Nixenjagd
über sie bemerkt. »Wenn die sich mal festgebissen hat, lässt sie so rasch nicht mehr los.« Staatsanwältin Winterkorn wiederum hatte ihren Vorgesetzten explizit darum gebeten, diesen Fall übernehmen zu dürfen. Immerhin war das ertrunkene Mädchen die Freundin ihrer Nichte gewesen. Sie las die Vernehmungsprotokolle der Schüler aus Braunschweig. Plötzlich kam ihr ein beunruhigender Gedanke. Hastig blätterte sie in der Akte, doch sie fand nicht, wonach sie suchte. Dann griff sie zum Telefon. »Polizeidirektion Hannover, Dezernat für Tötungsdelikte. Sie sprechen mit Oberkommissarin Gerres.«
»Guten Morgen. Staatsanwältin Lydia Winterkorn hier. Es geht um den Fall Pankau. Sagen Sie, haben Sie ein Foto von diesem Paul Römer? In den Akten finde ich keines.« »Ich weiß, wo Sie eines finden können«, antwortete Oberkommissarin Petra Gerres prompt. »Augenblick mal . . .« Ihre Stimme verlor sich im Raum, als sie zu jemandem, der im Zimmer sein musste, sagte: »Daniel, such mal den Link raus von der Siegerehrung Paul Römers als Jugendmeister im Karate. Und schick ihn per Mail an Staatsanwältin Winterkorn.« Dann war sie wieder gut zu hören. »Mein Kollege mailt Ihnen den Link für das Foto rüber.« »Ich danke Ihnen«, sagte die Staatsanwältin. »Und? Wie kommen Sie sonst mit den Ermittlungen voran?« »Wir überprüfen in Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Braunschweig gerade sämtliche Tauchschulen in Braunschweig und Hannover. Vielleicht stoßen wir ja auf einen bekannten Namen. Am liebsten würde ich eine Hausdurchsuchung bei den Römers durchführen lassen. Und eine Telefonüberwachung. Ich habe das Gefühl, dass diese Familie etwas verschweigt.« »Welche tut das nicht?«, kam es lapidar zurück. »Die Chancen dafür, das beim Richter durchzukriegen, stehen wohl nicht gut, was?«, meinte Petra, die die Antwort schon zu kennen glaubte. Doch die Staatsanwältin antwortete: »Ich bin dabei, zu prüfen, ob ich etwas finde, womit ich beim Richter einen Durchsuchungsbeschluss erwirken kann. Halten Sie mich bitte unbedingt auf dem Laufenden über den Fall, Frau Gerres.« »Klar, mach ich«, sagte Petra erfreut. Dann wurde aufgelegt. Immerhin, dachte Petra, hat sie mich nicht gleich ausgelacht. Wenige Minuten später öffnete Staatsanwältin Lydia Winterkorn den Link, den ihr Daniel Rosenkranz geschickt hatte . Als sie das Bild des hochgewachsenen jungen Mannes mit de r Medaille vor der Brust sah, tat sie einen tiefen Seufzer. Erneu t griff sie zum Telefon. Diesmal wählte sie die Nummer ihre r Schwester Frauke .
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»Franziska, wir müssen mit dir reden. « Oje. Wenn ihr Vater so begann, dann wurde es ernst. Überhaupt – es war halb neun. Franziska hatte heute erst zur dritte n Stunde Schule, aber was tat ihr Vater eigentlich noch hier ? Auch ihre Mutter saß am Küchentisch und erstaunlicherweis e ohne die aufgeschlagene Zeitung vor sich. Sofort durchforscht e Franziska ihr Gewissen, stieß jedoch auf keine Verfehlung ihrerseits, welche die strenge Miene ihres Vaters gerechtfertig t hätte. Sie setzte sich vorsichtig auf ihren angestammten Stuhl . Ihre Eltern saßen beide mit steifem Rücken da und sahen sie an . Wie bei Loriot, durchfuhr es Franziska und um ein Haar hätt e sie gegrinst . »Was ist denn? « »Triffst du dich noch mit diesem Paul, der neulich hier angerufen hat? « »Klar. Er geht mit mir in Mathe und Physik. Und Deutsch. « »Ich meine, außerhalb der Schule«, sagte ihre Mutter . »Ja. Gestern war er sogar kurz hier. Wir haben im Garten gesessen«, fügte sie rasch hinzu. »Wegen der Deutsch-Hausarbeit« , schwindelte sie, denn die Gesichter ihrer Eltern waren bei diese r Neuigkeit nicht gerade fröhlicher geworden .
»Deine Mutter und ich möchten dich dringend bitten, dich nicht mehr mit diesem jungen Mann zu treffen.« »Und warum?«, fragte Franziska trotzig. Verdammt, sie war fast siebzehn. Sie konnten ihr nicht vorschreiben, mit wem sie sich traf. Dazu müssten sie sie schon zu Hause anbinden. Als wären ihr die Gedanken auf die Stirn geschrieben, sagte ihre Mutter: »Natürlich können wir dich nicht auf Schritt und Tritt überwachen. Wir möchten trotzdem, dass du uns versprichst, ihn nicht mehr zu sehen. Schon gar nicht an Orten, an denen sonst keiner ist.« »Häh? Kann mir mal einer erklären, was hier los ist?« »Ja, das können wir.« Jetzt war wieder ihr Vater an der Reihe. Als hätten sie ihr Stück vorher geprobt, dachte Franziska. Der Mund ihres Vaters wurde
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