Nick u. Jan 3 - Das Finale - mitten ins Herz
begrüßen. „Gut siehst du aus", sagt er anerkennend, „Mensch, ich fass es immer noch nicht, dass ich einen so hübschen Sohn zustande gebracht habe!"
Wir sitzen in der Küche. Ich habe Salat gemacht und Fladenbrot vom Türken geholt und wir trinken seinen Rotwein und es ist sehr nett (ich erzähle vom Studium und von
Katharina, in die ich angeblich frisch verliebt bin), da höre ich einen Schlüssel in der Tür.
Ach, du Kacke !, denke ich und zucke innerlich zusammen, Uli! Jetzt könnte ich mir natürlich in den Arsch beißen, dass ich ihn nicht eingeweiht habe. Habe ich glatt nicht für nötig gehalten.
„Oh, mein Mitbewohner", sage ich und springe hastig auf, „so was! Ich dachte, der ist gar nicht da! Augenblick!" Und ich eile auf den Flur, um mein Versäumnis schnellstens nachzuholen, damit sich Uli nicht verplappert. Es kommt noch dicker.
Dietlinde ist auch dabei - und der Automechaniker! Das muss irgendwie mit Murphys Gesetz zusammenhängen. Es trifft einen immer noch fieser, als man sich's vorstellen kann. Seit sechs Jahren kenne ich Ulis Gewohnheiten und seit sechs Jahren ist er am Donnerstag immer über Nacht bei Dietlinde gewesen, weil sie da ihren Bridge-Abend haben mit noch zwei anderen Tunten und ausgerechnet heute...! War ja irgendwie klar. „Ach, schau an, mein verlorener Wohnungsgenosse!", lallt Uli und stützt sich an der Tür zu Josys ehemaligem Zimmer ab. Weil er sternhagelblau ist... auch das noch!
Die Tür war nur angelehnt und er verschwindet urplötzlich. Ein lautes Krachen ist zu hören.
Ich stoße Dietlinde beiseite, der seinen Automechaniker genüsslich abknutscht (Typ junger Bruce Willis. Ich wusste doch, dass Dietlinde auf den steht ...!) und gehe in Josys Zimmer. Uli liegt lang ausgestreckt auf dem Teppich und kichert. „ ... Garnichtgemerkt ... warjanurangelehnt ... sah's komisch aus?" Normalerweise hätt' ich mir ob dieser Situationskomik auf die Schenkel geklopft und noch 'ne Stunde später Lachtränen in den Augen gehabt, aber so ...?
„Uli, hör mir jetzt mal zu", sage ich beschwörend und hocke mich neben ihn, „ich hab' dir doch erzählt, dass mein Vater da ist!"
„Jawohl ja, hass du", brabbelt Uli. Scheiße. Er ist verdammt blau. Mit geschlossenen Augen liegt er da. Ob sich sein Vorbild Oscar Wilde auch solchen Exzessen hingegeben hat? „Du, er denkt, ich bin normal ... hast du kapiert?" Uli reißt für einen Moment die Augen auf, weil diese Ungeheuerlichkeit tatsächlich an die richtige Anbindungsstelle in sein umnebeltes Hirn gedrungen ist „ Wassagssu ?" Seine Zunge scheint ein Eigenleben zu führen.
„Ich bin nicht schwul, Uli, er denkt, ich bin 'n Hetero!", versuche ich ihm eindringlich einzubläuen.
„He? He! He, Hetoro , Hotere , He, Ho ... ", singt Uli leise vor sich hin. Hat keinen Zweck.
Ich lasse ihn liegen und gehe auf den Flur, wo sich der Niedergang von Anstand und Sitte breitmacht. Dietlinde steht nur noch im lila Slip da und der Automechaniker lässt gerade die Jeans runter.
Ich erhasche einen Blick auf eine Leopardenunterhose...! Mein Gott.
„Geht in Ulis Zimmer!", zische ich die beiden Schamlosen an, „ich hab' 'nen Gast!" In dem Moment kommt Jens aus der Küche. Er zieht überrascht seine Augenbrauen hoch. „Oh", sagt er, „da stör' ich wohl gerade, was?"
Uli, wenn er nicht gerade blau ist...
J A N
Nebenan wurde gehämmert und geklopft und gesägt. Bis vorgestern waren die Maler da. Und heute Morgen, als ich zur Arbeit fuhr, stand bereits ein großer LKW von einer Möbelspedition vorm Haus. Heute ziehen die Neuen wohl ein.
Feierabend.
Ich steige aus dem Bus und beginne die Einkäufe herauszuschleppen. (Nick hat sich seit fast zwei Wochen nicht mehr darum gekümmert, es ist 'ne ganz schöne Abhetzerei für mich ... auf der anderen Seite ist es eine Ausnahmesituation, weil sein Vater da ist und überhaupt, wenn ich solo wäre, dann hätte das für mich seit letztem Jahr so ausgesehen.) Beim Heraushieven der Wasserkästen sehe ich die Blonde mit dem Mädchen aus dem Auto steigen.
„Hallo!", sagt sie freundlich. Ich gehe zum Zaun. Sie kommt mir entgegen.
„Da kann ich mich gleich mal vorstellen", sagt sie, „ich heiße Doris Winkler und das ist Anna, meine Tochter ... wir sind die neuen Nachbarn!" Wir geben uns die Hand. „Jan Grewe", sage ich. „Da fällt mir ja ein Stein vom Herzen ... neulich sah ich doch so ein gruseliges Pärchen, die geradewegs der Addams-Family entsprungen sein konnten
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