich letzten
    Monat verhandelt habe?« Sie lächelte, als sie sich an das damalige Gespräch erinnerte. »Nur er könnte anordnen, mich zu beseitigen - und er ist diesmal nicht dabei gewesen. Die jungen Männer im Hintergrund wollten nur ihr Gesicht wahren. Sie hätten niemals geschossen.« Ihr Tonfall klang belehrend, als sie hinzufügte: »Es kommt nicht nur darauf an, was man sieht, Nick. Manchmal ist etwas, das nicht da ist, ebenso wichtig.«
    Vermutlich hatte sie damals Recht, aber in einer vergleichbaren Situation hätte ich trotzdem nicht anders reagiert. Dumm von Sarah, dass sie in diesem Fall ihre eigenen Lehren nicht beherzigt hatte.
    Ich setzte mich ins Wohnzimmer, um mir zu überlegen, was ich Mickey erzählen wollte - und wie ich es sagen würde. Da ich seine Karte schon nicht mehr finden konnte, schaltete ich den 3C ein, tippte seinen Namen ein und rief ihn von Sarahs Telefon aus an.
    »Hallooo.« Das klang, als esse er gerade.
    »Hallo, Kumpel, hier ist Nick.«
    »Oh, schon so bald.« Er klang überrascht. Im Hintergrund

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