Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
glücklich schätzen dürfen. Die einfallsreichsten ›Strafen‹ für die Überlebenden hatten die Aufständischen für jene Offiziere und Unteroffiziere ersonnen, die ihre Untergebenen zur Ketzerei und Gotteslästerung getrieben hatten. Mahldyn wusste nicht, ob die Tempelgetreuen dabei durch einen Inquisitor angeleitet worden waren oder nicht. Aber sie hatten sich redlich Mühe gegeben, die Strafen Schuelers zur Gänze zu vollziehen.
Etwa die Hälfte der aufständischen Milizionäre hatte Mahldyn drei Fünftage später eingeholt. Er hatte seinen Männern ausdrücklich verboten, es ihren Kriegsgefangenen in gleicher Münze heimzuzahlen: Er gab sich mit Hängen zufrieden. Jeder einzelne dieser mordlüsternen Dreckskerle wurde aufgeknüpft.
So eine Art Krieg war das eben.
»Wie ich sehe, hatten Sie recht, Meister Navyz«, sagte Colonel Byrgair und blickte nach Süden zur Hügelkette hinüber, auf der zahllose Infanteristen versammelt standen.
»Hab Ihnen ja gesagt, Sie kommen an diesen armseligen, Shan-wei-verdammten Ketzern vorbei, Colonel.« Der Hass in seiner Stimme betonte Wylfryd Navyz’ schweren siddarmarkianischen Akzent noch. »Die Dreckskerle haben gedacht, die könnten drei von meinen Brüdern einfach so aufhängen und dann in aller Seelenruhe wieder nach Hause spazieren, ja?« Er beugte sich aus dem Sattel und spie aus. »Schauen Sie sich an, was ich von denen halte!«
»Na ja, ich glaube nicht, dass die jetzt nach Hause spazieren werden, Meister Navyz.« Byrgair versuchte, sich seinen Abscheu nicht anmerken zu lassen. Vermutlich war der alles zerfressende Hass dieses Mannes nicht nur verständlich, sondern unausweichlich. Aber Navyz – und auch so mancher andere, dem sie begegnet waren, seit sie die Grenze der Republik überschritten hatten – verströmte kranke, lodernde Wut, die die Luft selbst zu vergiften schien. »Und wir haben es Ihnen zu verdanken, dass die sich jetzt in einer noch übleren Lage befinden, als denen selbst vielleicht klar ist.«
Trommeln wurden geschlagen, und der Byrgair blickte sich zu seinen Kompaniechefs um.
»Gentlemen, Sie wissen, was zu tun ist. Verbocken Sie’s nicht!«
Er bedachte seine Untergebenen mit einem finsteren Blick und wartete, bis sie alle mit einem angemessenen militärischen Gruß und einem zuversichtlichen Grinsen geantwortet hatten. Dann zügelte er sein Pferd und ritt die Straße entlang nach Norden.
Tatsächlich verspürte er gewisses Mitleid mit jenen siddarmarkianischen Pikenieren dort vorn. Aber auch das würde ihn nicht davon abbringen, seine Pflicht zu erfüllen. Bislang hatte er in den feindlichen Reihen noch kein einziges Pferd ausgemacht. Nach dem vergangenen Winter überraschte ihn das nicht sonderlich. Die Republik nutzte jedwede Form von Artillerie kaum. Doch selbst zu einem Infanterieregiment gehörten gewöhnlich wenigstens ein oder zwei berittene Kundschafter. Bei dieser Infanterie dort war das anders. Und weil das so war, konnte der Gegner unmöglich wissen, was etwas weiter ab von der Straße geschah. Und falls der Gegner nicht noch deutlich vertrauter mit diesem Gelände war als ein gewisser Wylfryd Navyz, konnte er unmöglich etwas von dem schmalen Pfad wissen, der im Westen parallel zur Landstraße verlief. Dichte Bäume und Sträucher, die dieser Schatten spendeten, verdeckten den Pfad. Sie stammten noch aus der Zeit, bevor man dieses Territorium den Erzengeln geweiht hatte. Byrgair hatte sich die Gespanne von Captain Syrahllas Geschützen ausleihen müssen, um Captain Fowails Artillerie über diesen Trampelpfad zerren zu lassen. Syrahlla hatte das natürlich überhaupt nicht gefallen. Er hatte Einwände erhoben. Doch ohne die großen, kräftigen Zugpferde wäre Byrgair nun einmal nicht ausgekommen. Syrahlla hingegen sollte zusammen mit Bahcher über die Landstraße vorrücken, sobald die Siddarmarkianer ihr Lager passiert hätten. Auf der Landstraße käme er ungleich besser voran. Also konnte er sich für diesen Zweck auch Pferde der Kavallerie ausleihen. Doch selbst mit den Doppelgespannen der schweren Zugpferde war es ein echter Albtraum gewesen, Fowails Geschütze im Gelände zu bewegen. Letztendlich hatten sie es dann doch geschafft. In etwa dreißig oder vierzig Minuten würden die Siddarmarkianer da vorn eine äußerst unerfreuliche Überraschung erleben.
Phylyp Mahldyn hielt das Schwert in der Hand. Wie eine zu kurz geratene Pike ragte die Klinge über seine Schulter. In peinlich sauberer Formation marschierte seine
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