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Nimm doch einfach mich

Titel: Nimm doch einfach mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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zu ihnen. Edie Carlyle war Mitte vierzig, und wenn die Lachfältchen in ihrem gebräunten Gesicht nicht gewesen wären, hätte sie problemlos als ältere Schwester der Drillinge durchgehen können. Sie trug ihre dunkelblonden, normalerweise zu einem Bob geschnittenen Haare derzeit zu etlichen kleinen Zöpfchen geflochten und hatte einen hellrosa, handgebatikten Stufenrock und einen flauschigen braunen Pulli an, der aussah, als wäre er aus Gorillafell gewebt. »Ah!
    Schön, dass ihr da seid!« Sie klatschte begeistert in die Hände.
    Ja, äh, jippie …!
    »Ich habe gleich eine Verabredung mit Remington. Ihr wisst schon - der Remington. Ich habe euch ja sicher von ihm erzählt.«
    Avery und Baby sahen sich an. Als sie noch in Nantucket gewohnt hatten, hatte ihre Mutter sich nie mit Männern getroffen, sondern sich ganz ihrer Kunst gewidmet – womit entweder ihre Kinder gemeint waren oder die eigenartigen, aus Draht gefertigten Hühnerskulpturen in ihrem Garten.
    »Erinnert ihr euch denn nicht mehr, meine Süßen?«, fuhr Edie fort, als sie den verwirrten Ausdruck auf den Gesichtern ihrer Töchter sah. »Remington – meine große Highschool-Liebe? Oh, es war einfach herrlich! Stellt euch vor, er ist letzte Woche wie aus heiterem Himmel auf der Gemeinschaftsausstellung in Red Hook aufgetaucht. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht! Natürlich sieht er mittlerweile ganz anders aus, aber er ist immer noch genauso attraktiv wie früher …« Edies blaue Augen nahmen bei der Erinnerung an ihre Highschool-Romanze einen verträumten Glanz an. »Ich hatte mich damals schon der Kunst verschrieben, er wollte Wirtschaftswissenschaften studieren, tja, und am Ende haben sich unsere Wege dann getrennt. Er war jahrelang in der Finanzbranche tätig, aber jetzt investiert er in Kunst, und so haben wir uns wiedergetroffen! Ist das nicht unglaublich ?«
    Avery starrte ihre Mutter wortlos an. Unglaublich war genau das richtige Wort.
    »Wir wollen einen Spaziergang nach Brooklyn machen. Wie seh ich aus?« Edie drehte sich einmal im Kreis und schaute ihre Töchter erwartungsvoll an.
    »Ähem … sehr farbenfroh «, fasste Avery den Anblick schließlich grinsend zusammen und zwinkerte Baby zu. Genau genommen sah ihre Mutter großartig aus. Avery konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so … geleuchtet hatte.
    »Ihr seid unmöglich!« Edies silbernen schildkrötenpanzerartigen Ohrringe schwangen wild vor und zurück. »Ich finde, dass ich fabelhaft aussehe«, schmollte sie, drehte sich dann um und schwebte davon. »Wartet nicht auf mich!«, rief sie noch, bevor die Tür ins Schloss fiel.
    »Rutsch mal ein Stück.« Avery ließ sich von der Armlehne in die Kissen gleiten. War es jetzt wirklich schon so weit, dass ihre Mutter ein Date hatte und sie einsam und allein hier rumsitzen musste? Keiner interessierte sich für sie. Sie war ein Laufbursche. Ein Niemand . »Bei der Arbeit nennen sie mich ›Praktikantin‹«, sagte sie mit tonloser Stimme und stupste ihre Schwester am Arm, um sicherzustellen, dass sie ihr auch zuhörte. Schließlich wollte sie ausgiebig in Selbstmitleid baden und erwartete von Baby, dass sie genügend Taschentücher bereithielt.
    »Na ja, du bist da doch auch Praktikantin, oder?«, entgegnete Baby.
    »Trotzdem.« Avery seufzte. Den Rest des Schuljahres konnte sie jetzt damit verbringen, endlose Wochen undankbarer Arbeit abzuleisten. Sie fühlte sich wie Aschenputtel, nur dass weit und breit kein Prinz in Sicht war.
    »Hey – ich hab eine Idee! Sollen wir Kekse backen?« Baby schwang die Beine von der Couch und stürmte in die Küche. Avery stapfte missmutig hinter ihr her. Als ob Kekse irgendwas besser machen könnten.
    Abgesehen natürlich von den Jumbokeksen mit Schokosplittern von der City Bakery.
    Baby riss den Vorratsschrank auf und holte Dinkelmehl, braunen Zucker, Haferflocken, geriebene Mandeln, Honig und Kokosflocken heraus, die Edie in ihrem Lieblingsbioladen gekauft hatte. Den kleinen Feinkostsupermärkten auf der Madison Avenue traute sie nicht. Avery betrachtete stirnrunzelnd die Zutaten, die Baby auf der riesigen, blitzenden Kücheninsel aufgebaut hatte.
    »Wir backen uns unsere Dämonen und befreien uns dadurch von ihnen!«, sagte Baby mit der Stimme, mit der ihre Mutter immer ihre albernen Weiße-Magie-Beschwörungsformeln murmelte, und zwinkerte Avery zu. Avery musste lächeln. Baby hatte keinen Funken Verantwortungsbewusstsein und konnte einen in den Wahnsinn treiben, aber sie war

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