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Nimmerklug in Sonnenstadt

Nimmerklug in Sonnenstadt

Titel: Nimmerklug in Sonnenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Nossow
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mit dem Gummischlauch nicht die einzige Zerstreuung der drei Esel. Sie erfanden das „Windbeute lversteck", ein Spiel, das in Sonnenstadt bald sehr verbreitet war. Jeder Mitspieler nahm einen Krug mit Wasser in die Hand. Wer die anderen suchte, mußte ihnen, wenn er sie gefunden hatte, Wasser über den Kopf schütten, und wer sich versteckt hielt, mußte den Suchenden naßspritzen.
     

     
    Dickfell zeichnete sich durch besondere Grobheit aus. Auf der Straße stieß er jeden Knirps absichtlich an oder trat ihm auf die Füße. Mit Vorliebe spuckte er auf den Gehsteig. Statt zu lachen, gab er ein Wiehern von sich, das viele Knirpseriche und Knirpselinen so erschreckte, daß sie zurückprallten und sich die Hände an die Ohren preßten. Wollte er etwas haben, dann bat er nicht darum, sondern nahm es sich einfach oder riß es dem Besitzer weg. Hielt dieser den betreffenden Gegenstand fest, dann stieß Dickfell ihn mit den Füßen, und manchmal versuchte er sogar zu beißen. Jeden Knirpserich be schimpfte er oder drohte, ihm die Ohren abzureißen.
    Häufig sahen die Sonnenstädter die drei zusammen. Sie trugen bekanntlich enge grüne Jacken mit zu kurzen Ärmeln, aus denen kräftige Fäuste ragten, lange weite Hosen von giftig grüngelber Farbe und sonderbare Kappen mit knalligen Punkten. Alle drei hatten winzige Knopfnasen und übermäßig lange Oberlippen; das verlieh ihren Gesichtern einen dümmlichen Ausdruck. Der Unterschied bestand, wie gesagt, ausschließlich in ihren Sommersprossen. Bei Grauscheck saßen sie nur auf der Nase, bei Dickfell auf Nase und Wangen, und. bei Stoßdich war das ganze Gesicht wie mit Mohnkörnchen besprenkelt.
    Manche Sonnenstädter glaubten, das sei die neueste Mode, und stürzten in die Geschäfte. Doch dort gab es weder enge grüne Jacken mit zu kurzen Ärmeln noch bunte Kappen.
    Berge von knallgelben Hosen blieben in den Geschäften liegen. Niemand wollte sie haben. Nadelspitze raufte sich die Haare. Gleich zeitig bestellten die Geschäfte weite grüngelbe Hosen, grüne Jacken mit engen Ärmeln und knallbunte Kappen.
    "Diese Bestellungen machen mich noch verrückt!" schalt Nadelspitze. „Weite Hosen passen doch nicht zu Jacken mit engen Ärmeln! Das ist geschmacklos! Nein, da machen wir nicht mit!"
    In den Zeitungen standen inzwischen Meldungen über bedauer liche Zwischenfälle: Jemand wurde mit dem Gummischlauch naßge spritzt, ein anderer war über einen Strick, der sich quer über den Bür gersteig spannte, gestolpert und hatte sich die Stirn aufgeschlagen, ein dritter war von einem Unbekannten aus offenem Fenster mit sau ren Gurken beworfen worden.
     

     

In der Gewalt der Windbeutel
    Während sich die Zeitungsschreiber darüber stritten, ob die Polizei verpflichtet sei, den Kampf gegen die Windbeutel aufzunehmen oder nicht, hatten die Polizisten den Kampf längst begonnen.
    Einmal geschah folgendes: Es kamen sich zwei Knirpseriche — Sup penkaspar und Kringel — auf der Straße entgegen. Beide trugen nach neuester Mode weite, gelbgrüne Hosen und Jacken mit engen Är meln. Keiner wollte dem anderen Platz machen, und so trat einer dem anderen auf den Fuß. Sie beschimpften einander, und im Nu waren sie von einer großen Knirpsenmenge umringt. Der Verkehr stockte, der Polizist Stiefelblank lief herbei und bat die Fußgänger, auseinan derzugehen. Aber niemand gehorchte. Suppenkaspar gab Kringel inzwischen eine Ohrfeige und schlug ihm ein blaues Auge. Der Poli zist packte Suppenkaspar am Kragen und schleppte ihn zur Wache. Unterwegs versuchte Suppenkaspar sich loszureißen und biß den Polizisten in die Hand. .Darüber wurde Stiefelblank sehr böse. In der Polizeiwache holte er ein dickes Gesetzbuch, das seit undenklichen Zeiten im Schrank lag, und vertiefte sich in die alten Gesetze. Dort stand, daß früher ein Schlag ins Gesicht mit einem Tag Gefängnis, ein blaues Auge mit drei Tagen und ein Biß in die Hand ebenfalls mit drei Tagen bestraft worden waren. Stiefelblank verurteilte Suppenkaspar zu sieben Tagen Gefängnis und führte ihn in das Einzelzimmer, das zu jeder Polizeiwache gehörte und. „Eisschrank" hieß. Woher dieser Name stammte, wußte niemand mehr; er war aus grauer Vorzeit über liefert worden. Frieren mußte man in diesem Zimmer jedenfalls nicht; früher mag das anders gewesen sein. Es unterschied sich von den übrigen Räumen der Polizeiwache nur dadurch, daß es .ab zuschließen war und dann niemand her auskonnte.
    Nachdem der Polizist Stiefelblank

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