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Nie Wirst Du Entkommen

Nie Wirst Du Entkommen

Titel: Nie Wirst Du Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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spät.«
    »Er kann noch ein paar Minuten warten.«
    Aidan zuckte zusammen, als Tess’ Nägel sich beim Klang der Stimme in seinen Nacken gruben. Zusammen drehten sie sich um und sahen einen älteren großen Mann, der seine massiven Arme vor der Brust verschränkt hatte. Dass er viele Jahre körperliche Leistung vollbracht hatte, war seinem Oberkörper deutlich anzusehen. Die Miene, die er zur Schau trug, war – positiv ausgedrückt – finster zu nennen; es war die Miene eines Vaters, der den Mann musterte, mit dem seine Tochter eine heiße Nacht verbracht hatte.
    »Mr. Ciccotelli.« Er hielt ihm die Hand entgegen. »Ich bin Aidan Reagan.«
    Tess’ Vater betrachtete die Hand nur, ohne sie zu nehmen, und das Schweigen wurde peinlich. Schließlich ergriff Tess Aidans Hand selbst und seufzte müde. »Dad. Ich habe dich nicht erwartet.«
    Er betrachtete sie mit kühlen Augen, und Aidan erkannte, von wem sie dieses Talent geerbt hatte. »Das denke ich mir«, sagte er schließlich. »Können wir uns unter vier Augen unterhalten?«
    Sie warf Aidan einen wachsamen Seitenblick zu. »Fahr ruhig. Ich rufe dich an.«
    Aidan trat zurück und stieß selbst einen Seufzer aus, als ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Dann wandte er sich um. Er wollte nicht zum zweiten Mal hintereinander zu spät kommen.

Donnerstag, 16. März, 7.30 Uhr
    Joanna sah stirnrunzelnd in ihre Schreibtischschublade. Sie suchte Fotopapier, um ein paar Bilder auszudrucken, die sie für ihren Enthüllungsartikel über Dr. Jonathan Carter gemacht hatte, aber es fehlte die Hälfte. »Keith, hast du Bilder ausgedruckt?«
    Er band sich gerade die Krawatte und sah nicht auf. »Nein.« Die Aktenmappe in der Hand, ging er auf die Tür zu.
    Seine Stimme war eisig gewesen, und sie starrte seinen Rücken an. »Ich sagte, es tut mir leid, Keith.«
    Er blieb stehen, die Hand auf dem Türknauf. »Ich bin mir nicht sicher, ob du die Bedeutung dieses Ausspruchs kennst, Jo. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, wer du bist. Wir sehen uns heute Abend.«
    Die Tür klickte, als er sie behutsam schloss. Es wäre besser gewesen, wenn er sie zugeworfen hätte, aber Keith war kein solcher Mensch. Dann hob sie die Schultern. Er würde das schon verarbeiten. Das tat er immer. Jetzt gab es Wichtigeres. Einer von Ciccotellis Freunden zappelte am Klebestreifen. Nun die nächste Fliege einfangen. Sie hatte bereits ein wenig nachgeforscht. Da war etwas Interessantes. Sie spürte es.

Donnerstag, 16. März, 7.40 Uhr
    Mit Michael Ciccotelli war noch nie gut Kirschen essen gewesen. Aus dem angrenzenden Zimmer kam ihre Mutter, die erschöpft und müde und … hin und her gerissen wirkte.
    Tess sah wachsam von einem zum anderen. »Wann seid ihr angekommen?«
    »Gestern Abend«, sagte ihre Mutter.
    Jetzt verstand sie Vitos mitternächtlichen Besuch. Tess setzte sich. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    Ihre Mutter rang nervös die Hände. »Du wolltest nicht zu uns kommen, also …«
    »Gina, setz dich.« Sanft drückte ihr Vater ihre Mutter auf einen Stuhl, dann stellte er sich hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Was geht hier vor, Tess?«
    Er war blass, seine Lippen farblos. Seine großen Hände zitterten. »Setz du dich auch hin, Dad.«
    »Ich entscheide, ob ich mich setze. Ich habe dich gefragt, was hier los ist. Du kannst mit diesem Reagan anfangen.«
    »Er ist sehr nett. Wir …« Ihr fehlten die Worte. Er hatte sich um sie gekümmert, aber das war nicht das selbstbewusste Bild von sich, das sie übermitteln wollte. »Wir sind zusammen«, sagte sie schließlich.
    Ihr Vater hob die Brauen. »Ich verstehe.«
    Auch sie hob die Brauen. »Da bin ich mir sicher«, erwiderte sie kalt.
    »Tess«, mahnte ihre Mutter, und Tess sprang auf die Füße.
    »Warum seid ihr gekommen?«
    »Sei nicht so unhöflich«, brummelte Vito.
    »Sei du bloß still. Ich habe keine Lust, mich von euch als gefallene Frau abstempeln zu lassen. Ich bin dreiunddreißig Jahre, um Himmels willen. Er ist der erste Mann seit … seit einem Jahr.«
    »Nach Phillip.« Ihr Vater verzog das Gesicht. »Zur Hölle mit ihm.«
    Das Bedürfnis zu Lachen schien aus dem Nichts zu kommen, und Tess musste es sich verbeißen. »Aidan nennt ihn ›Dr. Zur-Hölle-mit-ihm‹«, sagte sie, und die Lippen ihres Vaters zuckten.
    Ihr Herz wurde ein ganz klein wenig weicher und ihre Stimme auch. »Dad, Vito hat gesagt, du seiest krank. Warum bist du die weite Strecke geflogen?«
    Er schluckte.

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