Nick Stone - 04 - Eingekreist
hatten so viel Glück. Ich hörte Glas zersplittern und verbogenes Metall kreischen, bevor erregte Stimmen auf Spanisch zu streiten begannen.
Aaron zuckte verlegen mit den Schultern. »Tut mir Leid, dass ich so scharf bremsen musste.«
Weshalb wir alle standen, war nun deutlich zu sehen. Vor uns überquerte eine lange Reihe von etwa zehnjährigen Schulkindern, die sich paarweise an den Händen hielten, die Straße in Richtung Strandpromenade. Die Mädchen trugen alle weiße Kleider, die Jungen blaue Shorts und weiße Hemden. Eine Lehrerin schimpfte einen Taxifahrer aus, der sich über die Verzögerung beklagte und dabei mit einem aus dem Fenster gestreckten behaarten Arm herumfuchtelte. Um uns herum schienen alle zu hupen, als ob sich damit irgendetwas hätte beschleunigen lassen.
Wie in Kolumbien gab es hier zwei Arten von Kindergesichtern. Die Kinder spanischer Abstammung hatten wilde schwarze Locken und einen olivenfarbenen Teint, während die glatthaarigen Indianer feinere, etwas flachere Gesichter, kleinere Augen und einen brauneren Teint hatten. Aaron grinste, während er beobachtete, wie die Kinder miteinander schwatzten und das Gehupe völlig ignorierten. »Haben Sie Kinder, Nick?«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. In Gespräche dieser Art wollte ich mich nicht verwickeln lassen. Je weniger er über mich wusste, desto besser für uns beide. Ein Profi hätte nicht danach gefragt, und es war seltsam, mit jemandem zusammen zu sein, der keine Ahnung hatte, was Sache war. Außerdem würde ich ab kommende Woche kein Kind mehr haben — es würde allein Josh gehören.
»Oh.«
Die Kinder wurden jetzt von ihren Lehrerinnen auf der Strandseite der Straße zusammengetrieben. Zwei kleine Mädchen, die sich weiter an den Händen hielten, starrten ihn an — oder vielleicht eher meine Sonnenbrille. Aaron drehte ihnen eine lange Nase und machte dabei ein komisches Gesicht. Sie streckten ihm die Zunge heraus und kicherten dann miteinander, weil ihre Lehrerinnen sie nicht dabei erwischt hatten.
Aaron sah zu mir hinüber. »Wir haben ein Mädchen, Luce. Sie wird diesen November fünfzehn.«
»Oh, nett.« Ich konnte nur hoffen, dass er nicht anfangen würde, Fotos aus seiner Geldbörse zu holen — dann würde ich sagen müssen, wie hübsch sie war und so weiter, selbst wenn sie ein fades Pfannkuchengesicht hatte.
Der Verkehr kam wieder in Fluss. Aaron winkte den beiden Mädchen zu, die ihre Daumen in die Ohren steckten und mit den Fingern wedelten.
Wir kämpften uns weiter durch den dichten Verkehr auf dem Boulevard. Rechts von uns lag eine Siedlung mit großen Villen im spanischen Kolonialstil, die nur staatliche Gebäude sein konnten. Sie waren alle tadellos gestrichen und standen auf weiten Rasenflächen zwischen Wasserfällen und Fahnenmasten, an denen die Flagge Panamas mit ihren rotweißblauen Quadraten und zwei Sternen wehte. Zwischen den Gebäuden lagen gepflegte Parks mit überlebensgroßen Bronzestatuen spanischer Eroberer aus dem 16. Jahrhundert mit Blechhelmen und Kniebundhosen, die mit ihren Schwertern heroisch in Richtung Meer deuteten.
Wenig später kamen wir an den gleich eindrucksvollen Botschaften der Vereinigten Staaten und Großbritanniens vorbei. Vor den Gebäuden flatterten die Stars and Stripes und der Union Jack über Bäumen und hohen Schutzzäunen. Die Dicke der Panzerglasscheiben zeigte, dass sie nicht nur zur Zierde da waren.
Mich interessierte nicht nur, wie man die Stadt notfalls schnellstens verlassen konnte, sondern auch die Lage meiner Botschaft. Es war immer tröstlich, im äußersten Notfall einen Zufluchtsort zu haben. Botschafter reagieren nicht gerade freundlich auf Hilfeersuchen inoffizieller K-Agenten. Da Leute wie ich nicht durchs Tor eingelassen wurden, hätte ich über den Zaun klettern müssen. War ich jedoch erst einmal drin, konnte mich der Sicherheitsdienst nicht einfach wieder auf die Straße setzen.
Wir erreichten das Ende der Bucht und damit offenbar die ärmeren Stadtviertel. Hier wirkten die Gebäude heruntergekommen; viele brauchten einen neuen Anstrich, manche waren regelrecht baufällig. Trotzdem war auch hier etwas von Bürgerstolz zu sehen. Zum Strand hin erhob sich eine einen Meter hohe
Mauer, die weniger als Schutz vor den Wellen diente, als vielmehr verhindern sollte, dass Leute auf den Strand hinunterfielen. Sie war mit blauen Mosaikkacheln geschmückt, und eine Kolonne von etwa zehn Frauen in Jeans und gelben T-Shirts mit dem Rückenaufdruck
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