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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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zurückdenken. Damals verliebte ich mich in die französische Sprache. Aber das allerlustigste war, meinen Vater mit fremden, schlitzäugigen und dunkelhäutigen kleinen Sprachwissenschaftlern in ihrer eigenen Sprache reden zu hören. Verstehen konnte ich nicht allzuviel, kann ich dir sagen, aber ich beschloß im stillen, daß ich meines Vaters Arbeit fortsetzen wollte. Ich wollte dasselbe studieren wie er. Ich wollte seine wissenschaftlichen Abhandlungen lesen… Mein Vater war eingroßartiger Mensch. Er war der klügste Mann, den ich je gekannt habe, und er war mein bester Freund.“
    Wieder unterbrach Gunnar sich ganz plötzlich. Er holte sich ein neues Handtuch und konzentrierte sich eifrig darauf, die großen Anrichteplatten abzutrocknen.
    „Du, Gunnar“, sagte Nina kurz darauf, „ich verstehe ja nur zu gut, daß du gern dein Studium zu Ende führen möchtest. Aber entschuldige, wenn ich so dumm frage: Was willst du denn werden? Ich meine, orientalische Sprachen zu studieren muß interessant sein. Aber wovon willst du leben?“
    „Ja, das ist eben die Frage. Ich würde gern Philologie studieren, und dann würde es so kommen, daß ich unerzogene Kinder in irgendeiner Schule unterrichten müßte und mein eigenes privates Studium nebenher betreiben, bis ich vielleicht meinen Doktor machen könnte und irgendwie als Dozent angestellt würde oder…“
    „… oder als Professor.“
    „Nun ja, man kann sich das Ziel nicht hoch genug stecken.“
    „Und du hast nie daran gedacht, etwas anderes zu studieren als Philologie?“
    „Doch. Komischerweise habe ich immer ein wenig mit dem Gedanken gespielt, Jura zu studieren. Aber jetzt weiß ich gar nicht, was ich machen werde. Wenn ich auch allerlei Hoteltrinkgelder von diesen drei Sommerferien gespart habe, so reichen die noch nicht für ein ganzes Studium, und etwas von dem Geld hatte ich auch schon verbraucht, ehe Onkel Espetun auftauchte und mich mitsamt allen Auslagen übernahm, vom Führerschein bis zum maßgearbeiteten Smoking.“
    „Aber du, Gunnar, wenn ich noch etwas fragen darf…“
    „Frag nur. Du hast mich ja jetzt ohnehin soweit gekriegt, daß ich alle meine Sorgen ausgekramt habe.“
    „Ich kann bloß eines nicht verstehen. Wenn dein Vater Dozent an der Universität gewesen ist, dann muß er doch gut verdient haben und…“
    „Oh, reich kann man davon nicht werden, glaub das bloß nicht. Hast du jemals von einem reichen Gelehrten gehört? Ich nicht! Der Reichtum, der sitzt bei Gummischuh Fabrikanten und Unterhosenfabrikanten oder Schuhwichse-Direktoren. Nein, mein Vater mußte jeden Pfennig umdrehen. Aber selbstverständlich, hätten wir ihn behalten dürfen, dann hätte ich studieren können. Nun sitzt meine Mutter mit ihrer Witwenpension da – und mit Katja. Und Katja muß eine Ausbildung bekommen, wenn – ja, auch wenn ich selber keine bekomme.“
    Jetzt ging die Tür. Es war Bellina.
    „Da sind zwei Gäste gekommen, die können kein Norwegisch. Die reden so komisch, und ich kann die Grete nicht finden.“
    Gunnar lächelte und zog seine Jacke über. „Da muß ich wohl sehen, ob ich dir helfen kann, Bella. Hoffentlich reden sie nicht gerade Mesopotamisch.“
    Gunnar ging nach oben und kam nach ein paar Minuten wieder. „Wir müssen eine Kanne Kaffee und Butterbrote herbeizaubern, Nina. Es sind zwei Engländerinnen, die von Bekkum herauf zu Fuß gegangen sind, und nun brauchen sie etwas zur Stärkung, ehe sie den Rückmarsch antreten.“
    Schade, daß wir gestört wurden, dachte Nina. Ich hätte so gern noch mehr über Katja erfahren.
    Aber dann lächelte sie. Gunnar war ins Reden gekommen. Er erzählte offen von seinen Interessen, von seinen Plänen und vom Vater. Er würde sicher auch noch mehr von Katja erzählen.
    So kann man sich irren, dachte Gunnar, während er den Hof platz säuberte. Wie ist es bloß möglich, daß diese alberne Liese aus Lillevik ein so frisches Mädchen sein kann? Und wie sie arbeitet und wie schnell ihr alles von der Hand geht!
    Gunnar lächelte. Nichts, aber auch gar nichts war von demaffektierten Ding übrig, das einen Onkel hatte, der „Psychopath“ war, und das davon redete, Eulen nach Rom tragen zu wollen. Er erinnerte sich ihrer tränenfeuchten Augen, als sie die kleine blinde Ellen anschaute. In diesem Augenblick hatte Nina wahrscheinlich etwas von sich selber gezeigt.
    Aber dann kam der Abend mit dem Fest in der Haushaltungsschule, wo sie sich so schrecklich aufspielte.
    Plötzlich hielt Gunnar in

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