Niewinter 01 - Gauntlgrym
gesehen haben.«
»Und damit willst du ihn dazu bewegen, dich bei der Rückkehr nach Gauntlgrym zu begleiten – denn genau das hast du natürlich vor.«
»Ja … aber es ist kein Trick. Ich werde es ihnen sagen. Beziehungsweise, ich habe es bereits gesagt.«
»Und sie laufen dem erwachenden Urelementar in die Arme?«
»Ich fürchte, sie haben eine etwas ungesunde Ehrauffassung«, meinte Jarlaxle mit einem trockenen Grinsen, das jedoch schnell einer sehr ernsten Miene wich, als er hinzufügte: »Und du?«
»Was ist mit mir?«
»Du hast Sylora Salm, Szass Tam und Tay verraten.«
»Das waren deine Worte, nicht meine.«
»Du hast den Ring eingesetzt, um zu verschwinden. Aber die Dahlia, die ich kenne, liebt die Herausforderung.«
»Die Dahlia, die du kennst, ist am Leben, weil sie klug und vorausschauend ist.«
»Vielleicht nicht mehr so sehr, wenn Sylora ins Spiel kommt.«
»Du scheinst dir viel auf deine Beobachtungsgabe einzubilden«, erwiderte sie.
»Du hast den Ring angenommen und eingesetzt. Du hast Sylora im entscheidenden Moment verraten. Vielleicht hätte das Erscheinen von Dahlia – der Kriegerin, nicht des Bildes – dem Kampf im Entermesser die entscheidende Wende gegeben. Aber du hast dich dafür entschieden, deine Aufgabe nicht zu Ende zu bringen.«
»Was weißt du von meiner Aufgabe?«
»Du solltest hier nachsehen, ob jemand auf die zunehmenden Erdbeben reagiert«, antwortete Jarlaxle prompt. »Und herausfinden, ob ich nach Gauntlgrym zurückwill.«
Dahlia grinste.
»Nun, jetzt weißt du es«, fuhr der Drow fort. »Ich habe es vor, und ich habe Verbündete.«
»Soll ich Sylora das jetzt mitteilen?«
»Ich schätze, sie wird es noch früh genug erfahren, denn ein paar deiner Ashmadai sind entkommen.«
»Du weißt von den Ashmadai?«
Jarlaxle hob eine Braue.
»Die Tunnel sind eingestürzt«, wechselte sie das Thema. »Der Weg nach Gauntlgrym ist versperrt.«
»Ich kenne einen Weg«, sagte Jarlaxle.
Dahlias blaue Augen blitzten kurz auf, doch sie hatte ihren Impuls gleich wieder im Griff.
»Und ich werde dich dorthin führen«, sagte der Drow, um ihr zu zeigen, dass er ihren Ausrutscher bemerkt hatte.
»Du neigst zu Vermutungen.«
»Und doch liege ich damit richtig. Warum solltest du es nicht zugeben? Am Ende – und bald schon – ziehst du ja doch mit mir und meinen Freunden in die Hallen von Gauntlgrym.«
Dahlia erhob sich eilig von ihrem Stuhl, richtete sich hoch auf und nahm ihren voll ausgeklappten Stab zur Hand.
»Die Antwort hast du bereits gegeben, als du den Ring benutzt hast«, sagte Jarlaxle.
Sie machte ein nachdenkliches Gesicht, nickte aber.
»Warum?«, wollte er wissen. »Das ist nicht gerade der einfachste Weg.«
»Wenn der Urelementar wieder eingesperrt wird und kein Unheil anrichten kann, wird Syloras Todesring fehlschlagen«, erklärte Dahlia. »Dann gewinnt sie im Kampf mit den Nesserern nicht die Oberhand.«
»Du magst die Nesserer?«
Dieses Mal blitzte ungezügelte Wut in Dahlias Augen auf.
»Ich verachte sie ebenso wie du«, fügte Jarlaxle rasch hinzu, behielt Dahlia jedoch sorgfältig im Auge. »Aber dein Hass auf Sylora reicht nicht weniger tief.«
»Wenn der Todesring nicht vollendet wird, wird Szass Tam ihr die Schuld geben.«
»Das würde dir gefallen.«
»Es wäre einer meiner größten Triumphe.«
»Damit du in Szass Tams Hierarchie wieder aufsteigen kannst?«
Erneut funkelten ihre Augen, und Jarlaxle erkannte, dass er mit dieser Schlussfolgerung weit danebenlag. Also war es wahr. Mit dem Ring und dem Ausweg, den er ihr angeboten hatte, hatte Dahlia sich nicht nur von Sylora losgesagt, sondern auch von dem mächtigen Lich, der Tay regierte. Vielleicht hatte deren krankhafte Liebe zum Tod ihre Gefühle verletzt, oder sie war einfach nur zu dem logischen Schluss gekommen, dass alle, die Szass Tam folgten, auf ewig unterjocht waren, immer Gefolgsleute, nie Anführer.
Diese Möglichkeiten würde Jarlaxle sich genauer ansehen.
»Wir sollten bald nach Gauntlgrym aufbrechen«, meinte er. »Bevor Sylora Nachricht bekommt. Bevor sie uns ihre Männer auf den Hals hetzt.«
»Und wenn sie es tut, werden wir sie umbringen«, sagte Dahlia. »Vielleicht kann dieser Drow, Drizzt, mir beweisen, dass er seinen Ruf verdient hat.«
Jarlaxle lächelte. Daran zweifelte er nicht.
»Wir sollten sofort gehen«, teilte Jarlaxle den anderen mit, als er bald darauf zu ihnen zurückkehrte. »Ein paar von denen, die uns aufhalten wollten, haben die Stadt
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