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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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zwischen ihn und die Felswand dort drüben schob sich ein Hügel ins Blickfeld. Der Putzi wandte sich wieder den vorigen Gedanken zu. Vielleicht wäre es sogar noch interessanter, den Menschen eine Art von Carepaketen herunterzulassen, jeden zweiten oder dritten Tag, zu einer bestimmten Zeit, zum Siebenuhr-Abendgeläute? WRRRONG ! WRRRONG ! – und dann eine herzhafte Nachtvesper? Auch das wollte er ins Auge fassen. Er gab all diesen Menschen so viel, dass sein eigenes Vorhaben fast in den Hintergrund geriet, sein großer Plan, hinter das Geheimnis des Lebens zu kommen. Alle Felsopfer hatten sich bisher fürs Bleiben entschieden, alle waren sie oben auf dem Altar geblieben, keiner war gesprungen: kein Alter, kein Junger, kein Mann und keine Frau, kein Reicher, kein Armer – es schien das Wesen des Menschen zu sein, auszuharren und der Mutter Natur die Entscheidung zu überlassen, wann und unter welchen Umständen der rechte Zeitpunkt gekommen war. Der Putzi lehnte sich befriedigt zurück. Kali-Yuga, das Zeitalter des Verfalls war gekommen. Und er gab den unwissenden Menschen am Schluss noch die große, außergewöhnliche Chance, das Glück zu erleben. Er hatte vor, noch möglichst viele mit diesen Momenten zu beschenken.
     
    Die klobigen Schuhe dort drüben verschwanden in der Felsnische, nach kurzer Zeit kam ein Kopf heraus, dann ein Arm, mit dem sich der Mann, der sich als Holger vorgestellt hatte, ganz bis zum Rand der kleinen Höhle zog. Holger, naturgemäß unrasiert, blickte nach unten, schien jedoch nicht sonderlich überrascht zu sein, was er da sah, hatte sich vorher in der Höhle vielleicht schon gedacht, auf was es hinauslaufen würde. Er schob, zog und quetschte sich noch ein Stück weiter heraus, blickte jetzt genau in Putzis Richtung. Der verbarg sich instinktiv hinter einem Strauch. Der Putzi musste lauthals auflachen – der Mann konnte ihn auf keinen Fall sehen, so ganz ohne Fernglas. Jetzt legte Holger seine freie Hand halbtrichterförmig an den Mund und stieß ein paar Schreie aus, in alle Richtungen, doch der Putzi konnte aus dieser Entfernung natürlich nichts hören. Er musste seine Stellen in Zukunft so wählen, dass er noch näher dran war. Dann gab Holger das Schreien auf. Kluges Kerlchen, dachte der Putzi, du hast begriffen, dass du so nicht weiterkommst. Er richtete sein Fernglas auf die Felskante oben, von der aus er den bewusstlosen Mann mühsam abgeseilt hatte. Sie lag etwa dreißig Meter über der Felsnische, die Möglichkeit, dass dort oben jemand vorbeikam und die Schreie hörte, war äußerst gering, aber es war natürlich möglich. Genau dafür hatte der Putzi einen Plan B entwickelt. Für den Fall hatte sich der Putzi ein Gewehr zugelegt. Dann konnte das Opfer nicht mehr reden. So ein Gewehr war natürlich nicht über ein Internetforum zu bekommen gewesen, auch im Laden hatte er keines gefunden. Das Gewehr hatte er sich beim Onkel, dem Jäger, besorgt. Dem alten Deppen war noch immer nicht aufgefallen, dass ihm eines fehlte. Und so trug der Putzi jetzt einen französischen Repetierstutzen der Marke Lacombe im Gepäck. Das Gewehr hatte einen abnehmbaren Lauf, das war praktisch, weil es so gut in den Rucksack passte. Er hatte es noch nie benutzen müssen, er hatte seine Verstecke gut genug gewählt. Holger schien hellwach zu sein. Er erkundete das Terrain. Er wälzte sich auf den Rücken und schob sich langsam heraus. Er erkundete die Felswand, die nach oben führte. Mensch, kriech zurück und löse den Gurt, murmelte der Putzi halblaut, dann tust du dich leichter! Der Mann rutschte noch weiter nach vorn, und dann ging alles sehr schnell. Mit einem Ruck kippte er mit dem Oberkörper über die Kante, rutschte mit dem ganzen Körper aus der Höhle. Er versuchte sich mit den Armen irgendwo festzuhalten, aber da gab es keine Griffmöglichkeiten mehr, er stürzte hinunter. Der Putzi sah den Mann nach unten fallen, zehn oder fünfzehn Meter weit, dann verschwand er aus seinem Blickfeld, denn der Hügel versperrte dem Putzi die Sicht auf die weitere Falllinie des Mannes.
     
    Dem Putzi wurde ganz schwindlig vor Schreck. Stürzte dieser Idiot ab! Er ließ das Fernglas sinken und fluchte. Er musste in Zukunft unbedingt mehr Sorgfalt auf das Befestigungsseil verwenden. Das war eigentlich lediglich dafür gedacht, dass die Ausgesetzten im Schlaf nicht versehentlich aus der Höhle stürzten. Wenn sie aufwachten, sahen sie sofort, dass ein Arm an einem Haken befestigt war, der Karabiner war

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