Nimue Alban 10 - Der Verrat
gesagt, in Malikai. Das Schiff hat Owl bis nach Malansath zurückverfolgen können. Aber es sieht so aus, als wären die Männer wähl end eines der Schneestürme an Bord gekommen, die im letzten Monat die ganze Gegend dort heimgesucht haben. «
»Klingt für mich ganz so, als hätten wir einen Glückstre f fer gelandet! «
»Haben wir, und zwar weil Owl immer besser wird. En t lang der delferahkanischen Grenze haben wir dann noch e i nen sehr viel dichteren Wachzaun, wenn ich das so nennen darf. Talkyra selbst überwacht Owl in Echtzeit. Wenn wir die Kerle nicht jetzt schon bemerkt hätten, wären sie uns spätestens dort aufgefallen. Glaube ich. «
» Hofft Ihr trifft ’ s wohl eher «, schnaubte Cayleb. Wieder dachte er mehrere Sekunden lang angestrengt nach. »Und was bedeutet das jetzt für Eure Pläne? «, fragte er dann.
»Die größte Sorge bereitet mir, dass sie ganz offenkundig früher losschlagen wollen, als wir vermutet hatten «, gab Merlin zu bedenken. »Auf jeden Fall kommen sie deutlich schneller voran. Nach meinen Berechnungen müssten sie um den Fünfzehnten herum in Talkyra eintreffen – das ist gut zwei Tage früher, als wir erwartet haben. Außerdem soll Yairleys Geschwader die Feste Sarmouth nicht vor dem Dreizehnten angreifen. Ich weiß zwar, dass er im Auge n blick gut in der Zeit liegt, aber ob der Wind weiterhin mi t spielt, ist wieder eine andere Frage. Und dann ist da noch eine Kleinigkeit: Bislang hat niemand in Talkyra eine An t wort von uns erhalten. « Erneut war sich Cayleb sicher, Me r lin würde, charakteristisch für ihn, mit den Schultern zucken. »Ich denke, ich werde mich wohl in die ›Sonnendornen‹ b e geben müssen, um dem Ort des Geschehens ein wenig näher zu sein – nur für den Notfall. Und wahrscheinlich ist es auch an der Zeit, mit Graf Coris ein paar ernste Worte zu wec h seln – um das mal so auszudrücken! «
.2.
Königlicher Palast,
Talkyra, Königreich Delferahk
Phylyp Ahzgood hatte schon immer einen leichten Schlaf gehabt.
Als Leiter von Hektor Daykyns Spionageabteilung hatte sich diese Fähigkeit, schnell aus dem Schlaf hochzutauchen, noch weiter ausgeprägt, war sie doch über lange Jahre ei n geübt. Prinz Hektor hatte ihn seinerzeit deswegen immer wieder aufgezogen und gemeint, das sei vermutlich die u n vermeidliche Folge eines zunehmend schlechten Gewissens. Ahzgood hatte erwidert, von wegen schlechtes Gewissen: Die zunehmende Vertrautheit mit den geschickten Vorg e hensweisen von Attentätern brächte ihn um den Schlaf. Je länger er im Dienste des Prinzen stehe, desto besser vermöge er die Leistungsfähigkeit solcher Männer zu würdigen – und einzuschätzen.
Aus welchem Grund auch immer, auf jeden Fall erwachte Graf Coris bei der geringsten Störung und war sofort hellwach … was er sich allerdings nicht anmerken ließ, blieb er doch noch eine Weile reglos liegen.
Auch jetzt war Coris sofort wach. Langsam und lautlos glitt seine Hand unter das Kopfkissen, wo seine Finger den Dolchgriff ertasteten. Die Nasenflügel des Grafen bebten, als er so leise wie möglich tief durchatmete und sich darauf vorbereitete, aus dem Bett zu springen – fort von der Ecke des Zimmers, aus der er das Geräusch gehört hatte.
»Ich hoffe, Sie haben mit diesem Dolch nichts Unüberle g tes vor, Mein Lord «, erklang eine höfliche Stimme in der Dunkelheit. »Dieser Kasack ist ganz neu. Es wäre einfach zu schade, wenn ich ihn jetzt schon flicken lassen müsste. «
Coris erstarrte und kniff die Augen zusammen. Etwas war sonderbar. Er hätte es nicht genau benennen können, aber er wusste, dass er diese Stimme schon einmal gehört hatte.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mein Lord, werde ich jetzt für Licht sorgen «, fuhr die Stimme ebenso freundlich fort. Der Fremde klang so gelassen, als sei es für ihn völlig normal, mitten in der Nacht im Schlafgemach eines anderen einen kleinen Plausch abzuhalten.
»Nur zu! «, forderte ihn der Graf auf und mühte sich redlich, ebenso beiläufig zu klingen wie sein ungebetener Besucher.
»Ich danke Ihnen, Mein Lord «, erwiderte die Stimme.
Ein kratzender Laut war zu hören, und dann stach schmerzhaft grelles Licht in Coris ’ Augen. Gleichzeitig hö r te er ein Knistern, und der Gestank von Schwefel stach ihm unangenehm in die Nase. Instinktiv sprang der Graf aus dem Bett und landete zusammengekauert auf dem Fußboden, den Dolch zum Stoß bereit.
Der Eindringling beachtete ihn überhaupt nicht. In aller
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