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Nirgendwo in Afrika

Titel: Nirgendwo in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Zweig
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erzählen. Dann wird sie auch die Nazis hassen. Sind denn die Nazis so böse wie die Deutschen?«
    »Nur die Nazis sind böse. Sie haben uns aus Deutschland vertrieben.«
    »Das hat Inge nie gesagt.«
    »Dann geh sie mal suchen und erzähl ihr, was dein Vater gesagt hat.«
    »Du machst das Kind noch ganz verrückt«, schimpfte Jettel, als Regina fort war, aber sie ließ Walter keine Zeit zu einer Antwort. »Weißt du«, flüsterte sie »daß es keine Hoffnung mehr für Mutter und Käte gibt, seitdem wir Krieg haben?«
    Walter seufzte, und doch spürte er nichts als die Erleichterung, daß er endlich offen reden durfte.
    »Ja, ich weiß. Auch Vater und Liesel sitzen jetzt in der Falle. Und frag mich bloß nicht, wie wir damit fertig werden sollen. Ich weiß es nicht.«
    Als Walter sah, daß Jettel weinte, umarmte er sie und war getröstet, daß Tränen, die ihm selbst schon lange nicht mehr kamen, sie noch erlösen konnten. Der kurze Augenblick der Gemeinsamkeit erschien ihm trotz des Anlasses zu kostbar, um ihn nicht wenigstens einige wenige Herzschläge lang der Niedergeschlagenheit zu entreißen. Dann aber zwang er sich, nicht noch einmal der Angst nachzugeben, die zum Schweigen verführte.
    »Jettel, wir werden nicht mehr nach Rongai zurückkehren.«
    »Warum? Woher willst du das wissen?«
    »Ich habe heute morgen Post von Morrison bekommen.«
    Walter nahm den Brief aus seiner Tasche und hielt ihn Jettel entgegen. Er wußte, daß sie ihn nicht lesen konnte, aber er brauchte die Gnadenfrist ihrer Ratlosigkeit, um sich selbst zu fassen. Er ließ es zu, daß er sich demütigte, indem er hilflos zusah, wie Jettels Augen sich an den Zeilen festfraßen, die ihm Süßkind vor ein paar Stunden übersetzt hatte.
    »Dear Mr. Redlich«, hatte Morrison geschrieben, »I regret to inform you that there is at present no possibility of employing an Enemy Alien on my farm. I am sure you will understand my decision and wish you all the best for the future. Yours faithfully, William P. Morrison.«
    »Schau mich an, Jettel, nicht den Brief. Morrison hat mir gekündigt.«
    »Wo sollen wir denn hin, wenn du hier rauskommst? Was sollen wir Regina sagen? Sie fragt jeden Tag nach Owuor und Aja.«
    »Am besten wir überlassen es Inge«, sagte Walter müde. »Ich werde Owuor auch vermissen. Unser Leben besteht nur noch aus Abschied.«
    »Haben die anderen auch solche Briefe bekommen?«
    »Ein paar von uns. Die meisten nicht.«
    »Warum wir? Warum immer wir?«
    »Weil du dir einen Nebbich als Mann ausgesucht hast, Jettel. Du hättest auf deinen Onkel Bandmann hören sollen. Der hat dir das schon vor unserer Verlobung gesagt. Komm, weine nicht. Da kommt mein Freund Oha. Der hat das Glück gehabt, daß die Nazis ihn schon 1933 gelöscht haben. Jetzt hat er eine eigene Farm in Gilgil. Du mußt ihn kennenlernen und brauchst dich nicht zu genieren. Er weiß Bescheid. Er hat sogar versprochen, uns zu helfen. Ich weiß nicht, wie er das machen will, aber es tut mir gut, daß er's gesagt hat.«
    Am 15. Oktober 1939 hingen am Schwarzen Brett im Camp Ngong zwei Veröffentlichungen, die bei den Refugees ein sehr unterschiedliches Echo hatten. Die Nachricht von der Versenkung des britischen Schlachtschiffs »Royal Oak« durch ein deutsches U-Boot war in militärisch knappem Englisch gehalten und sorgte schon deshalb für mehr Verwirrung als Anteilnahme, weil zunächst den wenigsten klarwurde, wer in der Bucht von Scapa Flow angegriffen und wer gesiegt hatte. Große Erregung löste indes die in fehlerfreiem Deutsch gehaltene Ankündigung aus, Enemy Aliens mit einer festen Anstellung auf einer Farm könnten mit ihrer Entlassung rechnen. Sofort fand das seit einigen Tagen kursierende Gerücht neue Nahrung, die Militärbehörden in Nairobi planten die Deportation von männlichen Internierten nach Südafrika.
    »Jetzt muß ich mir also doch einen Manager für meine Farm nehmen«, erklärte Oha, als er nach langem Suchen Walter hinter der Latrinenbaracke aufstöberte.
    »Warum? Du kommst doch bald hier raus.«
    »Aber du nicht.«
    »Nein, ich hab' das große Los gezogen. Und Jettel und Regina auch. Schicken die auch Frauen und Kinder nach Südafrika?«
    »Mensch, kapierst du denn nie etwas? Du wirst meine Farm leiten. Jedenfalls bis du eine Stellung gefunden hast. Es ist bestimmt nicht verboten, daß ein Enemy Alien einen anderen anstellt. Süßkind ist schon dabei, den Anstellungsvertrag zu übersetzen, den ich dir ausgestellt habe.«
    Obwohl Süßkinds

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