Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
mehr sie über die anderen in Erfahrung brachte, umso mehr mochte sie sie. Nur eines bereitete ihr Unbehagen. Sie alle schienen ihr mit Unterwürfigkeit zu begegnen – als erwarteten sie irgendwie, dass sie in früheren Leben weiser oder besser gewesen war als sie. Es war peinlich, denn sie wusste, dass das nicht zutraf.
Sie versuchte, nicht an Thierry zu denken … und an Maya.
Aber es war nicht leicht. Am Abend wanderte sie rastlos durchs Haus. Sie endete in einem kleinen Vorzimmer im ersten Stockwerk, von dem aus man in das riesige Wohnzimmer hinabschauen konnte. »Kannst du dich nicht entspannen?«
Das träge Murmeln erklang hinter ihr. Als Hannah sich umdrehte, sah sie Ash, dessen schlaksiger, eleganter Körper an einer Wand lehnte. Seine Augen wirkten in dem schwach beleuchteten Raum silbern.
»Nicht wirklich«, gab Hannah zu. »Ich wünschte einfach, sie würden Thierry finden. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl deswegen.«
Einen Moment lang standen sie schweigend da. Dann sagte Ash: »Ja, es ist hart, ohne seinen Seelengefährten zu sein. Ich meine, sobald man ihn gefunden hat.«
Hannah musterte ihn fasziniert. Die Art, wie er das sagte …
Sie begann zögernd zu sprechen. »Heute Morgen hieß es, ihr wärt alle hier, weil ihr menschliche Seelengefährten habt.«
Er schaute durch den Raum zu den Glastüren, die auf einen Balkon führten. »Ja?«
»Und – nun …« Vielleicht ist sie tot, dachte Hannah plötzlich. Vielleicht sollte ich nicht fragen. »Und du willst wissen, wo meine Seelengefährtin ist«, sagte Ash.
»Ich wollte nicht neugierig sein.«
»Nein. Es ist in Ordnung.« Ash schaute wieder in die
Dunkelheit jenseits der Balkontüren. »Sie wartet – hoffe ich. Ich muss einige Dinge in Ordnung bringen, bevor ich sie wiedersehe.«
Er wirkte nicht länger beängstigend, ganz gleich, wie sehr seine Augen sich veränderten. Er wirkte – verletzbar.
»Ich bin davon überzeugt, dass sie wartet«, bemerkte Hannah. »Und ich würde wetten, dass sie sich freut, dich zu sehen, nachdem du alles in Ordnung gebracht hast.« Leise fügte sie hinzu: »Ich weiß, wie sehr ich mich freuen werde, Thierry zu sehen.«
Er sah sie verblüfft an, dann lächelte er. Er hatte ein sehr nettes Lächeln. »Das ist wahr, du warst in der gleichen Situation wie sie … Und Thierry hat gewiss versucht, seine Vergangenheit wiedergutzumachen. Ich meine, er tut seit Jahrhunderten gute Werke. Also besteht für mich vielleicht doch noch Hoffnung.«
Er sprach beinahe spöttisch, aber Hannah bemerkte einen seltsamen Glanz in seinen Augen.
»Du bist wie sie, weißt du«, fügte er abrupt hinzu. »Wie meine – wie Mary-Lynette. Ihr seid beide … weise.«
Bevor Hannah eine Erwiderung darauf einfiel, nickte er ihr zu, richtete sich auf und kehrte leise vor sich hin pfeifend in den Flur zurück.
Hannah stand allein in dem schwach beleuchteten Raum. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich plötzlich besser. Optimistischer, was die Zukunft betraf.
Ich denke, ich werde heute Nacht doch noch schlafen
können. Und morgen wird Thierry vielleicht schon hier sein.
Sie kämpfte das Aufwallen von Hoffnung nieder, das sie bei diesem Gedanken erfüllte. Hoffnung … und Sorge. Nach allem, was sie ihm gesagt hatte, konnte sie nicht absolut sicher sein, wie Thierry sie empfangen würde.
Was ist, wenn er mich doch nicht will?
Sei nicht dumm. Denk nicht darüber nach. Geh nach draußen, schnapp ein wenig frische Luft, und dann geh zu Bett.
Später begriff sie natürlich, wie ungeheuer dumm sie gewesen war. Sie hätte wissen müssen, dass der Weg nach draußen, um frische Luft zu schnappen, nur eine Konsequenz haben konnte.
Aber in diesem Moment schien es ihr eine gute Idee zu sein. Lupe hatte sie gewarnt, keine Türen nach draußen zu öffnen – aber die Glastüren in diesem Raum führten nur zu einem Balkon im ersten Stock mit Blick auf den Garten. Hannah öffnete sie und trat hinaus.
Hübsch, dachte sie. Die Luft war gerade kühl genug, um angenehm zu sein. Von hier aus konnte sie über dunkle Grasflächen hinweg zu von Flutlicht beschienenen Palmen und sanft plätschernden Springbrunnen schauen. Obwohl sie Thierrys Leute nicht sehen konnte, wusste sie, dass sie dort draußen waren, überall auf dem Gelände postiert, und die Umgebung beobachteten und warteten. Sie bewachten. Es gab ihr ein Gefühl der Sicherheit.
Nichts kann ins Haus gelangen, solange sie dort draußen sind, dachte sie. Ich kann einfach schlafen.
Sie
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