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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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BYRON
    Kapitel 1 Byron las den Brief, den er gerade von seinem Vater erhalten hatte.
    Mein lieber Junge, ich möchte nicht herzlos erscheinen, aber die Tatsache bleibt bestehen, dass Du seit mehr als zwei Monaten in New York bist, ohne etwas erreicht zu haben. Als Du mir mitgeteilt hast, dass Du eine schriftstellerische Laufbahn einschlagen möchtest, habe ich Dich nach Kräften dazu ermutigt, Dir jedoch auch die Gründe dargelegt, warum es für Dich als ein farbiger Mann dabei Schwierigkeiten geben würde. Ich habe Dir auch gesagt, dass Du Dich finanziell selbst unterstützen müsstest, da ich der Ansicht bin, dass ich bereits alles mir Mögliche getan habe, als ich für Deine Zeit im College aufkam.
    Wir brauchen hier nicht über die Gründe zu sprechen, warum Du Philadelphia verlassen hast. Unter den gegebenen Umständen hielten wir beide es für das Beste. Es ist ganz natürlich, dass Du Harlem als Alternative gewählt hast. Harlem ist eine große Negerstadt, die größte der Welt, und wie alle anderen großen Städte ist sie voller Verlockungen. Es ist unvermeidlich, dass Du ihnen begegnen wirst. Wie wir aus Erfahrung nur allzu gut wissen, bist Du ein Gefangener Deiner Begierden. Es kommt hinzu, dass Du unbesonnen und störrisch und krankhaft empfindlich bist. Ich spreche jetzt ganz offen mit Dir, weil Du wissen musst, dass niemand Deine guten Eigenschaften mehr zu schätzen weiß als ich, wobei der Stolz auf Deine Rasse dabei die hervorragendste ist. Ich erwähne dies, weil ich von Aaron gehört habe, dass Du Dich bei ihm nicht mehr gemeldet hast, nachdem Du ihm mein Empfehlungsschreiben gegeben hast. Ich höre von anderer Seite, dass meine Schreiben gar nicht überreicht wurden. Ich weiß, dass Deine Empfindlichkeit Dich leicht jegliche Sympathiebezeugung als Bevormundung auffassen lässt. Daher bin ich natürlich besorgt um Dich.
    Der verstorbene Booker T. Washington predigte Fleiß und Sparsamkeit. Er begriff in seiner Weisheit, dass nur materieller Fortschritt die Lage der Schwarzen verbessern kann. Ich war diesbezüglich immer der Ansicht, dass es für uns keine Schande bedeutet, ganz gleich welche Arbeit zu verrichten, in dem Sinne, in dem sie uns angeboten wird. Wenn Du ein geborener Schriftsteller bist, wirst Du schließlich schreiben, ganz gleich, welche Arbeit Du in der Zwischenzeit wirst machen müssen. Vielmehr werden die Kämpfe, welche Du vielleicht dabei bestehen musst, Dein Verlangen zu schreiben noch verstärken, wenn es denn ein echtes Verlangen ist. Darum rate ich Dir, eine ehrliche Arbeit zu suchen. Wenn Deine Hautfarbe verhindern sollte, eine Schreiberstelle zu finden, so nimm eine Arbeit als Träger oder Fahrstuhlführer an. Deine Erziehung entspricht zwar nicht solchen bescheidenen Tätigkeiten, aber Deine Hautfarbe kann zeitweise Dein Fortkommen auf andere Weise versperren. Wenn Du bewiesen haben wirst, dass Du über literarisches Talent verfügst und Deine Erzählungen verkaufen kannst, werde ich der Erste sein, der diese Tatsache anerkennt und Dich ermutigt weiterzumachen. Erinnere Dich daran, dass Paul Laurence Dunbar die Gedichte, die ihn bekannt machten, schrieb, als er Fahrstuhlführer war.
    Vorläufig allerdings glaube ich, dass es nicht richtig ist, Dir weiterhin Geld zu schicken. Mit den kleinen Beträgen, die ich Dir zukommen lassen kann, ist sicher kein Luxusleben möglich, wohl aber ein träges, das dazu führen könnte, Dich auf Abwege zu bringen und schlechte Gewohnheiten anzunehmen. Der beigefügte Scheck ist deshalb der letzte, den ich Dir schicke.
    Es fiel mir sehr schwer, diesen Brief zu schreiben, aber ich kenne die Schwächen Deiner Natur. Es liegt an Dir, sie zu überwinden, und wenn Du ein echter Mann bist, wirst Du es tun.
    Mein lieber Junge, meine Liebe und die Deiner Mutter werden immer bei Dir sein.
    Byron hob den Blick von den letzten Zeilen dieses Briefes und starrte verzweifelt aus seinem kleinen Fenster. Sein Blick fiel auf eine kahle Mauer, die so nahe am Fenster war, dass er selbst an hellen Tagen nur mit Hilfe einer Gaslampe lesen konnte. Er war voller Groll, und dies umso mehr, weil er erkannte, wie gerechtfertigt die Worte seines Vaters waren, diese ausgewogene Ruhe, die einen verrückt machen konnte. »Es ist schlimm genug, all das zu wissen, auch ohne es noch vorgehalten zu bekommen«, murmelte er. Seine Gedanken wandten sich dem peinlichen Vorfall zu, auf den sich sein Vater taktvoll bezog. Er hatte im College eine unglückselige Liebschaft mit

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