Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
Vom Netzwerk:
andere ist unwichtig.
    21
    Fleisch und Stoff wollten unter keinen Umständen
    voneinander lassen. Sie waren nun seit so vielen Stunden zusammen, dass sie nicht mehr getrennt werden wollten.
    Ich riss den Notverband wie ein Heftpflaster mit einem Ruck ab und bereute das sofort: Die Schmerzen waren fast unerträglich – schon bevor Seifenwasser in die rot entzündete Wunde lief.
    299
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Ich konnte nicht anders.
    Während ich die Zähne zusammenbiss und die
    Wunde mit Seife auswusch, hörte ich ein Geräusch vom Ausguss her. Ich steckte meinen wieder klaren Kopf aus der Dusche, um mich bei Carrie für das Handtuch und die Klamotten zu bedanken, aber dort stand nicht sie, sondern Luz – zumindest vermutete ich, dass sie es war.
    Sie trug ein langes blaues, ziemlich verwaschenes TShirt als Nachthemd und hatte den wildesten schwarzen Wuschelkopf, den ich je gesehen hatte – wie Scary Spice unter Strom. Neben ihr auf der Abtropffläche lagen ein kleiner Stapel Khakisachen und ein blau gestreiftes Handtuch. Luz stand da und starrte mich mit großen
    schwarzen Augen über hohen, deutlich ausgeprägten
    Wangenknochen an. Sie würde eines Tages eine
    bildschöne Frau werden, aber bis dahin waren es noch ein paar Jahre. Ihr Körper war knabenhaft schlank, und unter dem Saum des T-Shirts waren dünne Beine zu
    sehen, die an den Schienbeinen blaue Flecken von wilden Spielen trugen.
    Sie betrachtete mich nicht ängstlich oder verlegen, sondern schien diese seifige Version von Darth Maul, die ihren Kopf hinter dem Duschvorhang
    hervorstreckte, nur interessiert zu begutachten.
    »Hola.«
    So viel Spanisch verstand ich. »Oh, hola . Du bist Luz?«
    Sie nickte, während sie mich einzuordnen versuchte, oder vielleicht fand sie nur meine Aussprache
    merkwürdig. »Mom hat mich gebeten, Ihnen diese
    300
    Sachen zu bringen.« Sie sprach amerikanisches Englisch mit leichtem spanischem Akzent.
    »Vielen Dank. Ich bin Nick – freut mich, dich kennen zu lernen, Luz.«
    Sie nickte wieder. »Okay, bis später …« Dann ging
    sie und machte einen kleinen Umweg, um nicht an der Dusche vorbeigehen zu müssen.
    Ich kümmerte mich wieder um meine Wunde. Sie war
    ungefähr zehn Zentimeter lang und etwa zwei
    Zentimeter tief, aber wenigstens war es ein glatter Schnitt.
    Seife und Shampoo begannen an mir anzutrocknen,
    während ich dastand und versuchte, meinen Job und
    mich selbst in den Griff zu bekommen. Ich drehte das Wasser wieder auf, spülte mich die erlaubten sechzig Sekunden lang ab und pisste dabei auch. Mein Urin war scheußlich dunkelgelb, was bedeutete, dass ich stark dehydriert war. Ich vermutete, dass das der Grund für meine Schwindelanfälle war.
    Ich frottierte mich im Freien ab und zog dann Aarons Klamotten an: eine reichlich große Unterhose, eine
    Khakihose mit je einer Kartentasche an den Beinen und ein sehr altes, verwaschenes graues T-Shirt, das die Welt auffordert: Just do it . Die Hose war mir um die Taille zu weit, aber sie ließ sich mit ihrem Gürtel zusammenziehen. Die Beintaschen hatten gute
    Klettverschlüsse, deshalb verstaute ich Geldbörse,
    Reisepass und Flugticket, die in den Plastiktüten
    blieben, in der rechten Kartentasche.
    Da ich keine Zahnbürste hatte, begnügte ich mich
    301
    damit, etwas Zahncreme auf meinen Zeigefinger zu
    drücken und mir so die Zähne zu putzen. Nachdem ich mein feuchtes Haar mit den Fingern gekämmt hatte,
    trank ich an dem mit einem T gekennzeichneten Hahn
    von dem bitter schmeckenden Wasser, bis ich außer
    Atem war, und spürte, wie die dringend benötigte
    lauwarme Flüssigkeit meinen Bauch spannte.
    Als Nächstes zog ich den Leatherman aus seinem
    Etui, um Diegos Blut abzuwaschen, und steckte ihn
    dann ein. Nachdem ich noch einmal viel Wasser
    getrunken hatte, hängte ich das nasse Handtuch wie ein braver Junge auf die Wäscheleine. Mit meinen
    zusammengerollten alten Sachen in der linken und
    meinen Timberlands in der rechten Hand ging ich zum Lagerraum zurück, kroch unters Feldbett, um mir
    Diegos Geldbörse zu angeln, nahm den Erste-Hilfe-
    Koffer und das Satellitenfoto mit und setzte mich
    draußen wieder auf den Betonsockel.
    Auf dem Satellitenbild war deutlich die Zufahrt vom Tor zu Charlies Haus erkennen, außerdem geparkte
    Autos, Dieselqualm von einer Planierraupe, die eben einen Baumstumpf aus der Erde zog, und Leute, die am Pool faulenzten. Diese Aufnahme war in Ordnung, aber sie verriet mir nichts, was ich nicht schon wusste. Ich

Weitere Kostenlose Bücher