Nickel: Roman (German Edition)
ist dein Vorrat?«
»Im Wald. Wie gesagt, ich hab alles gemacht, was du gesagt hast.«
»Gut, das ist gut.«
»Nichts ist gut, Mann. Ich brauche Geld! Im Ernst, ich hab mich bei meinem letzten Kauf ziemlich verausgabt und ich muss eine Rate fürs Auto zahlen.«
»Das war schlampig.«
»Hör mal, das weiß ich, klar? Ich hab’s vermasselt, aberzumindest hab ich’s nicht total vermasselt. Ich kann eine Weile nicht verkaufen. Ich muss warten, bis es nicht mehr so heiß ist.«
»Dein Direktor hat dir nicht geglaubt?«
»Er hat mir kein einziges Wort geglaubt. Er hat mich angesehen, als wollte er mich fressen, und als sie meinen Spind durchsucht und nichts gefunden haben, war er wirklich sauer, Mann, also so richtig stinkig. Der wird eine Weile hinter mir her sein.«
Nicht gut. »Wie lange wirst du freinehmen?«
»Ich weiß nicht genau.«
»Irgendjemand anderes, dem du vertraust?«
»Du meinst wirklich vertrauen? Nein.«
»Sicher? Denk nach.«
»Hör mal, Nic… Da muss ich nicht lange nachdenken, klar? Die Freunde, die ich habe, verdanke ich dem Geld und dem Gras. Die wissen das und ich weiß das. Es ist mir sogar ganz recht, aber keiner von denen wäre auch nur einen Pfifferling wert, wenn es hart auf hart käme. Du bist der einzige echte Freund, den ich je hatte, und wir sind uns nicht mal begegnet.«
Ich hielt es nicht für zweckdienlich, ihn darauf hinzuweisen, dass auch unsere Beziehung allein auf Geld und Gras beruhte.
»Nimm einen Monat frei, nicht mehr, nicht weniger. Wenn die Lage sich bis dahin nicht wieder beruhigt hat, müssen wir überlegen, ob eine Verkäuferposition für dich noch infrage kommt. Ich schmeiße heute Abend fünfzehnhundert in den Kasten; hol sie dir morgen früh. Kommst du damit einen Monat hin?«
»Das wäre fantastisch, Mann. Das würdest du wirklich tun?«
»Kein Problem. Bring die Sache in Ordnung, hol dir deinen Bunker zurück und verkauf weiter. Wir werden Boden gutmachen müssen, aber das ist schon okay.«
»Danke, Mann.«
Schwer atmend legte ich auf. Würde Gary mich verpfeifen? Konnte er eine Verbindung zu mir herstellen, wenn er es wirklich darauf anlegte? Die Antwort auf die erste Frage war Nein, aber wie sah es mit der zweiten aus? Darüber wollte ich nicht nachdenken, selbst an einem schönen Tag mit Sonne im Gesicht nicht. Ich sah mich nochmals an der Tankstelle um und fuhr nach Hause. Ich fuhr langsam, als hätte ich keine Sorgen auf der Welt. Aber ich machte mir Sorgen wegen Gary; allein bei dem Gedanken, dass er schwächelte, wurde meine Welt grau. Es hatte viel Zeit und Kraft gekostet, ihn aufzubauen, und ich wusste nicht, ob ich die Zeit und die Kraft hatte, das erneut zu tun. Ich stellte das Fahrrad ab und betrat das Haus. Ich dachte ans Mittagessen und ging duschen.
Danach aß ich ein Sandwich mit Erdnussbutter und Marmelade, stellte das Wasser im Garten an und setzte mich auf die Stufe. Ich dachte an Gary und schob den Gedanken beiseite. Ich musste mir Gedanken zu Shelby machen. Dann fiel mir ein, dass ich telefonieren musste. Und so wie der Garten aussah, hatte ich hier draußen auch einiges zu tun. Ich ging ins Haus, um Arrow anzurufen. Pot ernten konnte ich auch später.
Ich rief sie von Leitung zwei an. Ob ich sie auf dieser Leitung schon mal angerufen hatte, wusste ich nicht mehr. Sie sagte: »Hallo?«
»Ich bin’s.«
»Ich muss mit dir reden.«
»Sollen wir uns im Park treffen?«
»Klar. Gleiche Zeit?«
»Passt.«
Sie legte auf. Ein Mädchen, wie es mir gefiel. Sie lernte schnell. Ich sah auf den Pager und rief die andere Nummer an. Keiner zu Hause, kein Anrufbeantworter. Hoffentlich war es nicht allzu wichtig. Ich ging in die Garage, holte mein Gärtnerwerkzeug und einen Eimer. Den restlichen Nachmittag über erntete ich Pot und trug es zum Trocknen in den Keller. Wenn bei Gary nicht bald wieder alles im grünen Bereich war, würde ich ein Platzproblem bekommen. Als ich fertig war, brauchte ich schon wieder eine Dusche. Ich fühlte mich, als wäre ich an einer Kiefer hochgeklettert, und ich roch, als wollte ich die Sechziger ganz allein wiederauferstehen lassen. Es wurde Zeit für meine Verabredung, also fuhr ich los.
Kapitel 9
Als ich zur Parkbank kam, wartete Arrow schon auf mich. Augenklappe war da, wo er hingehörte, und alles sah gut aus. Ich stellte das Fahrrad in den Fahrradständer und ging zu ihr. Sie trug einen kurzen Rock und einen kurzärmeligen Kapuzenpulli. Falls das unauffällig wirken sollte, funktionierte es nicht.
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