Nippon-Connection
Sie es?« fragte ich.
»Ich kann es mir denken«, antwortete sie.
»Tja«, sagte ich, »wie schön, daß offenbar jeder außer mir die Lösung kennt! Mir fällt nämlich nichts Wichtiges ein, das auf diesem einen Band aufgenommen worden sein könnte. Um einundzwanzig Uhr war das gelbe Band gespannt, der Tatort war abgesperrt. Die Leiche des Mädchens lag am anderen Ende des Raums. Vor dem Aufzug standen eine Menge Japaner herum, und Graham rief mich an, ich solle kommen und ihm helfen. Aber die Ermittlungen begannen erst, als ich so gegen zweiundzwanzig Uhr dort eintraf. Dann kam es zu diesem lästigen Hin und Her mit Ishigura. Wenn ich mich nicht irre, wurde die Absperrung erst gegen halb elf zum erstenmal überschritten - oder sagen wir um Viertel nach zehn, frühestens. Wenn sich jemand die Aufzeichnung davon angesehen hat, war darauf nur ein leerer Raum mit einem toten Mädchen auf dem Tisch zu sehen gewesen. Das ist alles.«
»Sehr gut«, sagte Connor. »Aber eines haben Sie vergessen.«
»Ist irgend jemand durch den Raum gegangen?« fragte Theresa. »Irgend jemand?«
»Nein«, antwortete ich. »Wir hatten den Tatort mit dem gelben Band abgesperrt. Niemand durfte da hinein. Es war sogar …«
Da fiel es mir schlagartig ein. »Augenblick mal! Da war ja doch jemand - dieser kleine Kerl mit der Kamera! Er war auf der anderen Seite der Absperrung und machte Fotos.«
»Ganz genau«, sagte Connor.
»Welcher kleine Kerl?« fragte Theresa.
»Ein Japaner. Er nahm Fotos auf. Wir fragten Ishigura, wer das ist. Er sagte, der Kerl heißt, eh …«
»Mr. Tanaka«, sagte Connor.
»Ja, genau, Mr. Tanaka. Und Sie baten Ishigura um den Film aus seiner Kamera.« Ich runzelte die Stirn. »Aber wir haben ihn nie bekommen.«
»Nein«, sagte Connor, »und ehrlich gesagt, ich hatte auch nie damit gerechnet, daß wir ihn bekommen würden.«
»Dieser Mann hat Fotos gemacht?« fragte Theresa.
»Ich bezweifle, daß er Fotos vom Tatort gemacht hat«, sagte Connor. »Oder vielleicht doch, denn er benützte eine dieser kleinen Canons …«
»Die, mit denen man Videostandfotos aufnimmt statt herkömmlicher Filmabzüge?«
»Genau. Könnte man so etwas zum Retouchieren verwenden?«
»Das ist durchaus möglich«, sagte Theresa. »Diese Bilder kann man gut zur Ausarbeitung des Bildaufbaus benützen. Sie fügen sich problemlos ein, weil sie bereits digitalisiert sind.«
Connor nickte. »Dann hat er vielleicht doch Aufnahmen gemacht. Aber es war mir von Anfang an klar, daß das nur ein Vorwand war, um die Absperrung überschreiten zu können.«
»Ah«, sagte Theresa und nickte.
»Wie kommen Sie darauf?« fragte ich Connor.
»Versuchen Sie, sich zu erinnern!«
Ich war direkt vor Ishigura gestanden, als Graham sagte: »Verdammt, was soll das denn?« Ich warf einen Blick über die Schulter und sah einen kleinen Japaner ungefähr zwanzig Meter hinter der Absperrung. Der Mann kehrte mir den Rücken zu. Er machte Fotos vom Tatort. Die Kamera war sehr klein, er konnte sie mit einer Hand umschließen.
»Wissen Sie noch, wie er sich bewegt hat?« fragte Connor. »Er hat sich auf eine ganz bestimmte Weise bewegt.«
Ich versuchte, mich zu entsinnen, aber es gelang mir nicht. Graham war zur Absperrung gegangen und hatte gesagt: »Mensch, kommen Sie sofort raus da! Das ist ein Tatort! Sie können doch nicht einfach Aufnahmen machen!« Graham hatte Tanaka angebrüllt, der jedoch blieb weiterhin ganz auf seine Tätigkeit konzentriert, machte ungerührt Fotos, wobei er sich rückwärts auf uns zubewegte. Trotz des Gebrülls tat Tanaka nicht das, was jeder normale Mensch in dieser Situation gemacht hätte: sich umdrehen und zum gelben Band gehen. Statt dessen näherte er sich der Absperrung rückwärts und schlüpfte, immer noch mit dem Rücken zu uns, unter dem Band hindurch.
»Er hat sich kein einziges Mal zu uns umgedreht«, sagte ich. »Er ist die ganze Zeit rückwärts gegangen.«
»Genau. Das ist das erste Rätsel. Warum ist er rückwärts gegangen? Ich denke, wir kennen die Antwort jetzt.«
»Wirklich?«
»Er wiederholte den Gang des Mädchens und des Mörders in umgekehrter Richtung«, sagte Theresa, »um das Ganze mit Videostandfotos aufzuzeichnen und gute Aufnahmen der Schatten in diesem Raum zu bekommen.«
»Richtig«, bestätigte Connor.
Mir fiel ein, daß Ishigura auf unseren Protest hin gesagt hatte, das sei einer ihrer Angestellten. Er arbeite für den Sicherheitsdienst von Nakamoto.
Daraufhin hatte ich gesagt, das sei
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