Nie Wirst Du Entkommen
Murphy sie loslassen musste. »Nein, hätten Sie wirklich nicht. Ich habe Ihnen Lesestoff vorbeigebracht. Einen schönen Tag, Todd.« Und dann war sie fort und ließ ihn einfach stehen.
Murphy ließ den noch immer ausgestreckten Arm sinken und ging zu seinem Tisch, ließ sich auf den Stuhl fallen und starrte eine volle Minute ins Leere, bevor er den Bericht über Danny Morris entdeckte. Er schluckte. »Scheiße. Toller Start in den Tag.«
Aidan holte zwei Kaffee und setzte sich auf die Kante von Murphys Tisch, der an seinen stieß. »Murphy, sag mir, was zwischen dir und Ciccotelli war. Kristen meint, du weißt etwas über einen Angriff auf sie im vergangenen Jahr.«
Murphy umfasste seinen Becher mit beiden Händen. »Es ist kalt draußen.«
»Eben gerade war es hier drinnen buchstäblich eisig.«
Murphy grunzte. »Ja, und noch mal scheiße.« Dann stieß er langsam den Atem aus und lehnte sich zurück. »Ungefähr zwei Wochen nach der Sache mit Harold Green wurde Tess gebeten, einen anderen Verdächtigen zu begutachten.«
»Das muss gewesen sein, bevor der Vertrag mit der Stadt aufgelöst wurde.«
Murphy blickte scharf auf. »Ja. Davor. Dieser Typ, den sie sich ansehen sollte, war ein schlechter Schauspieler. Er hatte seine Vermieterin und ihren bettlägerigen Ehemann ermordet. Er behauptete, schizophren zu sein, aber der Staatsanwalt war überzeugt, dass er einfach nur high gewesen war. Sein Anwalt wollte auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Ziemlich großes Tier in seiner Branche.« Murphy schwieg einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Sie brachten ihn, an Händen und Füßen gefesselt, hinein. Tess setzte sich so weit wie möglich von ihm weg. Der Kerl war mein Fall, deshalb saß ich draußen und beobachtete ihn gemeinsam mit dem Staatsanwalt – Patrick Hurst. Aber im Raum war noch ein Wachmann. Als er Tess einen Blick zuwarf, war mir alles klar.« Murphy sah zur Seite und verzog verächtlich die Lippen. »Mistkerl. Der Blick war richtig angewidert, verstehst du?«
»Ja, ich glaube schon.« Und plötzlich schämte er sich, weil er verstand. »Und was hat der Verdächtige gemacht?«
»Hat die Gelegenheit genutzt. Plötzlich stürzte er über den Tisch und packte sie.« Er stellte den Kaffeebecher ab. »Er legte ihr die Kette seiner Handschellen um den Hals und drohte, ihr das Genick zu brechen.«
Aidan verzog gequält das Gesicht. »Und der Wachmann?«
Murphy stieß seine Zunge gegen die Innenseite seiner Wange. »Griff mit einiger Verzögerung ein. Fünfzehn Sekunden später war ich drin, aber der Schaden war schon angerichtet. Der Typ hatte sie herumgewirbelt und ihren Kopf gegen die Wand gerammt, dann hielt er sie fest und würgte sie. Ich werde den Ausdruck in ihren Augen nie vergessen. Sie glaubte, er würde sie umbringen.«
»Und du hast den Kerl überwältigt?«
»Ich, der Staatsanwalt und zwei Wachen. Inzwischen war sie ohnmächtig. Er hat ihr den Arm gebrochen und den Schädel angeknackst. Sie hat am Hals noch eine Narbe von der Kette.«
Aidan dachte an den roten Schal, den sie um den Hals getragen hatte, und begriff. Er dachte an die Hände dieses Schweins um ihren Hals und spürte eiskalte Wut. »Und dann warst du bei ihr im Krankenhaus und hast an ihrem Bett gesessen.«
»Ja. Ich habe ihren Bruder angerufen, der sich in Philadelphia ins Flugzeug setzte. Am nächsten Tag ging ich wieder zu ihr, und wir unterhielten uns. Das heißt, sie konnte nicht sprechen. Sie musste alles aufschreiben. Aber nach ein paar Tagen war ihre Stimme wieder da.« Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Sie hat mich an meine kleine Schwester erinnert, so kess wie sie war. Wir wurden Freunde.«
»Tut sie es noch?«
Murphys Brauen hoben sich. »Was – mich an meine Schwester erinnern? Ja.« Er lehnte sich erneut zurück und musterte Aidan nachdenklich. »Erinnert sie dich auch an deine kleine Schwester, Aidan?«
Er zog eine Lüge in Erwägung, entschied sich dann aber dagegen. »Nein.«
Murphy lachte leise. »Da brat mir doch einer einen Storch.«
»Sprich das Thema noch einmal an, und ich brate dich.«
»Warum? Sie hat das hier nicht getan, und das weißt du. Wir sorgen dafür, dass sie vom Verdacht befreit wird, und du hast freie Bahn.«
»Uninteressant, Murphy.« Weil Frauen wie Tess Ciccotelli hochgradig anspruchsvoll waren. Aidan griff hinter sich und nahm ein Papier aus dem Drucker. »Das sind alle Blumenläden im Umkreis von einigen Meilen um Adams’ Haus. Ich dachte, wir finden
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