Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
„Also doch Kevin!“
Die anderen ziehen sich aus, Chris geht mit gesenktem Kopf an den Spielfeldrand. Nick sieht mich fragend an. Ich schüttle den Kopf.
„Hat keinen Zweck. Ich lass' ihn in Ruhe. Er will mich jetzt nicht sehen.“
Josy ist rübergegangen. Beide stehen schweigend nebeneinander.
Martin kommt gutgelaunt an. „Na? Geht's los?“ Tut es. Und mein Sohn muss zugucken.
„Kevin ist ein Angeber, der sich bloß in den Vordergrund spielt... Technik hat er nicht, er staubt bloß ab!“ Nick ist sauer.
Er hat Recht. Ich beobachte Kevin auch schon die ganze Zeit.
Er reißt halt ständig das Maul auf und kommandiert die anderen herum. Da, jetzt lässt er sich ganz simpel austricksen! Verflixt noch mal, sieht das der Trainer nicht?
„Hast du das gesehen?“ Nick ist auch auf hundertachtzig.
„ So'n Anfängerfehler!“
Dieser Fehler führt auch gleich zum 1:0. Scheiße. „Tor!“, jubelt Martin neben mir. Nick und ich sehen ihn genervt an.
„Das war nicht die richtige Mannschaft“, kläre ich ihn auf.
„Ach so.“ Martin wirkt betreten.
So war er schon immer.
'Wie hat's Mathilde bloß so lange mit ihm ausgehalten?', denke ich.
'Er muss Qualitäten haben, von denen ich nichts ahne ...' Sie und er gemeinsam, das war wie Feuer und Wasser. Ich hätt's nie für möglich gehalten, dass sie so lange zusammenbleiben würden.
Na ja, andererseits, wenn ich mir so überlege, dass ich auch sechzehn Jahre mit Renate zusammen war, obwohl wir nur wenig Gemeinsamkeiten hatten ...? 'Ob Renate mit Tati glücklicher ist?', denke ich.
Nick friert, ich seh's ihm an. Ihm fehlt ganz einfach die wärmende Speckschicht.
Es gibt immer wieder diese Momente, so wie jetzt, wo ich's unglaublich finde, dass ich einen Mann liebe. Der noch wie ein Junge aussieht.
Wahrscheinlich wird er erst Ende dreißig wie Mitte zwanzig aussehen.
Wie alt bin ich denn dann?
Ich denke besser nicht darüber nach.
Unsere Zeit ist jetzt und ich genieße jeden Tag mit ihm. Und jede Nacht.
Nick
Jan wirkt heute ungewohnt still und nachdenklich. Er sieht mich an, ich spür's .
„Na? Ist dir kalt?“, fragt er mich zärtlich.
„Ja“, schlottere ich, „in der Halbzeitpause setz' ich mich erst mal ins Auto!“
Er kommt einen Schritt näher.
„Denk' an Chris!“, warne ich ihn.
„Mir ist warm“, sagt er, „ich würde dich gern mit unter meine Jacke nehmen!“
„Weiß ich doch“, bibbere ich.
„Wülste noch meinen Pulli?“, fragt er, „mir reichen das T- Shirt und die Jacke!“
Dieses Angebot schlag' ich nicht aus.
Wir ziehen unsere Jacken aus und er streift sein Sweatshirt ab. Es ist total warm und riecht so toll nach ihm. Darüber noch die Jacke - jetzt ist's okay.
„Ich danke dir“, sage ich, „und dir ist wirklich nicht zu kalt jetzt?“ „Ach, wo“, sagt er.
Martin hat uns verwundert angeguckt und ein paar Eltern haben auch rüber gesehen.
Eine spitznasige Blonde spricht Jan an.
„Ich hab' ihre Frau schon lange nicht mehr gesehen!“, sagt sie und lacht affektiert, „sonst war sie doch auch gerne dabei!“
Und zwischendurch mustert sie mich immer wieder neugierig.
Jan sieht stur an ihr vorbei auf's Feld und sagt nichts. 2:0. Und wer hatte den Fehlpass gegeben? Richtig.
„Also dieser Kevin ist echt 'ne Pfeife“, sage ich wütend zu Jan, „wird Zeit, dass der Trainer mal auswechselt!“ Die Blonde guckt mich pikiert an.
„Stimmt“, sagt Jan, „Kevin ist 'ne Flasche!“ Die Blonde dreht sich um und stapft davon.
„Wieder für die Falschen?“, fragt Martin unsicher. Wir können nur unwillig schnaufen.
Halbzeit.
Josy kommt angeschlendert und stellt sich neben mich.
„Chris ist hundertmal besser als dieser Kevin“, sagt er.
„Wenn der Trainer den jetzt nicht rausnimmt, sollte er den Verein wechseln!“
Chris spielt in der zweiten Halbzeit. Kevin geht mürrisch an uns vorbei zu seiner Mutter.
Es ist die spitznasige Blonde mit der affektierten Lache. Wer sonst?
Josy macht Stimmung.
„Christoph - Christoph!“ Sein Organ ist meilenweit zu hören. Ich glaube, den Jungs von St. Pauli würde es glatt auffallen, wenn Josy während eines Heimspiels nicht da wäre. Es scheint Christoph anzuspornen.
Er entwischt seinem dicklichen Verteidiger und verkürzt zum 2:1.
Begeistert sieht er zu uns rüber. Wir jubeln stürmisch.
Auch Martin, nachdem er sich vergewissert hat, dass er's darf. Die anderen legen sich jetzt auch noch mal ganz schön ins Zeug.
Der Torwart von
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