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Nirgendwo in Afrika

Titel: Nirgendwo in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Zweig
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Schwärmereien vom gesunden Breslauer Winter anzuhören, dafür die für Jettel in ihrer Reizbarkeit unerträgliche Gewohnheit, möglichst schnell in die eigene Vergangenheit zu flüchten. Sie empfand den Ballast vom fremden Leben noch schwerer zu ertragen als die ständige Furcht, die Hitze könnte dem ungeborenen Kind schaden und es würde abermals tot zur Welt kommen.
    »Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, wenn mir jemand was erzählt«, beschwerte sie sich bei Elsa Conrad.
    »Quatsch, du bist zu faul zum Zuhören. Wach endlich auf. Auch andere Leute bekommen Kinder.«
    »Selbst streiten kann ich mich nicht mehr richtig«, beklagte sich Jettel am Abend.
    »Mach dir keine Sorgen«, tröstete Walter, »das kommt wieder. Das hast du in keiner Lebenslage verlernt.«
    Erst wenn Regina von der Schule kam und sich zu ihr unter den Baum setzte, tauchte Jettel aus dem Zustand zwischen halbwacher Verzweifelung und tiefem Schlaf auf. Nur Reginas Welt der Feen und der erfüllten Wünsche, von der sie nicht lassen wollte, obwohl ihr Vater sie sofort verspottete, sobald er nur ein Wort davon mitbekam, aber auch ihre Begeisterung, wenn sie das Leben mit dem neuen Baby ausmalte, erlöste Jet-tel vom Unbehagen an ihrem schwerfälligen Körper und sorgte erneut, wie bei der glücklosen Schwangerschaft in Nakuru, für eine starke Verbundenheit mit der Tochter.
    Es war der letzte Sonntag im Februar, der Jettel mit einer Gewalt in die Wirklichkeit zurücktrieb, die sie ihr Leben lang nicht mehr vergessen sollte. Morgens unterschied sich der Tag in nichts von den vorhergehenden. Nach dem Frühstück ließ sich Jettel ächzend unter dem Baum nieder, und Walter blieb im Flat, um Radio zu hören. Mittags reagierte Owuor, der sich sonst nie weit von der Memsahib entfernte, auf keinen ihrer Rufe. Jettel schickte verärgert Regina in die Küche, damit sie ihr ein Glas Wasser holte, aber Regina kam nicht zurück. Der Durst ging sehr plötzlich in ein so heftiges Brennen über, daß Jettel schließlich doch aufstand. Sie merkte, wie Widerwillen ihre Glieder steif machte, aber sie kämpfte vergeblich gegen das Phlegma, obwohl es ihr ebenso unwürdig wie lächerlich erschien.
    Nur sehr langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und hoffte bei jedem Schritt, Owuor oder Regina würden doch noch auftauchen, um ihr den Rest des Wegs zu ersparen. Sie sah aber keinen von beiden und vermutete, erschöpft von einem Zorn, der ihr noch mehr zusetzte als der kurze, schattenlose Weg entlang der verdorrten Dornenhecke, sie würde Owuor und Regina bei einem ihrer vielen Gespräche über die Farm ertappen, die ihr stets als Verrat an ihrem hilflosen Zustand vorkamen.
    Als sie die Tür aufdrückte, sah sie Owuor. Er stand mit dem Kopf tief nach unten gebeugt in der Küche, schien Jettel überhaupt nicht zu bemerken und sagte nur einige Male so leise »Bwana«, als hätte er lange mit sich selbst geredet. Im Zimmer waren die Vorhänge zugezogen. In der schweren Luft und dem fahlen Licht wirkten die wenigen Möbel im Raum wie Baumstümpfe in einer öden Landschaft. Walter und Regina, beide auffallend blaß und mit roten Augen, saßen auf dem Sofa und hielten sich umschlungen wie zwei verwirrte Kinder.
    Jettel war so erschrocken, daß sie keinen von beiden anzusprechen wagte. Ihr Blick wurde starr. Sie merkte, daß ihr kalt wurde, und zu gleicher Zeit wurde ihr bewußt, daß die Kälte, nach der sie sich so gesehnt hatte, wie Nadelstiche auf der Haut schmerzte.
    »Papa hat's die ganze Zeit gewußt«, schluchzte Regina, doch ihr lautes Weinen ging sofort in leises Klagen über.
    »Halt den Mund. Du hast versprochen, nichts zu sagen. Wir dürfen Mama nicht aufregen. Das hat alles Zeit, bis das Baby da ist.«
    »Was ist los?« fragte Jettel. Ihre Stimme war fest, und obwohl sie eine Scham überfiel, die sie sich nicht erklären konnte, fühlte sie sich kräftiger als seit Wochen. Sie beugte sich sogar zum Hund, ohne ihren Rücken zu spüren, und sie legte die Hand auf ihr Herz, fühlte es aber nicht schlagen. Sie wollte gerade die Frage wiederholen, als sie sah, daß Walter hastig und sehr ungeschickt einen Bogen Papier in seine Hosentasche zu stecken versuchte.
    »Grescheks Brief?« fragte sie ohne Hoffnung.
    »Ja«, log Walter.
    »Nein«, schrie Regina, »nein.«
    Es war Owuor, der seine Zunge zur Wahrheit zwang. Er lehnte an der Wand und sagte: »Der Vater vom Bwana ist tot. Seine Schwester auch.«
    »Was ist los? Was soll das alles bedeuten?«
    »Owuor hat

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