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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Mom, bitte …«, erwiderte Luz mit
    resigniertem Lächeln und biss in ihren Apfel, während wir im Lagerraum verschwanden.
    Carrie schloss die Tür hinter sich. Die ins Freie
    führende zweite Tür stand offen, und ich sah, dass das Licht auf den langen Reihen weißer Pflanzkübel blasser geworden war. Der Himmel war nicht mehr strahlend
    blau, sondern mit aufziehenden Wolken bedeckt, die
    Schatten warfen, als sie an der Sonne vorbeisegelten.
    Ich gab Feuerzeug und Zigarettenetui zurück und
    erhielt als Dank dafür ein Lächeln, bevor Carrie einen Fuß aufs unterste Regal stellte und sich in die Höhe reckte, um beides hinter einigen Blockbatterien zu
    verstecken.
    Ich hatte schon etwas entdeckt, das ich brauchen
    konnte, und griff nach einem Karton, der seinem
    Aufdruck nach vierundzwanzig Büchsen Tomatensuppe
    von Campbell enthalten sollte, aber jetzt bloß noch zwei enthielt. Da ich nur den Karton wollte, nahm ich die Büchsen heraus und stellte sie ins Regal zurück.
    355
    In diesen Regalen war Little America versammelt: Sie enthielten alles von Decken und Schaufeln über Oreos und koffeinfreien Kaffee in Großpackungen bis zu Öko-Geschirrspülmittel.
    »Hier sieht’s wie in einem WalMart aus«, sagte ich.
    »Ich hatte eher einen Wigwam und Räucherstäbchen
    erwartet.«
    Darüber musste sie lachen, als sie vom Regal sprang und zur Tür ins Freie ging.
    Ich beobachtete, wie sie auf der Schwelle der offenen Tür stand, ihre Sonnenbrille aufsetzte und zu den
    Pflanzkübeln hinübersah. Dann gesellte ich mich mit der Wasserflasche und dem Suppenkarton zu ihr. Wir
    standen einige Sekunden schweigend nebeneinander.
    Das einzige Geräusch kam von dem leise im
    Hintergrund brummenden Stromaggregat.
    »Was machen Sie hier eigentlich genau?«
    Ihre Handbewegung umfasste die mit militärischer
    Präzision ausgerichteten Reihen der weißen Pflanzkübel.
    »Wir suchen neue Arten der einheimischen Flora –
    Farne, blühende Bäume, solches Zeug. Wir
    katalogisieren und vermehren sie, bevor sie auf ewig verschwinden.« Sie starrte zum Waldrand hinüber, als erwarte sie, dort weitere vom Aussterben bedrohte
    Pflanzenarten zu finden.
    »Sehr interessant.«
    Sie wandte sich mir zu und lächelte sarkastisch.
    »Yeah, natürlich.«
    Es interessierte mich wirklich. Nun, ein wenig.
    »Das nehme ich Ihnen nicht ab, aber es ist nett von 356
    Ihnen, Interesse zu heucheln. Und es ist tatsächlich sehr interessant …« Ihre Handbewegung umfasste die
    Pflanzkübel und den Himmel über ihnen, an dem jetzt dunkle Wolken aufzogen. »Ob Sie’s glauben oder nicht, Sie stehen hier in vorderster Front des Kampfes um den Erhalt der Artenvielfalt.«
    Ich nickte grinsend. »Wir gegen den Rest der Welt,
    was?«
    »Genau«, bestätigte sie.
    Wir sahen uns weniger als eine Sekunde lang an, aber für mich war das eine halbe Sekunde länger, als mir gut tat. Vielleicht erwiderte sie meinen Blick, aber wegen ihrer Sonnenbrille ließ sich das nicht feststellen.
    »In hundert Jahren wird mehr als die Hälfte der heute auf der Welt existierenden Flora und Fauna
    ausgestorben sein. Und das wirkt sich dann auf alles aus, mein Freund: Fische, Vögel, Insekten, Säugetiere,
    Pflanzen und so weiter, einfach weil die Nahrungskette abreißen wird. Dabei geht’s wohlgemerkt nicht nur um die großen charismatischen Tiere, auf die wir fixiert zu sein scheinen …« Sie hob mit gespieltem Abscheu die Hände. »›Rettet die Wale! Rettet den Tiger!‹ … Es geht nicht um diese Tiere, sondern um alle. «Ihr ernster Gesichtsausdruck verflog, als sie plötzlich lächelte.
    »Auch um die Sandfliege, mit der Ihr linkes Auge
    Bekanntschaft gemacht hat.« Das Lächeln verblasste.
    »Geht die Zerstörung von Lebensräumen wie bisher
    weiter, ist die Artenvielfalt verloren, das steht fest.«
    Ich trat ins Freie, setzte mich dort auf den
    Betonsockel, stellte den Suppenkarton vor mir ab und 357
    schraubte die Wasserflasche auf. Als ich einen Schluck trank, setzte Carrie sich neben mich und rückte ihre Sonnenbrille zurecht. Während wir beide zu den
    Pflanzkübeln hinüberstarrten, berührte ihr Knie ganz leicht meines, als sie weitersprach. »Auf der Erde hat es ein solches Artensterben seit der Entstehung höherer Lebensformen erst fünf Mal gegeben. Und stets als
    Folge einer Naturkatastrophe.« Sie streckte ihre Hand nach der Wasserflasche aus. »Denken Sie an die
    Dinosaurier. Die sind ausgestorben, weil vor etwa
    fünfundsechzig Millionen Jahren ein Meteorit die

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