Niewinter 4: Die letzte Grenze
Beutel bezahlen.«
»Und jegliches Risiko für diese Ergänzung geht allein auf Jarlaxle.«
Nachdem dieser genickt hatte, schloss Kimmuriel die Augen und beschwor seine Psi-Kräfte herauf, wie Jarlaxle es erbeten hatte.
Ungeduldig wartete Jarlaxle auf das magische Tor. Er freute sich richtig darauf, mehr als über jedes andere Erlebnis, seit er mit Drizzt, Bruenor, Dahlia und Athrogate nach Gauntlgrym zurückgekehrt war, um den Urelementar in seine magischen Schranken zu weisen. Endlich fühlte er sich wieder richtig lebendig.
Jarlaxle kannte seine Chancen. Wahrscheinlich kam er für alle, die sich in Draygo Quicks Burg gewagt hatten, viel zu spät.
Aber er ließ sich gern auf riskante Spiele ein. Dafür lebte er.
Kapitel 22
Agnostiker
»Erzähl mir von deiner Göttin«, forderte Draygo Quick seinen Gast eines Morgens auf, als sie gemeinsam frühstückten. »Die mit dem Namen Mielikki.«
»Soll ich dich etwa missionieren?«
Draygo Quick zuckte mit den Schultern. »Vielleicht bekehrst du mich. Glaubst du, sie würde mich haben wollen?«
Drizzt lehnte sich zurück und sah ihn lange an. »Ich glaube, dass Gott das ist, was man im eigenen Herzen findet«, antwortete er schließlich. »Wenn du Mielikki in deinem Herzen finden würdest, wenn ihre Glaubenssätze für dich wahr klängen, dann hätte kein Gott der Welt die Macht, dich anzunehmen oder abzulehnen. Wenn du wirklich daran glauben würdest, würdest du zu Mielikki gehören.«
»Du tust, als wären die Götter bloß Namen für das, was man im Herzen trägt.«
Drizzt nickte lächelnd und wandte sich seinem Essen zu.
»Glaubst du das wirklich?«, fragte Draygo Quick. Er schob seinen Stuhl zurück.
»Ist das wichtig?«
»Natürlich ist es das!«
»Warum?«, fragte Drizzt ruhig. Er merkte, dass er den alten Hexer irritierte, und das gefiel ihm ziemlich gut.
»Wie könnte es anders sein?«, erwiderte Draygo Quick. »Willst du behaupten, dass ich, wenn ich diese Lehren der Mielikki annehmen würde, zu ihrer Herde gehören würde, ganz gleich, was ich vorher getan habe?«
»Wenn du erkennen würdest, dass ihre Grundsätze wahr sind, dann würde deine Vergangenheit dein Gewissen belasten, oder du müsstest für bestimmte Verbrechen die gerechte Strafe entgegennehmen, aber der Göttin wäre die Vergangenheit gleichgültig.«
»Das ist absurd.«
»Wozu wären ihre Grundsätze sonst gut?«, fragte Drizzt. »Wenn ein Gott – egal welcher – die universelle und heilige Wahrheit darstellt, dann wird jemand, der diese Wahrheit findet und ehrlich annimmt, mit diesem Gott in Einklang leben. Ansonsten würden wir unseren angeblichen Göttern lächerliche Fehler wie Eifersucht oder Bitterkeit unterstellen. Und wie sollte ich in diesem Fall das unendlich Gute in einem solchen Wesen erkennen? Schlimmer noch, warum sollte ich an einem Namen festhalten, der das verkörpert, was in meinem Herzen lebt, wenn ich damit eine für mich heilige Wahrheit auf die Ebene sterblicher Fehlbarkeit reduzieren würde?«
Jetzt lehnte auch Draygo Quick sich zurück und musterte den Drow prüfend. »Gut gespielt«, gratulierte er ihm.
»Das ist kein Spiel.«
»Weil deine Göttin die Größte ist?«
»Weil die Vernunft und die Wahrheit miteinander im Einklang stehen. Sonst wäre die Wahrheit eine Lüge.«
»Hmmm«, brummte Draygo Quick. »Eine Schande, dass du dich einzig auf die Kampfkünste verlegt hast.«
»Das nehme ich als Kompliment.«
»Oh, das war es«, erwiderte Draygo Quick. »Oder eine Klage.«
»Willst du mich jetzt bitten, ein Loblied auf die Spinnenkönigin zu singen?«, fragte Drizzt. »Das dürfte ein hochinteressantes Gespräch werden.«
Sein Sarkasmus brachte Draygo Quick zum Lachen. »Nein«, antwortete er. »Betrachte diese Unterhaltung einfach als einen letzten Versuch, Drizzt Do’Urden die Wahrheit über Drizzt Do’Urden zu entlocken. Ich hatte diese Wahrheit für eine köstliche Ironie gehalten, und vielleicht ist sie das sogar. Allerdings halte ich es leider für wahrscheinlicher, dass du genauso langweilig bist wie deine Lieblingsgöttin.«
Jetzt war Drizzt derjenige, der lachen musste, und zwar über Draygo Quick. »So langweilig wie der Aufgang und der Untergang der Sonne«, sagte Drizzt leise. »So langweilig wie die Bewegungen des Mondes und der Planeten und das Funkeln der Sterne. So langweilig wie die Nahrungskette und der Platz jedes Lebewesens in den webenden Händen, die es dort einbinden. So langweilig wie Geburt und Tod, die
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