Nie wirst du vergessen
lächelte.
„Danke."
Er sah aus, als ob er etwas sagen wollte. Doch dann
wandte er sich ab und ging in die Nacht hinaus.
Lauren wartete, bis er weggefahren war. Erst dann
schloss sie die Tür und lehnte sich an die Wand. Der anstrengende Tag hatte sie
völlig erschöpft.
Sie ließ das gebrauchte Geschirr stehen und begab
sich ins Bad, wo sie sich vor die Wanne kniete und das Wasser einlaufen ließ,
um mit der Hand die Temperatur zu überprüfen. Das hatte sie so oft getan, wenn
sie ihre Kinder badete ...
Sie konnte den planschenden Ryan direkt vor sich
sehen. Er krabbelte in der Wanne und machte ungeschickte Armbewegungen, was er
stolz als Schwimmen bezeichnete.
„Er schwimmt ja gar nicht", hatte Alicia gesagt
und geringschätzig auf ihren kleinen Bruder geschaut.
„Aber er glaubt es", erklärte Lauren ihrer
Tochter.
Ryan
quietschte vergnügt und tauchte das Gesicht ins Wasser.
„Brav", lobte ihn Lauren, als er sie anstrahlte.
Zwei kleine Zähnchen blitzten in dem Babygesicht auf.
„Aber er berührt den Boden mit den Händen",
wandte Alicia mit der ganzen Weisheit einer Fünfjährigen ein.
„Du bist als Kleinkind auch so geschwommen",
sagte Lauren lächelnd.
Die Erinnerung an diese kleine Szene war so deutlich,
dass Lauren auch jetzt wieder lächelte. Plötzlich sah sie, dass die Wanne
überlief. Hastig drehte sie das Wasser ab und atmete tief durch.
„Ich
werde euch finden", flüsterte sie erregt. „Dann bringe ich euch heim. Diesmal
habe ich jemanden, der mir hilft."
Zachary
umkrampfte das Lenkrad und verwünschte sein leichtsinniges Verhalten. Zum
ersten Mal seit vielen Jahren hatte er seine Gefühle nicht im Griff und
zugelassen, dass sie seine sonst so klare Beurteilung einer Lage
beeinträchtigten.
„Du Narr! Du unglaublicher Narr!", sagte er zornig
zu sich selbst. Wie konnte er so unbedacht sein, Lauren zu versprechen, die
Kinder zu finden? Zum Teufel, das würde ihm wohl kaum gelingen! Doug
Regis hatte sich wahrscheinlich irgendwo in Kanadas
Wildnis oder Mexikos Wüste versteckt. Oder noch schlimmer: Vielleicht lebten
Alicia und Ryan gar nicht mehr! Und er, Zachary Winters, hatte den Mund zu voll
genommen und Lauren versprochen, ihre Kinder aufzuspüren. Dümmer konnte wohl
kaum jemand sein!
Er schlug mit der Faust heftig auf das Lenkrad und
starrte angestrengt in die Dunkelheit. Er war vom Highway abgebogen und fuhr
jetzt auf der kurvenreichen Landstraße weiter, die zu Pete's Mountain und
seinem abgelegenen kleinen Haus führte.
Warum war er nur so ein verdammter Narr gewesen?
Vielleicht, weil er Lauren bei dem Interview gesehen hatte? Oder weil es
möglicherweise wieder eine Chance gab, Tyrone Robbins eins auszuwischen? Nun,
aus welchem Grund auch immer, er, Zachary, hatte etwas versprochen, das er
höchstwahrscheinlich nicht halten konnte. Es sei denn, dass ihm das Glück
ausgesprochen hold wäre.
„Oh Mann, dich hat es aber gründlich erwischt",
sagte er laut vor sich hin. „Wieso bildest du dir ein, dass du mehr Erfolg als
Patrick Evans haben könntest? Und warum hat der dich überhaupt empfohlen?"
Zachary schaltete das Radio ein. Er hoffte, dass die
laute Rockmusik die vielen Fragen übertönen würde, die in seinem Kopf
herumwirbelten. Doch seine Hoffnung erfüllte sich nicht. Zacharys Gedanken
beschäftigten sich ungewollt mit Lauren, ihrem Exmann und ihrem damaligen
Anwalt, Tyrone Robbins. Wie konnte sich Lauren mit so einem Kerl abgeben?
Ganz deutlich sah Zachary das höhnisch-zu- friedene Grinsen in Tyrones Gesicht
vor sich, als ihm dieser Mann höchstpersönlich den Antrag auf Scheidung
überbrachte. Rosemarys Scheidungsantrag! Das war vor vier Jahren gewesen.
Tyrone hatte es so eingerichtet, dass er Zachary den
Antrag genau am fünften Hochzeitstag überreichte. „Herzlichen Glückwunsch zum
Jahrestag, Zachary", hatte er spöttisch gratuliert und war triumphierend
zu seinem Wagen zurückgeschlendert. Zachary hatte mit den gerichtlich
bestätigten Papieren dagestanden und nicht glauben können, dass sich Rosemary
von ihm scheiden lassen wollte.
Und einen Monat später war sie tot, seine Rosemary
...
Das kommt davon, dass du diesen widerlichen Kerl so
oft vor Gericht besiegt hast, dachte Zachary, als er sich an damals erinnerte.
Und nun hast du noch einmal die Chance, Tyrone Robbins zu schlagen. Du musst
nur etwas schaffen, das ihm nicht gelungen ist.
Seltsam ... warum verspürte er bei diesem Gedanken
keine Befriedigung und keinerlei Rachegelüste?
Zachary
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