Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
unterbreiten dürfte, Euer Durchlaucht? Ich denke, das hier wäre die bessere Position.« Er legte den Zeigefinger auf einen Punkt, der etwa zehn Meilen weiter westlich von dem lag, den Eastshare gemeint hatte. Dort kam die Landstraße dem Kanal am nächsten. »Da hat es vor sechs oder sieben Jahren einen Waldbrand gegeben«, erklärte Zhevons und tippte einige Male sanft auf die Karte, als wolle er seinen Worten Nachdruck verleihen. »Die Brandschneise ist fast zwanzig Meilen lang und verläuft fast genau von Nord nach Süd. Mittlerweile sind die Schößlinge dort fast mannshoch, und ein paar alte Fasteichen und sogar zwei oder drei Titaneichen haben das Feuer damals überstanden. Aber hauptsächlich gibt es da Unterholz, größtenteils von Drahtrebe überwuchert. Die Titaneichen bieten natürliche Aussichtstürme und gute Stellungen für Ihre Mörser und die restliche Artillerie. Von West nach Ost ist die Schneise breit genug, um Ihren Geschützen eine Schussfeldbreite von fünf- oder sogar sechstausend Schritt zu verschaffen – vor allem zwischen dem Fluss und der Landstraße. Und da sind Gestrüpp und Unterholz Gottes eigener Baumverhau.« Er blickte Eastshare in die Augen und gestattete sich ein eisiges Lächeln. »Die Infanterie dadurch zu schicken, wird für den Feind schon höllisch genug sein, Euer Durchlaucht.«
Nachdenklich rieb sich Ruhsyl Thairis das Kinn und betrachtete erneut die Karte. Der Ort, den Zhevons ihm gerade schmackhaft machen wollte, lag deutlich näher an der derzeitigen Position der Armee Gottes. Aber wenn Zhevons recht hatte und Kaitswyrth wirklich noch einige Tage brauchte, um seine ganze Truppe neu aufzustellen, war das vielleicht gar nicht so gefährlich, wie der Kommandeur der 1. verstärkten Brigade ursprünglich angenommen hatte. Für Kavalleristen würde das Gelände Ausläufer der Hölle sein. Aber das Expeditionskorps brauchte sich um die Kavallerie ja keine Gedanken zu machen. Und bei dem breiten Schussfeld, auf das Zhevons hingewiesen hatte, sollte die technische Überlegenheit seiner eigenen Geschütze die rein zahlenmäßige des Gegners weitgehend ausgleichen.
»Wahrscheinlich haben Sie recht, Meister Zhevons«, entschied er schließlich. »Unsere Führungsbataillone können dort bereits morgen Abend eintreffen – wenn sie den Fluss nehmen, meine ich. Bis zum Morgen kann ich denen dann auch zur Unterstützung die Pioniere schicken, und der Rest der Infanterie und die Feldgeschütze sollten dann ziemlich genau einen Tag später nachkommen.«
Graf Eastshare legte die flache Hand auf die Karte, die Handfläche genau über dem ausgewählten Kampfschauplatz. Dann blickte er zu Zhevons auf.
»Ich glaube nicht, dass die so rasch an mir vorbeikommen.« Auch wenn die Worte harmlos genug waren, sprach er sie doch aus, als leiste er hier den Seelen aller Männer aus Mahrtyn Taisyns abgeschlachteten Trupps einen heiligen Eid. Zhevons nickte zustimmend.
»Das glaube ich auch nicht, Euer Durchlaucht«, sagte er leise.
.IX.
Guarnak,
Provinz Mountaincross,
Republik Siddarmark
»Also, Captain Bahrns, ich meine, inzwischen wissen die, dass wir hier sind«, sagte Zhaimys Myklayn, während eine weitere Salve Gewehrkugeln gegen die Kasematte von HMS Delthak schlugen, abprallten und davonheulten.
»Wohl wahr, Meister Myklayn«, stimmte ihm Bahrns bedächtig zu und spähte erneut durch den Sehschlitz.
Was den Sehschlitz betraf, war er längst nicht mehr so unvorsichtig wie zu Anfang. Nie wieder würde der junge Ahbukyra Matthysahn mit der rechten Hand an der Schnur ziehen, mit der man der Delthak ihre schrillen Pfiffe entlocken konnte: Eine Gewehrkugel war durch den Sehschlitz gedrungen und hatte ihm den Ellenbogen zertrümmert. Auf ähnliche Weise hatte es bisher auch auf dem Batteriedeck ein Dutzend Verluste gegeben. Bei den Infanteristen war die Anzahl der Verluste noch größer. Doch seine Kanoniere und die Gewehrschützen (und die Karronadenschützen) auf den Truppentransportern hatten es den Tempelgetreuen doppelt und dreifach heimgezahlt.
Das ist für die Überlebenden natürlich nur ein schwacher Trost , dachte er grimmig. Aber wenigstens werde ich bei der nächsten Etappe nicht noch weitere Infanteristen verlieren – Gott sei’s gedankt.
Er spürte, wie erschöpft er allmählich war, und er wusste, dass es seinen Männern ebenso ging. Das war unvermeidlich. Schließlich waren sie seit fast einem ganzen Fünftag im Landesinneren der Republik Siddarmark unterwegs.
Und wie
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