Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
Vom Netzwerk:
will ihm zeigen, dass ich kein Feind bin, doch sein Bewusstsein ist
ebenso abweisend und schroff wie seine Haut. Ich finde keinen Zugang zu ihm.
    Doch meine Angst ist schwächer geworden. Ich meine zu verstehen, was der Hai tut. Er versucht, die unzähligen Bestandteile meines Geruchs voneinander zu trennen und in seinem Gedächtnis zu speichern. Die Erinnerung wird er an die anderen Haie weitergeben, damit diese keinen Argwohn hegen, wenn sie uns später begegnen. Sie tun dies, weil Saldowr es ihnen befohlen hat.
    Conor und ich schweben aufrecht im Wasser, ohne uns zu regen. Die Haie verharren an Ort und Stelle. Wir stehen unter Saldowrs Schutz. Wir stehen unter Saldowrs Schutz , wiederhole ich im Stillen. Ich darf nicht in Panik geraten. Die Haie würden den Geruch der Panik sofort erkennen. Wir stehen unter Saldowrs Schutz.
    »Sie haben euch gehört und euren Geruch in sich aufgenommen«, sagt Saldowr schließlich. Seine Stimme klingt erleichtert, als sei nicht einmal er völlig sicher gewesen, wie sich die Haie verhalten würden.
    Er streckt ihnen seine Hände entgegen. »Ihr habt euch gut und richtig verhalten, meine Freunde«, lobt er sie. »Ihr seid ein wichtiger Bestandteil der Gemeinschaft und werdet in den Wäldern von Aleph nicht vergessen werden. Auch eurer Kinder und Kindeskinder wird gedacht werden. Ihr habt gute Arbeit geleistet. Nun kehrt zurück und erfüllt eure Pflicht.«
    Der Hai, der mir am nächsten ist, dreht ab und berührt mich fast dabei. Als sein Maul an mir vorbeigleitet, erkenne ich einen vertrauten Ausdruck. Saldowrs Lob lässt ihn tatsächlich lächeln.
    »Ihre Pflicht bedeutet ihnen alles«, erklärt Saldowr, nachdem
die Haie wieder ihre Wachposition eingenommen haben und wir in die sicheren Wälder von Aleph zurückgekehrt sind. »Ein Hai würde eher hundert Mal sterben, als seine Pflichten zu vernachlässigen.« Nach einer Weile fügt er in einem anderen Ton hinzu: »Aber sie können auch sehr empfindlich sein. Man muss ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie geschätzt werden. Sie hassen Spott und Gelächter. Vergesst das nie. Beleidigt man einen, beleidigt man alles, womit sie zu tun haben. Außerdem mögen sie es nicht, um etwas gebeten zu werden, das nichts mit ihren Pflichten zu tun hat.«
    Als wolle er seine Kritik relativieren, fügt er sogleich hinzu: »Aber sie sind wirklich hervorragende Wächter und unermüdlich, was ihre Aufgabe betrifft.«
    »Darauf wette ich«, murmelt Conor.

    Sobald uns der erste Delfin erreicht, wird mir bewusst, wie groß meine Angst vor den Haien war. Ich habe das Gefühl, einem Freund zu begegnen, der einen dunklen, gefährlichen Wald mit seiner Laterne erhellt. Diesen wunderschönen, warmblütigen Tieren gehört meine ganze Sympathie. Ihre Augen sprühen vor Intelligenz und ihre Stimmen dringen durch das Wasser zu uns.
    »Hallo, kleine Schwester.«
    »Hallo, Bruder.«
    Ich habe keinerlei Mühe, die Delfine zu verstehen, ganz anders als neulich im Boot von Mals Vater. Ich blicke zu Conor hinüber. Er hebt lächelnd seine Hand zum Gruß.
    »Kannst du sie verstehen, Con?«
    »Jeder könnte sie verstehen. Dazu braucht man keine Sprache.«

    Doch mir fällt es leicht, mit ihnen zu reden. Heißt das, dass ich jetzt fließend Mer spreche? Ich weiß es nicht. Doch Conor hat recht. Die Sprache der Delfine besteht aus mehr als Wörtern. Sie umkreisen uns im Wasser und stupsen uns spielerisch in die Seite. Es ist ein Willkommensritual, getragen von Wärme und Zuneigung. Mit überschäumender Freude wird mir klar, dass wir in der langen Nacht, in der wir um das Leben ihrer gestrandeten Schwester kämpften, das Vertrauen der Delfine erworben haben. Sie sind nicht nur hier, weil Saldowr es ihnen befohlen hat, sondern aus eigenem Antrieb. Sie freuen sich, uns zu sehen.
    »Sie danken uns, Conor.«
    »Ich weiß.«
    »Er muss überlebt haben, der gestrandete Delfin.«
    Saldowr lächelt beim Anblick der Delfine. Ich denke daran, was der Wal gesagt hat. Weil die Delfine so intelligent sind, verbringen sie ihr ganzes Leben mit Spielen. Auf seine eigene sanfte Art war der Wal durchaus neidisch auf die Delfine. Auch er würde so gern spielen. Und natürlich hätte er es gern gehabt, wenn man über seine Scherze gelacht hätte.
    »Ich grüße euch, Brüder!«, ruft Saldowr den Delfinen entgegen. Noch nie habe ich so viel Zuneigung in seiner Stimme gehört. Dann wendet er sich an uns. »Sie sind bereit, euch jetzt nach Hause zu bringen. Sie werden euch aus Indigo

Weitere Kostenlose Bücher