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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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neben ihnen ein Gekreische. Sie sahen zwei Frauen, Fremde, die sich an den Haaren zerrten.
    »Ich werde dich lehren, meinen Mann in Ruhe zu lassen!«, schrie die eine.
    Zwei Männer trennten die Streitenden. Das Opfer der Attacke stand mit verschränkten Armen herausfordernd da. »Dein Mann interessiert mich nicht«, verhöhnte sie die Angreiferin. »Ich kann nichts dafür, dass er mir ständig nachstellt. Ich kann nichts dafür, dass er mir täglich Briefchen und Blumen schickt. Ich will nichts von ihm wissen, er ist doch zu nichts zu gebrauchen, er ist einfach ein alter Schürzenjäger!« Die Musik schloss sich über diesem Zwischenfall wie die Wogen über einem auf hoher See versinkenden Schiff. Die tanzende Menschenmenge löschte das Spektakel aus. Heiterkeit und Liebreiz überall, Heiterkeit und Liebreiz und Rhythmus.
    »Primitive!«, jubelte Mary innerlich, »Wilde!«
    Plötzlich entstand zufällig eine Lücke zwischen den Tanzenden, und sie sah Lasca und Byron wie gefährliche Panther geschmeidig vorbeigleiten.
    »Schneller! Wilder! Wilder!«, befahl sie Dick.
    »Was ist denn mit dir heute los, Mary? Du bist wie eine Flamme.« Im ganzen Saal wurde gesungen.
    Oh, how I´m aching for love!
Wish I had a little turtle dove to coo, coo, coo to me …
    Als die Musik aufhörte, standen Mary und Dick neben Byron und Lasca.
    »Ich habe dich überall gesucht, Mary«, sagte Byron. »Darf ich vorstellen? Mrs Sartoris, Miss Love, Mr Sill.«

    »Oh, ich kenne Lasca!«, rief Dick.
    »Dick und ich sind alte Freunde«, bemerkte sie und ergriff seine ausgestreckte Hand.
    Mary hatte ihr nicht die Hand gereicht. »Sie sind also die berühmte Mrs Sartoris«, sagte sie.
    »Berüchtigt, meinen Sie wohl!« Lasca warf den Kopf zurück und lachte.
    Mary sagte nichts. So redet man doch nicht von sich, dachte sie.
    »Lasca ist eine tolle Partnerin. Hast du uns zusammen den Charleston tanzen sehen?«
    »Nein, hab ich nicht.« Er nannte sie also Lasca! Sie erinnerte sich, dass er sie erst bei ihrem dritten Treffen bei ihrem Vornamen genannt hatte. Sie konnte hören, wie er sagte: »Lasca, darf ich Sie Mrs Sartoris nennen?«
    »Na, dann können Sie uns ja beim nächsten Tanz zusehen«, lud Mrs Sartoris ihn ein.
    Byron sah etwas verblüfft aus, aber Mary sah auch, dass er hocherfreut war. Sie sah an seinem Gesichtsausdruck, dass er diese Frau nicht um den nächsten Tanz gebeten hatte. Die überlegene Gelassenheit dieses unverfrorenen Geschöpfes erstaunte sie. Würde er ablehnen?
    »Ja«, hörte sie ihn sagen. »Schau uns zu, Mary.«
    Wie Mary sie hasste! Wie sie sich nach der Stärke, dem primitiven Impuls sehnte, der sie dazu bringen würde, Lasca an die Gurgel zu springen, das Saphirhalsband und den goldbraunen Körper mit ihren Fingernägeln zu entstellen.
    »Tanzen wir danach zusammen, Mary?«, fragte Byron.
    »Schon vergeben«, gab Mary trotzig zurück.
    »Dann schenken Sie mir vielleicht auch den«, bat Lasca mit einem göttlichen Lächeln. »Sie sind einfach zu großzügig, Miss Love. Byron ist hier der beste Tänzer.«
    Selbst in ihrer augenblicklichen Stimmung kam Mary nicht umhin, den reichen Klang in der Stimme dieser Frau anzuerkennen, die Grazie ihrer Haltung, wobei sie ihr Körpergewicht auf einen Fuß verlagerte und mit dem anderen nachlässig ein unsichtbares Muster auf dem Boden nachzeichnete. Sie bemerkte ebenso die geschmeidigen Diamantenreifen an ihren Armen, die riesigen Smaragde an ihren Fingern. Sie versuchte, ihre Gekränktheit zu dämpfen, das absurde Gefühl der Eifersucht zu beherrschen – es war doch absurd, versuchte sie sich zu beruhigen, Byron hatte diese Frau doch gerade erst kennengelernt –, und sie wollte ihre Weigerung zurücknehmen, aber die Musik setzte bereits ein, und er und Lasca tauchten im Strudel der Tanzenden unter.
    »Was für eine Schönheit, diese Lasca!«, kommentierte Dick. »Uff! Na, das kann ja heiter werden in Harlem.«
    Mary schwieg. Vergeblich hielt sie nach dem entschwundenen Paar Ausschau.
    »Sollen wir tanzen, Mary?«
    »Dick, ich habe Kopfschmerzen. Bring mich bitte zur Garderobe.« Dann war sie allein im Garderobenraum, die Garderobenfrau war für einen Augenblick verschwunden. Sie starrte ihr Gesicht im Spiegel an, und was sie sah, war nicht dazu angetan, sie zu beruhigen. »Ich kann es nicht«, wimmerte sie. »Ich sollte sie töten, ich will es, aber ich kann es nicht. Was ist nur los mit mir?«
    Sie sank auf einen Stuhl und begann hemmungslos zu schluchzen.

Zweites

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